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Salvador Sobral

Über das Auftakt-Konzert der Deutschland-Tournee in Essen • von Josef Wolters

Rund 600 BesucherInnen füllten am 23. April 2019 das altehrwürdige Lichtburg-Kino in Essen, um das erste Konzert des portugiesischen Sängers, der 2017 den Eurovision Song Contest (ESC) in Lissabon gewonnen hatte, live zu erleben. Kannte man Sobral vor zwei Jahren als in sich -gekehrten, nahezu scheuen und gesundheitlich angeschlagenen Sänger des Siegerliedes «Amar pelos dois», so sprühte er jetzt nach einer erfolgreich überstandenen Herz-transplantation vor unbändiger Lebenslust.
Vor seinem ersten Konzertsong stürmte er wie ein Derwisch auf die Bühne, sprach brabbelnd Silbenlaute und genoss den Auftrittsapplaus des Publikums. Salvador Sobral ist ein Jazzsänger, der mit seiner Combo, dem fabelhaften Pianisten Julio Resende sowie einem Kontrabassisten und einem Schlagzeuger, ein Repertoire aus tempomäßig schnellen und langsamen Gesangsnummern präsentierte. Er trug u.a. ein vertontes Gedicht von Fernando Pessoa vor, und konnte mit seiner unnachahmlichen Mimik und Gestik seinen Gefühlen einen starken Ausdruck verleihen.
Für das ESC-Siegerlied aus 2017 stieg Sobral auf einen Stuhl, und umgarnte vor dem ersten Ton das Publikum mit lockeren Sprüchen. Die zwei Stunden seines Auftritts vergingen wie im Flug; am Ende des Konzerts setzte sich Sobral selbst an den Flügel und sang in deutscher Sprache den Max Raabe-Hit: »Kein Schwein ruft mich an«. Sobrals Fans waren wie er selbst köstlich amüsiert und waren sicher, dass bei dieser positiven und freudigen Lebenseinstellung die gesamte Tournee in Deutschland ein großer Erfolg sein würde. Der Verkaufsstand mit seiner neuen CD war am Ende von ihnen umlagert: Ein großartiger Abend, zu dem zur Hälfte portugiesische Mitbürger aus ganz NRW anwesend waren.

«Música de Abril» – Konzert am 25.4.2019 in Leipzig

Foto von Filipe Pinto und Orchester

Bei dem beeindruckenden Konzert junger Portugiesen wird an die Nelken-Revolution von 1974 in Portugal erinnert • von Dr. Stefan Poppitz

Zum Schluss springen fast alle Zuhörer auf, spenden prasselnden Applaus, ertönen Da capo-Rufe: Soeben ist José Afonsos berühmtes Lied «Como se faz um canalha» in einer modern arrangierten Fassung mit Bläsern, Schlagzeug und Bassgitarre verklungen, und die Leute toben vor Begeisterung. Und da die musikalischen Akteure auf der Bühne − gut ein Dutzend junger Portugiesen, die an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater studieren − auf eine Zugabe nicht eingerichtet sind, spielen sie Zeca Afonsos Song einfach noch mal. Erneut euphorischer Jubel der etwa 120 Besucher, unter ihnen auch DPG-­Präsident Michael W. Wirges. Finaler Glanzpunkt eines außergewöhnlichen Konzerts am 25. April in der Leipziger Stadtbibliothek, organisiert von den einheimischen Portugal-Liebhabern der DPG und dem Instituto Camões.
Der Anlass dafür ist denkwürdig: An diesem Tag vor 45 Jahren begann in Portugal die weitgehend friedlich verlaufende Nelkenrevolution. Ihren Namen verdankte sie den roten Nelken, die sich aufständische Soldaten in die Gewehrläufe gesteckt hatten. Mit ihr wurde die bis dahin herrschende autoritäre Diktatur gestürzt und dem Land eine demokratische Entwicklung ermöglicht.
So ist es nur ganz natürlich, dass an diesem mit «Música de Abril» überschriebenen Abend auch drei Lieder des Sängers der Revolution, José Afonso, erklingen, dessen «Grândola vila morena» am frühen Morgen des 25. April in einem Radiosender gespielt und zum Startsignal für den Aufstand wird. Doch die Zeitreise durch die portugiesische Musik führt auch zu Werken klassischer Komponisten wie Luís de Freitas Branco, Joly Braga Santos oder Fernando Lopes-Graça, welche die jungen Portugiesen − verstärkt durch mehrere Studienfreunde anderer Nationen − ausdrucksstark wie hingebungsvoll vortragen. Und auch Portugals junge Komponisten-Generation lässt mit neuen Stücken aufhorchen − beispielsweise der an der Leipziger Musikhochschule studierende Violinist Rui C. Antunes oder deren Absolvent, der Pianist ­Filipe Pinto, der den Konzertabend künstlerisch ebenso gut betreut wie ihn Manuel Durão launig und informativ moderiert. Auch der ist Hochschulabsolvent, jetzt Komponist und Dirigent, Mitstreiter in der DPG und lebt schon seit vielen Jahren in Leipzig.
Er hat dann eine Überraschung parat, sagt zwei Stücke von Johann Sebastian Bach an, gespielt vom Bochumer Oboisten Hans-Heinrich Kriegel. Auch der ­gehört schon lange der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft an. Gefragt, ­wa­­rum er an einem Abend mit portugiesischen Klängen Musik ausgerechnet dieses Mannes spiele, sagt er, dass Bach als langjähriger Thomas-Kantor am ­intensivsten mit Leipzig verbunden war, jener Stadt, von der 1989 so viel Hoffnung ausging und in der die Friedliche Revolution ihren Anfang nahm. Er wolle eine Brücke schlagen zu den Ereignissen vor dreißig Jahren im Osten Deutschlands. Ebenfalls starker Beifall für Kriegels Darbietung.
Viele verlassen nach dem Konzert den Saal mit leuchtenden Augen, sind hingerissen von dem musikalischen Erlebnis, haben viel zu erzählen. Wie António Oliveira, der Keramiker, den die Liebe vor Jahren nach Leipzig zog: »Das war klasse, wirklich tolle Musik! Schade, dass meine Kinder nicht dabei waren, das hätten sie hören müssen. Aber das nächste Mal sind sie dabei. Und wenn ich sie herschleppen muss!«

Com o apoio do Ministério dos Negócios Estrangeiros – Comunidades Portuguesas

Young Euro Classic mit dem Jovem Orchestra Portuguesa

Foto des Jovem Orchestra Portuguesa bei den Young Euro Classic 2017

Das JOVEM ORCHESTRA PORTUGUESA bei den Young Euro Classic 2017 · © Michael W. Wirges

Young Euro Classic – Jovem Orquestra Portuguesa

von Michael W. Wirges
Wie jeden Sommer finden im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt die Konzerte der besten europäischen jungen Musiker und Orchester als »Young Euro Classic« statt. So war dieses Jahr der »Jovem Orquestra Portuguesa« der Abend des 1. September gewidmet. Pate dieses Abends war Andreas Wunn, Leiter des ZDF-Morgenmagazins, Hauptpartner die KfW.
Durch gute Kontakte mit den Organisatoren hatte die DPG (Deutsch-Portugiesische Gesellschaft e.V.) das Glück, einige Freikarten für dieses Konzert zu erhalten. Ausgelost wurden diese Karten unter den DPG-Mitgliedern des Landesverbandes Berlin-Brandenburg nach einer kleinen Quizfrage über E-Mail. Die glücklichen Gewinner durften an diesem Abend den Präsidenten der DPG zu diesem Konzert in den Großen Saal dieses ehrwürdigen Konzerthauses begleiten.
Zunächst spielte die Jovem Orquestra Portuguesa unter Leitung von Pedro Carneiro die Ouvertüre zu »Der Freischütz« von Carl Maria von Weber (op.77, 1820). Das Besondere war hier, dass die jungen Musiker auf Geheiß ihres Dirigenten die Notenständer mit den Noten umdrehten und das Stück auswendig spielten!
Das zweite Stück war eine Uraufführung der Komposition der erst 20jährigen Komponistin Mariana Vieira, Studentin an der Musikhochschule Lissabon, mit dem Titel »Raiz«, ein Konzert für Oboe, Klarinette, Tuba, Harfe, Kontrabass, Marimba und Orchester. Mariana Vieira, die schon diverse Preise gewonnen hat, erhielt hier in Berlin den »Europäischen Komponistenpreis«.
In der Pause gab es für geladene Gäste – so auch für die Gewinner des DPG-Quiz’– einen Sektempfang im Beethoven-Saal. Nach der Pause spielte das portugiesische Jugendorchester noch Ludwig van Beethovens Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 »Eroica« von 1805. Nach tosendem Applaus legte das Orchester noch eins drauf, nämlich ein Fragment aus der Symphonie Nr. 9 von Ludwig von Beethoven, die ja bekanntlich auch als die Europa-Hymne gilt. Statt dem Schlusschor »Ode an die Freude« jedoch, beschworen einige der jungen Musiker, die sich zu diesem Zweck in die Mitte der Bühne begeben hatten, die Einheit und Friedfertigkeit Europas ohne jeden Hass und Rassismus, mit den Schlussworten »We are all Europeans!«
Zum Abschluss lud der Hauptpartner, die KfW, geladene Gäste noch zu einem großen Empfang in deren Niederlassung in der benachbarten Französischen Straße ein.

Foto von Mitgliedern der DPG bei den Young Euro Classics 2017

Mitglieder der DPG bei den Young Euro Classic 2017