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Der König der Kuchen: Bolo Rei

Foto vom Bolo Rei

Bolo Rei – der König der Kuchen · © Andreas Lahn

Der König der Kuchen in Portugal: Bolo Rei

Jede Konditorei in Lissabon hat »ihren« speziellen Bolo Rei im Angebot · Rezept von Ana Paula Goyke

Hier ist das Rezept vom »König der ­Kuchen«, dem Bolo Rei, unserem Weihnachtskuchen:
 
Zutaten:
· 750g Mehl
· 30g frische Hefe
· 150g Margarine
· 150g Zucker
· 4 Eier
· 150g kandierte Früchte
· 150g Trockenfrüchte
· Zitronenschale
· Orangenschale
· 1 dl Portwein
· 1 TL Salz
· 1 getrocknete dicke Bohne
· Puderzucker
· 1 kleines Geschenk
 
Die kandierten Früchte werden kleingehackt und in Portwein gelegt, um weich zu werden. Einige Früchte werden für die spätere Dekoration des Kuchens beiseite gelegt. Die frische Hefe wird in 1 dl lauwarmem Wasser aufgelöst und mit einer Tasse Mehl gemischt. Alles zusammen wird 15 Minuten an einem warmen Ort gehengelassen.
Jetzt Margarine, Zucker und die Zitronen- und Orangenschale dazumischen. Dann die Eier einzeln mit dem Hefeteig vermischen, den Rest des Mehls und das Salz dazugeben. Alles kneten bis der Teig weich und elastisch wird. Die gehackten Früchte und Trockenfrüchte dazugeben und zu einer Kugel formen. Den Teig mit Mehl bestäuben und abgedeckt circa 5 Stunden gehenlassen.
Nachdem der Teig sich verdoppelt hat, legt man die Kugel auf ein Blech, macht ein Loch in die Mitte des Teigs und drückt dort die getrocknete dicke Bohne rein. An einer anderen Stelle des Kuchens verfährt man mit dem kleinen »Geschenk« ebenso. Der Teig muss jetzt eine weitere Stunde ruhen. Der Kuchen wird dann mit Eigelb bestrichen und mit ganzen kandierten Früchten, Pinienkernen, Nüssen und anderen trockenen Früchten dekoriert. Danach wird der Kuchen im mittelwarmen Ofen circa 25 Minuten gebacken, bis er eine goldene Kruste bekommt. Wenn der Kuchen abgekühlt ist, wird er mit Puderzucker bestreut. 
Ach, übrigens: Wer die dicke Bohne bekommt, muss den Bolo Rei im nächsten Jahr backen oder kaufen!
Bom apetite e bom Natal!

Bericht von der DPG-Jahrestagung 2017 in Erfurt

20.–22.10.2017: Spannende Tage in einer faszinierenden Stadt!

· von Andreas Lahn
Bildunterschriften folgen!

Auch nach Erfurt reise ich wie immer ohne Erwartungen. Ich bin extra einen Tag früher gefahren, damit ich mehr Zeit habe, um Stadt und Leute kennenzulernen. Eine kluge Entscheidung, denn Erfurt entpuppt sich bereits nach dem ersten Rundgang als wahre Schatzinsel. Es sind nicht nur die vielen schönen, alten Häuser und die überaus freundlichen Menschen, die es den BesucherInnen leicht machen, diese Stadt zu lieben. Es ist die gesamte Atmosphäre in der weitgehend autofreien Innenstadt, mit den vielen leise dahinsurrenden Straßenbahnen, den kleinen und großen Rinnsalen, den vielen Brücken, den liebevoll dekorierten Geschäften etc. Alles zusammen macht Erfurt zu einer Stadt, die mich allein wegen dieser gelebten Gemütlichkeit beeindruckt. Und das trotz der Massen von TouristInnen, die sich allesamt durch die schmalen Gassen drängeln.
Das Tagungshotel liegt an der Krämerbrücke, die auf beiden Seiten von Läden flankiert wird und auf den ersten Blick rein gar nichts mit einer Brücke gemein hat. Die relativ kleinen Läden sind mit Leidenschaft eingerichtet, wobei natürlich auch gilt: Gut’ Ding hat seinen Preis!
Die Mitglieder der DPG treffen sich am Freitagabend im Foyer des Tagungshotels Krämerbrücke, wo sie von Natália Caldeira-Schütz und Thomas Jehnichen begrüßt werden. Bei einem Glas Sekt beglücken uns die beiden mit Erfurter Stadtgeschichte und einigen Anekdoten, die für etliche Lacher sorgen.
Traditionell gehen wir danach zum gemeinsamen Abendessen, das nur wenige Meter entfernt im Kaminzimmer des Restaurants »Wenigemarkt 13« stattfindet. Die Auswahl ist schnell getroffen, und so lässt es sich gemütlich plaudern mit freundlichen Menschen, die sich eine kurze oder lange Zeit nicht gesehen haben.
Am nächsten Morgen geht es mit einer Stadtrundfahrt per Straßenbahn weiter. Der nie um einen Scherz verlegene Stadtführer macht die Tour zu einem Erlebnis. Wir fahren kreuz und quer durch die Stadt, zur Uni und zum Fußballstadion von RW Erfurt, zur Messe und durch Stadtteile der besser betuchten ErfurterInnen. Eine angenehme Art und Weise, Erfurt näher kennenzulernen.
Nach einem gemütlichen Gang über die Krämerbrücke zum Wenigemarkt wartet ein leckeres Buffet im Tagungsort-Hotel auf uns. Viel zu lecker, so dass vermutlich alle viel mehr essen als nötig. Sei’s drum! Die Jahrestagung beginnt um 14 Uhr und verläuft ohne nennenswerte Höhepunkte. Nach den Ansprachen von Präsident und Schatzmeisterin erzählen DPG-Mitglieder aus den Landesverbänden und Stadtsektionen über stattgefundene und geplante Aktivitäten. Auf Anregung von Falk Zirnstein findet am 21.4.2018 in Leipzig ein Zukunfts-Kongress statt, auf dem es um alles gehen soll, was die DPG braucht, um sich auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit Energie und Leidenschaft den deutsch-portugiesischen Beziehungen zu widmen. Das betrifft alle möglichen Inhalte und Aktivitäten, Mitgliederwerbung, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit etc. Wer dazu Beiträge einreichen möchte, kann das ab sofort per E-Mail tun: ideen@dpg.berlin
Ich habe einige Anmerkungen zum Portugal Report und der neue Website gemacht. Es hat etwas gedauert, aber nun wird die Website der DPG auch von Google gefunden und hat die Adresse »http://dpg.berlin«. Wer im Browser »dpg.berlin« oder »www.dpg.berlin« eingibt, kommt auf die neue Website. Beim Surfen über Google MUSS es »dpg.berlin« (ohne »www«) sein. Wer den Namen der alten Website »www.dpg-report.de« eintippt, wird nun automatisch auf die neue Website weitergeleitet. Also: Alle Wege führen ab sofort zu »dpg.berlin«!
Beim gemeinsamen Abendessen im Restaurant »Faustus« am Wenigemarkt können neue Kontakte geknüpft und/oder alte vertieft werden. Am Sonntag haben sich noch einige DPG-Mitglieder auf die Spuren Martin Luthers begeben, der in Erfurt in vielerlei Hinsicht präsent ist. Alles in allem eine wunderbar organisierte Jahrestagung! Vielen Dank an dieser Stelle an die beiden charmanten GastgeberInnen, die sämtliche Details so geplant haben, dass alles perfekt zusammenläuft. Glückwunsch!
Die nächste Jahrestagung der DPG findet im Oktober 2018 in Düsseldorf statt. Ich freue mich schon jetzt auf alte und neue Gesichter: Bis nächstes Jahr!

Young Euro Classic mit dem Jovem Orchestra Portuguesa

Foto des Jovem Orchestra Portuguesa bei den Young Euro Classic 2017

Das JOVEM ORCHESTRA PORTUGUESA bei den Young Euro Classic 2017 · © Michael W. Wirges

Young Euro Classic – Jovem Orquestra Portuguesa

von Michael W. Wirges
Wie jeden Sommer finden im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt die Konzerte der besten europäischen jungen Musiker und Orchester als »Young Euro Classic« statt. So war dieses Jahr der »Jovem Orquestra Portuguesa« der Abend des 1. September gewidmet. Pate dieses Abends war Andreas Wunn, Leiter des ZDF-Morgenmagazins, Hauptpartner die KfW.
Durch gute Kontakte mit den Organisatoren hatte die DPG (Deutsch-Portugiesische Gesellschaft e.V.) das Glück, einige Freikarten für dieses Konzert zu erhalten. Ausgelost wurden diese Karten unter den DPG-Mitgliedern des Landesverbandes Berlin-Brandenburg nach einer kleinen Quizfrage über E-Mail. Die glücklichen Gewinner durften an diesem Abend den Präsidenten der DPG zu diesem Konzert in den Großen Saal dieses ehrwürdigen Konzerthauses begleiten.
Zunächst spielte die Jovem Orquestra Portuguesa unter Leitung von Pedro Carneiro die Ouvertüre zu »Der Freischütz« von Carl Maria von Weber (op.77, 1820). Das Besondere war hier, dass die jungen Musiker auf Geheiß ihres Dirigenten die Notenständer mit den Noten umdrehten und das Stück auswendig spielten!
Das zweite Stück war eine Uraufführung der Komposition der erst 20jährigen Komponistin Mariana Vieira, Studentin an der Musikhochschule Lissabon, mit dem Titel »Raiz«, ein Konzert für Oboe, Klarinette, Tuba, Harfe, Kontrabass, Marimba und Orchester. Mariana Vieira, die schon diverse Preise gewonnen hat, erhielt hier in Berlin den »Europäischen Komponistenpreis«.
In der Pause gab es für geladene Gäste – so auch für die Gewinner des DPG-Quiz’– einen Sektempfang im Beethoven-Saal. Nach der Pause spielte das portugiesische Jugendorchester noch Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 »Eroica« von 1805. Nach tosendem Applaus legte das Orchester noch eins drauf, nämlich ein Fragment aus der Symphonie Nr. 9 von Ludwig von Beethoven, die ja bekanntlich auch als die Europa-Hymne gilt. Statt dem Schlusschor »Ode an die Freude« jedoch, beschworen einige der jungen Musiker, die sich zu diesem Zweck in die Mitte der Bühne begeben hatten, die Einheit und Friedfertigkeit Europas ohne jeden Hass und Rassismus, mit den Schlussworten »We are all Europeans!«
Zum Abschluss lud der Hauptpartner, die KfW, geladene Gäste noch zu einem großen Empfang in deren Niederlassung in der benachbarten Französischen Straße ein.

Foto von Mitgliedern der DPG bei den Young Euro Classics 2017

Mitglieder der DPG bei den Young Euro Classic 2017

Kleine Schritte – große Wirkung?

Obidos / alle Bildrechte Herbert Schlemmer

Obidos / alle Bildrechte Herbert Schlemmer

Kleine Schritte, große Wirkung?!

Als Mitglied aktiv sein · von Falk Zirnstein (Leipzig)

Mit dem Anliegen dieses Artikels mit der Tür ins Haus (des DPG-Mitglieds) fallen (im portugiesischen sagt man »ir direitamente ao assunto«) würde − im übertragenen Sinne − ggf. wie folgt ablaufen. Der Besucher kommt und sagt:

»Liebes Mitglied, die DPG ist nun mehr als ein ­halbes Jahrhundert alt, in diesem Alter hat man den Zenit des Lebens überschritten, die Kräfte schwinden, die Haare ergrauen und die wenigen Enkel haben viele (uns fremde) eigene Interessen − willst Du ­zulassen, dass die Gesellschaft altersschwach wird? Das wirst Du doch nach dem mühsamen und erfolgreichen Aufbau und Leben nicht ernsthaft wollen, deshalb lasse Dein Erbe nicht verfallen und mach was, z.B.:

  • Wirb ein neues Mitglied!
  • Besuche jährlich eine regionale Veranstaltung des Vereins!
  • Bringe eine Idee ein, eine solche Veranstaltung zu organisieren und unterstütze die Vorbereitung
    Schau auch immer mal in der Mitgliederversammlung vorbei!
  • Berichte von der (Existenz) der DPG!
  • Schreib einen Artikel für den DPG-Report, er muss nicht lang sein!
  • Sage, was Du neu, anders oder weiter so machen würdest!
  • Schon eine dieser Taten umgesetzt, wäre ein kleiner Schritt mit großer Wirkung, denn mutmaßlich würden sich andere von Dir berührt und aktiviert fühlen, viele kleine Schritte überwinden eine große Weg­strecke.«

So könnte und so müsste es meines Erachtens sein, wenn wir gemeinsam das Werk der vielen Jahre schöner Momente des Lebens in und mit der Gesellschaft für die Zukunft erhalten wollen. Dies bewegt mich und wie ich weiß viele andere in der Gesellschaft. ­Allen ist dabei sicher bewusst, dass es ein Leben ­außerhalb der Gesellschaft gibt und die Umsetzung immer auch eine Herausforderung ist. Gleichwohl erscheint es lohnenswert, an dem Vorhandenen aufzusetzen und es unter den aktuellen Rahmenbedingungen weiterzuentwickeln. Junge Leute machen es uns vor, alle sozialen Medien haben den persönlichen Dialog und Kontakt von Angesicht zu Angesicht, dass individuelle persönlichen Netzwerk nicht beseitigt, nein ich wage die These, auf andere Art und Weise ist auch deren Leben durch neue Formen des ersten Anknüpfens und Pflegens des Kontakts auf der persönlichen Ebene breiter geworden, allerdings auch die Interessenlage und dass Desinteresse für Althergebrachtes. Häufig sind es aber schlichtweg fehlende Informationen und Erfahrungen, welche Perlen möglicher Aktivitäten ungesehen am Wegesrand liegen. Auf uns aufmerksam zu machen, andere und ins­besondere auch Jüngere für Portugal, das wechselseitige kulturelle Erbe sowie die gemeinsamen ­sozialen Themen beider Länder bzw. des lusophonen Welt insgesamt zu interessieren und zum mitgestalten zu aktivieren, wird eine Herausforderung sein, die sich aus dem demographischen Wandel auch der DPG nicht nur abzeichnet, sondern laut an der Tür klopft; das Problem ist schon durch die Tür hereingefallen.

»Wirb ein Mitglied, Besuche eine Veranstaltung, …« − wie könnte das Aussehen? Diese Frage beantwortet sich nicht allgemein und schon gar nicht leicht. Gleichwohl kennt jeder eine Vielzahl vielfältig interessierter Menschen, manchmal muss man vielleicht auch direkt auf eine Person zu gehen, von der man weiß, dass sie einen Bezug zu diesen Thema hat. Und es wird tatsächlich auch eine Illusion sein, dass es jedem gelingt innerhalb eines Zeitraums von ein oder zwei Jahren ein neues Mitglied zu gewinnen. Die Erfahrung zeigt aber auch, manchmal geht es einfacher als man selbst wahrgenommen hat, der plakative Satz »Kommunikation ist alles!« bewahrheitet sich häufig auch in diesen Kontext. Ich möchte also dazu animieren über das Land, über die Kultur mit anderen in den Dialog zu treten und vielleicht lässt sich der eine oder andere auch dafür gewinnen, sich mit diesem Thema (begleitet durch eine Mitgliedschaft) in bester Gemeinschaft mit den Vereinsmitgliedern zu begeistern und mit zu gestalten.

Eine Veranstaltung zu besuchen ist sicher ein erster und naheliegender Schritt, insbesondere als Gast. Eine solche organisiert sich natürlich nicht von allein. In Leipzig haben wir die Erfahrung gemacht, dass weniger mehr ist, das aber konsequent umgesetzt. Eine Veranstaltung im Jahr in den Fokus nehmen, ­zuletzt die Organisation eines Konzerts mit portu­giesischen Studenten und einer überraschenden ­Besucherzahl von über 200 Besuchern, ein bis zwei­jähr­liche Treffen bei einem Essen zum Austausch untereinander, mehr ist häufig nicht machbar, gegebenenfalls auch vielleicht nicht genügend im Sinne eines Anspruches, aber ausreichend um gesellschaftliches Leben in der DPG zu gestalten, das persönliche Bereicherung ist, ohnehin unschätzbar und sei es schlichtweg der gute Kontakt zu lieben Menschen, denen man sich mit und über den Verein persönlich nah gekommen ist.

MITGLIEDER-Versammlung heißt das jähr­liche Treffen, umrankt von einer Reihe ­spannender erlebnisreicher kultureller und persönlicher Impulse, immer auch an einem lohnenswerten Reiseziel. Nicht jeder kann zu jedem Termin und für manchen ist es insgesamt ein Erschwernis, teilzunehmen. Das wird sich nicht ändern, liegt in der Natur der Sache und es ist eben auch so, dass es andere Möglichkeiten gibt, sich als Mitglied einzubringen; gerade die Vielfalt der Möglichkeiten gibt jedem eine Chance, mitzumachen (und von dem durch andere Getanen zu partizipieren). Gleichwohl: Fahrgemeinschaften, der ­Besuch nach langer Zeit oder welche Rahmenbedingung oder Motiv auch in diesen Kontext steht − wer die Zeit investiert und den Nerv hat teilzunehmen, kehrt bereichert zurück und hat vielleicht auch aktiv mitgestaltet.

Kommt man mit Fremden oder Freunden ins Gespräch, sind Berichte über Reisen und ­Urlaubsziele schnell ein Thema. Portugal ist ­beliebt, bekannt und besucht haben es schon viele. Dieser Anknüpfungspunkt bietet häufig auch die Gelegenheit darüber zu berichten, dass man Mitglied der Gesellschaft ist, die ­Frage des Gegenüber: »Was machst DU, was ­machen DIE da?« ergibt sich dann schon fast zwangsläufig und schon ist man im Gespräch über die eigene Geschichte darüber, wie man zur Gesellschaft gekommen ist, was sie tut und durch welche Impulse der Bezug zu Portugal das eigene Leben bereichert. Schon das Wissen über die Existenz der Gesellschaft bringt häufig neue Anknüpfungspunkte für gemeinsame ­Aktivitäten oder auch eine spätere Mitgliedschaft. Und bleibt es beim schlichten Dialog darüber, welche Erlebnisse man rund um das Thema Portugal hatte, war es vielleicht auch einfach ein schönes Erlebnis darüber zu sprechen und sich auszutauschen. Mit etwas Glück hat man auch noch einen eigenen Impuls ­bekommen, welches Thema man weiterverfolgen sollte.

Ein kurzer Bericht im DPG-Report über ein Erlebnis in Portugal, eine Begegnung hier in Deutschland, eine Aktivität ist schnell geschrieben und feingeistiger literarischer Schliff ist hier nicht der Maßstab. Einfach, authentisch, kurz, informativ − das wird gelesen und das gibt uns allen Impulse. Andreas Lahn, der Chef­redakteur des DPG-Report hat es in der zweiten von ihm verantworten Auflage gut gesagt: Es liest sich doch irgendwo auch schön, seinen eigenen ­Artikel gedruckt zu sehen, verbunden mit seinem ­Namen und löst sicher die eine oder andere Freude und vielleicht auch stolz auf das Geleistete aus. »Trau Dich«, würde man sagen, wenn man in die Tür fällt und die oben genannten Ausführungen ergänzen wollte.

Neue Ideen einbringen, aktuell getanes hinterfragen und bewährtes in seiner Wirkung unterstützen − es gibt viele Möglichkeiten auch einfach ­einmal zu sagen und in den Dialog darüber zu ­treten, wo wir stehen und wo es hingehen kann oder sollte.

Nicht alles wird bequem sein, solange persönliche Befindlichkeiten und Angriffe nicht den Maßstab des Dialogs bilden, darf alles gesagt sein und werden. Kritische und konstruktive Dialoge sind wichtig, ­haben in den letzten Monaten vieles ­bewegt und ­insofern auch gezeigt, dass die Gesellschaft lebt, ­weitere Impulse aber eben auch braucht.

Das Ganze ist gesagt, ohne im Vorstand ein Amt zu bekleiden, fern von der Zentrale aus einer sich dynamisch entwickelnden Leipziger Stadtperspektive ­betrachtet und begleitet von dem Umstand, dass das Arbeitsleben viel Zeit bindet, in der Privates und auch dieses Leben in der Gesellschaft eher zurücksteht. Und doch bereichert mich gerade das Leben in dieser Gesellschaft, die sich einem Land und einem Sprachraum gewidmet hat, dessen Sprache ich nicht beherrsche, eine Region, deren Schönheit ich mir erst den letzten 2 Jahren durch persönliche Besuche erschlossen habe und genau das motiviert das Engagement, mit dem ich mich auch weiter einbringen werde. Ich habe Menschen kennengelernt über ein Thema, ­welches eher fern meiner Interessen lag, wurde ­begeistert und will und werde begeistern.

In einigen Regionen gibt es vielfältige und umfassende Aktivitäten, dies belegt eindrucksvoll, dass die Gesellschaft ein guter Ort ist, sich auszutauschen, zu treffen und den Vereinszweck umzusetzen. Mit ­meinen − sicher streitbaren − Überlegungen möchte ich insbesondere dort Anregung stiften, wo es aus vielerlei und hinsichtlich der Ursache auch nicht zu hinterfragenden Gründen weniger gelungen ist, das Vereinsleben auszugestalten und weiterzuent­wickeln.

Dieser Artikel, ein kleiner Schritt in jene Richtung, die mir wichtig erscheint − das Leben der Gesellschaft fortzuentwickeln − hat Zeit gekostet, die ich gern aufgebracht habe, hat sie mir doch bewusst gemacht, welchen Wert die Gesellschaft für mich hat.

Fallen Sie mit der Tür vielleicht nicht ins Haus, aber öffnen Sie Türen, gehen Sie durch solche und fühlen Sie sich animiert, eine Idee, eine Tat, was auch immer einzubringen oder Impulse zu setzen.

Portugiesische Offiziere 1917 in Breesen

Breesen: Fado-Töne im  norddeutschen Moor
Vor 100 Jahren wurden portugiesische Offiziere in deutschem Lager inhaftiert von Andreas Lausen

Wer heute auf der Bundesstraße 208 von Ratzeburg nach Gadebusch fährt, kommt durch die kleine Ortschaft Breesen-Chaussee. Nichts deutet darauf hin, dass diese unscheinbare Siedlung  einmal Teil europäischer Geschichte war − ein Schauplatz deutscher und portugiesischer Geschichte im I. Weltkrieg.

Die DPG hat 2003 ein Stück portugiesischer Vergangenheit aufgespürt. Hier, am Rande des Breesener Moors, stand von 1917 bis 1919 das einzige Kriegsgefangenen-Lager für portugiesische Offiziere, das es jemals in Europa gegeben hat.

Das Deutsche Reich hatte am 9. März 1916 Portugal den Krieg erklärt, nachdem Portugal 72 deutsche Handelsschiffe beschlagnahmt hatte, die sich in Häfen des neutralen Portugal geflüchtet hatten. Zuvor hatten deutsche U-Boote die Versorgung Portugals mit Lebensmitteln und englischer Kohle stark beeinträchtigt.

Deutsche Truppen drangen bald da­rauf  von der deutschen Kolonie Tanganyika in das portugiesische Moçambique ein. Ab Februar 1917 schickte Portugal ein Expeditionskorps nach Frankreich und bestand dort auf einen eigenen Frontabschnitt gegen die Deutschen, der bis zu 18 Kilometer breit war. In blutigen Kämpfen fielen 2.424 Portugiesen, 7000 gerieten in deutsche Gefangenschaft. Von den 285 gefangenen Offizieren kamen 262 in das abgelegene Lager Breesen.

Dem Großherzogtum Mecklenburg- Schwerin fiel die Aufgabe zu, die portugiesischen Offiziere unterzubringen und zu versorgen. Das deutsche Kommando wählte dazu dieses einsame Lager Breesen, das direkt an der Landesgrenze zum preußischen Herzogtum Lauenburg lag. Mit dessen Hauptstadt Ratzeburg verband es eine Bahnlinie, die die Transporte einfach machte.

Während Mannschaftsdienstgrade nach der Haager Landkriegsordnung in der Gefangenschaft zur Arbeit verpflichtet waren, galt dies nicht für Offiziere. Sie hatten »Anspruch auf die landesübliche Verpflegung«. Diese bestand zu dieser Zeit meist aus Steckrüben, Kartoffeln und wässeriger Grütze. »Die Deutschen haben selbst nichts zwischen den Zähnen«, schrieb ein Portugiese nach Hause. Und so war der Hunger ständiger Begleiter im Lageralltag.

Der Alltag der Portugiesen war ­geprägt von Gedanken an die Heimat, an ihre ­Familien und von Langeweile. Einige ­Offiziere meldeten sich freiwillig zur Arbeit im Forst oder im Moor. Gelegentlich wurden sie mit einer Bahnfahrt ­unter ­Bewachung in die nächstgelegene katholische Kirche nach Ratzeburg ­belohnt.

Das Verhältnis zu den deutschen Bewachern − meist verwundete Soldaten oder ältere Reservisten − wird als gut beschrieben. Schwieriger war das Verhältnis zu den 17 portugiesischen Gefreiten, die den Offizieren für allerlei unliebsame Arbeiten zugeteilt waren. Sie wurden »standesgemäß« von den meist besser gestellten Offizieren schikaniert und beleidigt. Die Gefreiten setzten sich schließlich mit einer wüsten Prügelattacke auf eine Offiziersstube zur Wehr, was den entsetzten deutschen Kommandanten zu einem Appell an die Ehre der portugiesischen Soldaten veranlasste.

Ganz wichtig war die Post. Die Gefangenen durften einen Brief pro Woche nach Hause schicken, und aus dem ebenfalls hungernden Portugal kamen Päckchen mit Lebensmitteln. So mancher ­Bacalhau, mancher Bolo do Rei und manche Chouriço fand so seinen Weg ins Mecklenburger Moor − wenn er nicht vorher von hungrigen Deutschen gestohlen wurde. Auch Bücher und Musik­instrumente kamen per Post, dank der ­Bemühungen portugiesischer Frauenverbände und des Roten Kreuzes.

Als der Krieg im November 1918 mit der deutschen Niederlage endete, dauerte es noch einige Monate, bis die letzten Gefangenen im April 1919 nach Portugal heimkehrten. Trotz des Hungers kamen aus Breesen alle lebend zurück.

Der mit einer Mecklenburgerin verheiratete portugiesische Schriftsteller Aquilino Ribeiro begab sich 1920 auf Spurensuche in das Lager Breesen. Er fand nichts mehr vor: Selbst die Bretter der Baracken waren als Baumaterial und Brennholz verwendet worden. »Aus dem blinden Stolz der Deutschen und der Unvernunft der Briten und Franzosen wird schon bald ein neuer Krieg entstehen«, schrieb er − und behielt Recht.

 

Im Gespräch mit Michael W. Wirges (DPG)

»Wer in Berlin lebt, dem wird nicht langweilig«

Michael W. Wirges ist seit 18 Monaten Präsident der DPG. Er spricht über Portugal, Deutschland, sein Leben in Berlin und über die DPG • Fragen von Andreas Lahn

Du bist in Lissabon geboren. Deshalb stellt sich natürlich sofort die Frage: Sporting oder Benfica?
Michael W. Wirges: Obwohl meine Schule näher am Sporting-Stadion liegt, bin ich Benfica-Fan, weil das Krankenhaus meiner Geburt im Stadtteil Benfica liegt. Ich muss aber auch sagen, dass ich nicht viele Spiele gucke. Nur die wichtigen…

Und für wen bist du, wenn Deutschland gegen Portugal spielt?
Ich habe die Frage schon mal so beantwortet: In der ersten Hälfte bin ich für Deutschland und in der zweiten für Portugal. Aber mein Herz schlägt natürlich für Portugal.

Als Kind bist du auf die »Deutsche Schule« gegangen. Wie lange hast du in Lissabon gelebt und warum seid ihr fortgegangen?
In Lissabon habe ich nur mein erstes Lebensjahr verbracht. Wir sind 1954 in die Nähe von Estoril gezogen. Dort und in Cascais habe ich meine Kindheit verbracht. Später auch in Lissabon, weil ich dort auf die Oberschule gegangen bin.
Mein Vater stammt aus der Nähe von Köln. Er ist Mitte der zwanziger Jahre ausgewandert. Meine Mutter stammt aus Sachsen. Sie hat von 1936 bis 1938 bei einer deutsch-­portugiesischen Familie als Au-pair-Mädchen gearbeitet. Da mein Va­ter ein Freund der Familie war, haben sie sich eines Tages kennengelernt. Meine Mutter ist nach Sachsen zurückgekehrt, um ihr Studium zu beenden. Während des Krieges haben sie sich geschrieben. Und danach hat mein Vater ihr vorgeschlagen, nach Portugal auszuwandern.
Ich war nach der Schule zur Ausbildung als Hotelkaufmann ein Jahr in Deutschland, am Tegernsee. Im Oktober 1972 bin ich nach Portugal zurückgekehrt, um bis Oktober 1974 ein Praktikum am Lisboa Sheraton Hotel anzutreten.

Du hast während der Nelken-Revolution in diesem Hotel gearbeitet. Wie hast du den Sturz der Diktatur aufgenommen?
Den Sturz der Diktatur vom 24. auf den 25. April 1974 habe ich live miterlebt, weil ich als Praktikant Nachtdienst hatte. ­Einen Monat später bin ich nach Paris gegangen, um meine Stelle im dortigen Sheraton-Hotel anzutreten. Damals war das Hotel das größte in Europa. Das hatte keine politischen Gründe, sondern war schon länger geplant.

Wann und warum bist du nach Deutschland gekommen?
Ich war zwei Jahre in Paris, habe dort gelebt und gearbeitet, und immer wieder nach Portugal geschaut, ob sich die Lage dort beruhigt, denn in Portugal ging zu dieser Zeit alles drunter und drüber. Da eine Besserung nicht in Sicht war, habe ich beschlossen, erst einmal nach Deutschland zu gehen. Ich habe ein Jahr für das Sheraton in Frankfurt gearbeitet und wurde dann nach München versetzt. Dort war ich circa vier Jahre. Der Verdienst war nicht üppig und ich wollte keinen Schichtdienst mehr machen. Deshalb  habe ich entschieden, bei einer kleinen Firma alles zum Thema Indus­trieexport zu lernen. Im Oktober 1980 bin ich nach Berlin gezogen und habe mich bei der Industrie- und Handelskammer zum Industriefachwirt umschulen lassen.

Du hast ein halbes Leben als Exportkaufmann für Bombardier in Berlin gearbeitet. Was hast du dort hauptsächlich gemacht?
Ich habe dafür gesorgt, dass Maschinen und Maschinenteile versendet wurden, habe Angebote geschrieben, den Transport, die Zollabwicklung und Bankpapiere organisiert. Bis 2016, allerdings nicht nur bei Bombardier, sondern zunächst bei kleineren Firmen. 1985 bin ich zur AEG gewechselt, die jedoch in die Pleite rutschte. Ich habe einen neuen Arbeitsplatz bei der Waggon Union Gmbh gefunden, die Waggons für die Alliierten gebaut und repariert hat, und Doppel­decker-Busse für Berlin, Lübeck und Bagdad. Sie wurde mit anderen Firmen zu Adtrans, die im Jahre 2000 von Bombardier übernommen wurde. Ich habe 30 Jahre für das gleiche Unternehmen gearbeitet, obwohl ungefähr fünfmal der Unternehmer gewechselt hat.
Letztes Jahr wurde ich verabschiedet, habe mich zwei Jahre für die Altersteilzeit verpflichtet, ein Jahr aktiv und ein Jahr passiv, das Ende September zu Ende geht. Am 1. Oktober gehe ich in meinen wohlverdienten offiziellen Ruhestand.

Jeder Portugiese reist so oft es geht nach Portugal. In welche Regionen fährst du?
Ich fahre am liebsten in die Region Lissabon, weil dort Freunde und Bekannte leben und ich das Grab meiner Eltern und meines Bruders auf dem deutschen Friedhof aufsuche. Meine Freunde in Lissabon, Estoril, Cascais, Sintra und anderen Orten freuen sich jedes Mal, wenn ich komme − und ich mich natürlich auch. Ich möchte auch mal wieder an den ­Algarve fahren. Weitere Reiseziele sind Madeira und die Azoren.

Liest du Bücher und Zeitungen lieber auf deutsch oder auf portugiesisch?
Da ich Deutscher bin, lese ich vorwiegend auf deutsch, aber ich nehme auch portugiesische Schriftstücke in die Hand und beziehe zwei Zeitungen. Meinen Freunden in Portugal schreibe ich natürlich auf portugiesisch.

Musik von Madredeus und der Fado von Amália Rodrigues, Mariza, Mísia, Ana Moura etc. werden weltweit bewundert. Ist das auch deine Musik?
Ja, selbstverständlich! Das ist ein Mix aus dem ursprünglichen Fado mit Folklore, Jazz und ein bisschen Pop. Exemplarisch dafür ist die Gruppe Sina Nossa. Ich bin noch die alte Fado-Zeit aus den 60er und 70er Jahren gewohnt, wo der konserva­tive Fado noch unter Beobachtung Salazars und dem Estado Novo stand: Carlos do Carmo, Amália Rodrigues etc. Von den jungen Leuten wurde er weitgehend abgelehnt. Nach der Revolution ist eine neue Generation von Fado-SängerInnen entstanden. Die haben einen neuen Fado entwickelt, der auch die Jugend anspricht und von ihr akzeptiert wird.

Es heißt, es gäbe für jeden Tag des Jahres ein andere Art, Bacalhau zu servieren. Welches ist dein Lieblings-Rezept?
Ich schätze viele Arten von Bacalhau, aber am liebsten mag ich Bacalhau à Brás. Das Gericht esse ich nicht nur in Portugal, sondern auch in Berlin. Ich habe auch nichts einzuwenden ­gegen ein kräftiges Mahl aus dem Alentejo oder einer anderen Region.

Eines deiner Hobbys ist das Rad fahren. Ist das für dich ehrgeiziger Sport oder nutzt du die Zeit in der Natur, um abzuschalten?
Ich bin gerne Radfahrer. Aber kein Rennradfahrer, sondern eher der gemütliche. Ich fahre gerne in Berlin, hauptsächlich in meinem Kiez im Westend, in Charlottenburg. Ich mache auch Radtouren z. B. durch Brandenburg. Einmal im Jahr ­fahre ich mit meiner Schwägerin durch Holland. Von Enschede, Groningen oder Alkmaar aus fahren wir fünf Tage durch Nord-Holland, schauen uns schöne Landschaften an, gehen ins Museum oder ­besuchen ein Konzert. Dieses Jahr war ich in Amsterdam, um diese herrliche Stadt kennenzulernen.

Du bist seit 18 Monaten Präsident der DPG. Hast du dich mittlerweile an die Anforderungen dieses Amtes gewöhnt oder bist du immer noch in der »Lernphase«?
Ich bin eigentlich immer in der Lernphase. Wir lernen ja jeden Tag etwas dazu. Ich bin 2001 in die DPG eingetreten. Kurze Zeit später hat Harald Heinke mein Potential erkannt und mich ins Präsidium berufen. Dort war ich lange als einer der vier Vize-Präsidenten tätig. Ich habe vor allem von Harald Heinke viel gelernt und bin so in die Aufgaben hineingewachsen. Ich war also kein Anfänger mehr, als ich 2016 gewählt wurde, und wusste, was auf mich zukommt. Es sollte ja jemand sein, der sich auskennt mit Deutschland, Portugal, den beiden Sprachen und den Mentalitäten. Wichtig war für Harald Heinke, dass die zu wählende Person in Berlin ansässig ist.

Ist alles so gelaufen wie erwartet oder ist etwas besonders Schönes, Komisches oder Ungewöhnliches passiert?
Eine Sache war besonders schön und auch komisch: Ich wachte Anfang März auf, saß an der Bettkante, schüttelte meinen Kopf und sagte zu mir: Mein Gott, Michael, jetzt bist du Präsident der DPG! Da lief mir ein Schauer über den Rücken, und ich fragte mich, ob das wohl gutgehe… Ich begreife das Amt als Herausforderung, als Dienst an der Freundschaft zu Harald Heinke, seiner Frau Gabi, zum Präsiduum und zur DPG ingesamt.

Vom 20. bis 22.10.2017 findet die Jahres­tagung der DPG in Erfurt statt. Warum sollten noch mehr Mitglieder als sonst daran teilnehmen?
Bisher hatten wir immer 40−60 Anwesende. Ich würde es natürlich begrüßen, wenn mehr kämen. Wir haben 350 Mitglieder in Deutschland und Portugal. Ich wäre froh, wenn wenigstens 1oo kämen. Ich fordere nochmals alle Mitglieder auf, nach Erfurt zu kommen. Schließlich ist es schön, über Portugal zu sprechen und sich über Kultur auszutauschen. Je mehr Außenstehende davon erfahren, desto besser ist das für die DPG. Das ist eine Art Schneeball- oder Synergie-Effekt.

Persönlich und bezogen auf die DPG: Welche Ziele hast du für die Zukunft?
Wir müssen ein stabiler und erfolgreicher Verein bleiben, der sich weiterentwickelt und es schafft, jüngere Menschen für die Mitarbeit in der DPG zu begeistern, für Portugal, die portugiesisch-sprachige Welt und Kultur. Der Verein wurde ja 1964 gegründet und 1990 erweitert durch die Freundschaftsgesellschaft DDR/Portugal. Wir sind zusammengewachsen. Außerdem möchte ich noch einige Reisen im Inland machen und auch im Ausland wie z. B. auf die Kapverdischen Inseln.

Der Kontakt zur portugiesischen Botschaft ist immer wichtig für die DPG. Wie läuft die Zusammenarbeit mit Botschafter João Mira Gomes? Gibt es etwas zu verbessern?
Die Zusammenarbeit mit dem Botschafter und seinem Team läuft sehr gut. Ich bin froh, dass wir uns oft treffen, auch zu Kunst- und Kulturveranstaltungen. So können wir zusammen auftreten, auch mit dem Instituto Camões. Es hat in der letzten Zeit in Berlin einige Lesungen gegeben, die wir zusammen mit der Botschaft und dem Instituto Camões durchgeführt haben. Das freut mich sehr!

Die Regierung von António Costa hat den Mindestlohn angehoben, Renten und Sozialleistungen für Geringverdienende erhöht, die 35-Stunden-Woche im Öffentlichen Dienst eingeführt etc. und zahlt Staatsschulden trotzdem pünktlich zurück. Ein kleines Wunder, das größte Anerkennung verdient, oder?
Selbstverständlich. Toll, dass es mit ­Portugal wieder aufwärts geht. Selbst Finanzminister Schäuble hat Portugal gelobt. Der Tourismus hat stark zugenommen. Die Portugiesen sind jedoch noch unzufrieden, weil bei ihnen viel gekürzt wurde, wodurch sie viel leiden müssen. Bis 2020 will der Staat aus der Schuldenfalle raus sein.

Du lebst seit 36 Jahren in Berlin. Was gefällt dir an dieser Stadt und was nicht?
Ich mag die heitere, lockere Art der Berliner, auch wenn sie bisweilen sehr frech sind. Doch so ist die Berliner Schnauze eben. Man muss auf humorvolle Art und Weise kontern können. Dann wird man akzeptiert. Ich mag die offene Art und die Stadt selbst: Häuser, Hochhäuser und man ist schnell im Grünen, in Müggelsee, Wannsee, Grunewald. Und dann ist da ja auch noch die hochkarätige Kultur. Wer in Berlin lebt, dem wird nicht langweilig. Und wenn doch, ist er selber Schuld! Das gilt für das Jahr 2017. Noch in den 1980er Jahren waren wir jedoch umzingelt von einer schrecklichen Mauer, die undurchlässig war. Wenn man raus wollte, musste man Anträge stellen und sich Visa von den DDR-Behörden holen. Ich bin froh, dass die Mauer weg ist. Ich ­erzähle meinen erwachsenen Söhnen von der Existenz dieser Mauer, damit so etwas nie wieder passiert. Ich lebe hier gern. Und Berlin wird auch meine letzte Adresse werden. Ich gehe von hier nicht weg und werde meine Zeit als Rentner auf keinen Fall am Algarve verbringen!

»Ó mar salgado, quanto do teu sal são lágrimas de Portugal!« Was denkst du über diese Worte von Fernando Pessoa?
Ein sehr schöner Spruch: »Oh du salziges Meer, wie viel von deinem Salz sind Tränen Portugals!« Die Portugiesen sind zwar ein heiteres Volk, aber sie lamentieren auch gerne. Auch über ihr Land. Und sie leiden. Ich denke, dass dieser Spruch richtig gut zu Portugal passt.

Die Sardinhada im Juni in Berlin hat allen BesucherInnen große Freude bereitet. Deshalb schlage ich vor, sie zukünftig einmal im Monat zu feiern. Was meinst du?
Ein- bis zweimal im Jahr ist das wunderbar. Jeden Monat wäre es irgendwann langweilig und würde dem Fest seinen Reiz nehmen.

MICHAEL W. WIRGES ist am 23.4.1953 in Lissabon geboren. Dort, in Estoril und Cascais verbringt er seine Kindheit. Er lernt Hotelkaufmann und arbeitet für die Sheraton-Hotels in Lissabon, Paris, Frankfurt und München. 1980 zieht er nach Berlin. Nach der Umschulung zum Industriefachwirt durch die IHK arbeitet er 35 Jahre als Exportkaufmann in verschiedenen Unternehmen. Am 1.10.2017 geht er in Rente.

Michael W. Wirges ist ledig und Vater zweier erwachsener Kinder. Im Jahre 2001 tritt er in die DPG ein und wird im Februar 2016 deren Präsident. Er fotografiert viel, fährt gerne Fahrrad, singt im Jazz-Chor, hört Musik und beschäftigt sich mit Kunst und Historischem. Er liest gern Texte von Fernando Pessoa, Hermann Hesse und Rainer Maria Rilke. Seine Lieblingsfarben sind dunkelblau und dunkelgrün.

Zuckerbäckereien für Naschkatzen am Algarve

Foto vom leckeren Gebäck der Feigensterne am Algarve in Portugal

So sehen gebackene Feigensterne aus · © Catrin George

Schlaraffenland für Naschkatzen: Zuckerbäckereien am Algarve
Feige, Mandel und Johannisbrot stillen sinnliche Gelüste nach Süßem und bieten unzählige Möglichkeiten beim Kochen und Backen von Catrin George

Den kulinarischen Naschhäppchen in den Auslagen der Algarve-Cafés kann kaum jemand widerstehen. Die Auswahl ist riesig, die Portionen sind zu Miniaturen gebacken und klein genug, um mehr als nur eine süße Köstlichkeit zum Kaffee zu probieren. Neben ­bekanntem Gebäck und Kuchen, Obst-­Tarten und Topfkuchen brillieren die Konditorei-Vitrinen mit einer Fülle von regionalen Spezialitäten: Kunstwerke aus Feigen-Rohmasse, Süßmandel-Marzipan und Johannisbrot-Paste. Die gerade einmal daumengroßen, filigran von Hand modellierten Figuren aus Marzipan sehen täuschend echt aus wie Gemüse, Obst oder Tiere und liegen hübsch mit Lebensmittelfarbe bemalt in Papier-Manschetten aus. Daneben türmen sich − auf Silbertabletts präsentiert − JohannisbrotPralinen in Mandelsplitter gewälzt oder Kugeln aus Feigenkonfekt, gerollt mit Schokohäubchen, und vieles mehr. Ein Schlaraffenland für Naschkatzen!

Das Wissen, wie man die drei Ur-Früchte Feige, Mandelkern und Johannisbrot-­Schote trocknet, aufbewahrt und zu Nahrung verarbeitet, gelangte mit den punischen und griechischen Seefahrern nach Portugal − und mit ihnen die Bäume. Die fühlen sich in der steinig lehmigen und stark kalkhaltigen Erde im Hinterland des Algarve ganz besonders wohl und tragen zum typischen lokalen Landschaftsbild im Barrocal im mittleren und im Sotavento im östlichen Algarve bei.

Die Backkunst hat im Algarve Tradi­tion: Bereits vor den KlosterkonditorInnen, die aus den Zutaten der verführerischen Früchte-Trilogie seit dem späten Mittelalter regional famoses Naschwerk buken und zu süßen Botschaftern erhoben, kreierten maurische ZuckerbäckerInnen feines Marzipan wie Petite Four, Mandel-Honig-Baklava und Feigen-Sorbet. Homer erwähnte die drei Ur-Früchte bereits in seiner »Odyssee« und laut bi­blischer Überlieferung überlebte Johannes der Täufer während seiner Wüstendurchquerung Hunger und Durst nur deshalb, weil er sich von der Frucht des Karob-Baumes nährte, so dass die dunkelbraune Schote seitdem den lautmalerischen Namen Johannisbrot trägt. Ein Feigenbaum, heißt es in einer griechischen Sage, beschützte mit seinen weit ausladenden Ästen unter dem wie zu einem Herz geformten Blätterdach einst Remus und Romulus, die Gründer Roms. Über den Mandelbaum erzählt eine Geschichte aus 1001 Nacht: Ein Mauren­könig hat um die Burg von Silves herum tausende Mandelbäume pflanzen lassen, weil er unsterblich in seine Lieblingsfrau, eine Prinzessin aus dem hohen Norden, verliebt gewesen ist, die tief traurig ­jeden Winter wieder den Schnee in ihrer Heimat vermisste. Sobald jedoch die hübschen weiß leuchtenden Blüten jedes Jahr wieder im Januar und Februar wie Schneegestöber durch die Luft vor ihrem Turmfenster in der Burg vorbei wirbelten, war die Schöne aus dem Norden wieder glücklich und der König sich ihrer Gunst sicher.

Mandel, Feige und Johannnisbrot, alle drei Früchte reifen im Frühsommer und werden in der heißen Jahreszeit im August und September geerntet. Während Mandeln und Johannisbrot vom Baum geschüttelt auf ausgebreitete Tuchlaken fallen, pflücken Erntearbeiter Feigen behutsam Frucht für Frucht. Frische, für den Handel bestimmte Feigenfrüchte werden sorgsam in Körbchen oder Plastikschalen verpackt, damit sie prall bleiben und keine Stoßflecken bekommen. Überreife Feigen trocknen an sonnenexponierter Stelle. Bereits weiche Früchte legt man für Schnaps und Likör in ­Weinbrand ein oder kandiert sie in Zucker­lösung. Aus Trockenfeigen wird Feigenkonfekt als Grundmasse für die Algarve-­Zuckerbäckerei hergestellt. Die Mandelblüte im Januar und Februar kündigt das Ende des Winters an. Mandelbäume blühen, bevor ihre Blätter sprießen, und aus der Blüte wächst eine pelzig-grüne Außenhaut, die die Mandelnuss umhüllt. In Inneren der Nuss liegt der Mandelkern, nochmals umhüllt von einer rauen, braunen Haut. Sobald die grüne Schale aufspringt, sind die Mandeln reif für die Ernte. Die Mandelnüsse knackt man mittels Mandel-Mühle auf. Die braune Haut um den Mandelkern entfernt man am leichtesten mit brühend heißem Wasser-Aufguss, oder man verwertet Mandelkerne mit Haut, was dem späteren Gebäck eine leicht bittere Note verleiht. Nackte Mandelkerne kann man lose ausgebreitet an der Sonne oder auf einem Backblech im Ofen bei Niedrigtemperatur trocknen, danach halbieren, in Splitter oder grobe Krümel und zu Mandelstaub für die Marzipankunst feinmahlen.

Im Algarve gehörten Anbau, Handel und Weiterverarbeitung von frischen und getrockneten Mandeln, Feigen und Johannisbrot über viele Jahrhunderte hinweg zu den tragenden Säulen der hiesigen landwirtschaftlichen Erwerbswirtschaft, bis in den 1980er Jahren industriell hergestellte Süßigkeiten die leckeren Früchte aus dem Süden Portugal vom internationalen Nasch-Markt verdrängten. Bis dahin galt speziell die Hafenstadt Portimão − im westlichen Algarve an der Mündung des Arade-Flusses gelegen − als Zentrum für den Export für süße Verführungen aus Feigen, Mandel und ­Johannisbrot, vornehmlich nach England und Frankreich, weswegen die Landwirte im Landkreis Portimão eine für Portugals Steuer-Geschichte einmalige, eigens erhobene »Feigensteuer« − auf Portugiesisch »Imposto do Figo« − entrichten mussten, die erst zu Beginn des letzten Jahrhunderts abgeschafft wurde. Als die internationale Nachfrage nach den Konditorei-Spezialitäten aus dem Algarve vor fünfzig Jahren faktisch auf null sank, stellten etliche Fabriken die Produktion ein. Die Folgen für die Erzeuger waren fatal: Plantagen verwaisten, Früchte verfaulten, Ernte-Arbeiterinnen sattelten um auf Berufe im Tourismusmarkt. Der bis dato lukrative Wirtschaftszweig für Bauern und Industrie brach komplett weg. Als kulinarischer Geheimtipp überlebte die famose Konditoreikunst der ­Algarven dennoch, und zwar in den Vitrinen der Café-Häuser in der Nachbarschaft, wo noch Kuchen und feine Gebäck-Spezialitäten  von Hand gebacken angeboten werden. Ein Geheimtipp bleiben die süßen Verführungen der Algarven auch in Zukunft, obwohl die Nach­frage nach Gebäck, Marzipan und ­Kuchen-Spezialitäten − hergestellt nach Ur-Omas ­Rezept − stetig steigt, was mehrere positive Aspekte nach sich zieht: Stillgelegte Plantagen werden rekultiviert, neue Setzlinge angepflanzt. Landwirt sein hat wieder Zukunft, Erntearbeit ist wieder Geld wert. Die zumeist frisch gebackenen Jungunternehmer nutzen die neuen ­Medien geschickt für ihr Marketing und platzieren ihre wohlschmeckenden, nahr­haften und überwiegend biologisch angebauten Früchte gezielt auf dem Markt, indem sie für glutenfreie und Bio-Produkte werben und damit in den wachsenden Nischenmarkt für bewusstere ­Ernährung vordringen. Mit Erfolg! Die Renaissance der Konditorei-­Kunst im ­Algarve begünstigt das Kleinunternehmertum, die wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung der Region mit vorhandenen Natur-Ressourcen und stärkt gleichzeitig die lokale Marktposition der ­Marke »Made in Algarve«.

Am Douro entlang mit dem Comboio histórico

Foto von der Fahrt mit dem Comboio histórico (historischer Zug) am Douro entlang

Fahrt mit dem Comboio histórico am Douro entlang · © Andreas Lahn

Das schrille Pfeifen macht den Unterschied
Der »Comboio histórico« fährt durch die Weinberge von Régua nach Tua am Douro entlang von Andreas Lahn

Wenn Sie Lust auf eine abwechslungsreiche Zeitreise haben, buchen Sie bei Comboios de Portugal (CP) einen Platz im Comboio histórico. Der Zug fährt von ­Régua nach Tua am Douro entlang. Die schwarze Lokomotive heißt Vapor 0186 und ist 1925 von Henschel & Sohn kon­s­truiert.

Als ich auf dem Bahnhof in Régua ankomme, herrscht dort schon ein reges Treiben. Viele Fahrgäste sind neugierig und steigen in den Führungsstand der Lokomotive. Hier wird nichts per Software geregelt. Alles wird von Hand gepflegt, wofür immenses Wissen nötig ist.

Die Lok soll fünf Waggons ziehen, von denen zwei als 1. Klasse ausgewiesen sind. Alles wirkt dort edler und komfortabler. Doch mir gefällt mein Platz in der 2. Klasse. Die komplette Inneneinrichtung ist aus Holz gefertigt − gemütlich! Ich habe einen Platz auf der rechten Seite am Fenster − mit dem perfekten Blick auf den Douro (beim Buchen beachten!).Die Lok fährt mit großem Getöse los, dampft, was das Zeug hält, kommt aber genau so gut voran wie heutige Züge. Die spannende Tour beginnt! Ich mag die romantische und geheimnisvolle Ausstrahlung des Douro und bin beeindruckt von den an Berghängen angelegten Weinbergen − Trauben für den Portwein, den ich bisweilen genieße. So auch im Zug, denn nach einer Flasche Wasser wird ein Gläschen Portwein gereicht. Wie passend!

Um die Reise durch alte Zeiten fühlbarer zu machen, darf Musik nicht fehlen. Eine Musikgruppe aus der Region zieht in traditionellen Kleidern durch die Waggons und macht den Zug zum Festsaal. Diese Mischung aus wundervoller Landschaft, gemütlichem Fahren und kleinem Fest gefällt allen Reisenden. Beeindruckend finde ich das schrille Pfeifen, mit dem sich der Zug bemerkbar macht. Vermutlich kommt den Gästen auf den Kreuzfahrtschiffen des Douro ihr eigenes Gefährt seltsam langweilig vor im Vergleich zu diesem schnaufenden, dampfenden und pfeifenden Zug, der alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Und man spürt den Spaß, den der Lokführer und die Techniker dabei haben, die Fahrt zu etwas Besonderem zu machen. Dieses Pfeifen werde ich nie vergessen!

Der Zug hält in Pinhão, wo die Lok gehegt und gepflegt wird. Die Reisenden bestaunen dieses Spektakel. Schnell geht es weiter nach Tua, wo eine längere Pause gemacht wird. Die Lok muss ans andere Ende des Zuges rangiert werden. In der Bahnhofshalle von Tua werden regionale Spezialitäten verkauft. Die Musikgruppe legt sich ins Zeug und erobert die Herzen vieler Menschen.

Auf dem Rückweg sind alle Passagiere bester Stimmung, plaudern miteinander und freuen sich über die alles über­tönende Pfeife. Und so kommen wir nach einer kurzweiligen Reise pünktlich wie­der in Régua an: Ein wunderschöner Nachmittag in einem faszinierenden Zug!

INFO: Der Zug fährt noch bis zum 29.10.2017 samstags und sonntags um 15.33 Uhr ab Régua und ist um 18.32 Uhr wieder zurück. Tickets und weitere Informationen:
auf portugiesisch:
https://www.cp.pt/passageiros/pt/how-to-travel/em-lazer/Roteiros/blog-ch
auf englisch:
https://www.cp.pt/passageiros/en/como-viajar/For-leisure/circuits/blog-ch
Sie können auf www.cp.pt auch einen Account einrichten und alle Zugtickets für Portugal buchen, ausdrucken und per Lastschrift bezahlen.

Gostaria de agradecer aos Senhores Bruno Martins e Pedro Gonçalves dos Comboios de Portugal pelo bilhete e pelas informações.