Luzinha in Berlin: So schmeckt Portugal

LUZINHA: Foto von in portugiesischer Sonne leuchtenden roten GranatäpfelnIn portugiesischer Sonne leuchtende rote Granatäpfel · © Thomas Hirschmann

So schmeckt Portugal

Interview mit Thomas Hirschmann, Geschäftsführer der Berliner Firma Luzinha    Fragen von Andreas Lahn

> PORTUGAL REPORT: Wer mit Produkten aus Portugal handelt, liebt das Land und seine Menschen. Wann bist du auf Portugal gekommen?
Thomas Hirschmann: 1988 zum ersten Mal. Und seitdem immer wieder. 

Gibt es für dich einen Lieblingsort in ­Portugal, zu dem es dich immer wieder hinzieht?
Nein, wir sind auch 1988 schon durch das  ganze Land gefahren. Es gibt keine Gegend, die ich schöner finde als eine andere. Sie sind alle schön. Doch jetzt mit ­Luzinha konzentrieren wir uns auf die Algarve, um die Transportwege kurz zu halten.

Mit deiner Berliner Firma Luzinha vertreibst du portugiesische Produkte. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Mit dem Obst fing alles an. Es gab damals kaum Möglichkeiten, in Berlin Bio-Orangen aus Portugal zu bekommen. Ich habe versucht herauszufinden, warum nicht. Es ist scheinbar schwierig, portugiesische Bio-Orangen nach Berlin zu transportieren, weil es  schwierig ist, die Logistik so aufzubauen, dass die Früchte verlässlich und regelmäßig in Berlin ankommen. Wir haben es nun aber doch geschafft! 

Foto von Orangen auf dem Weg zur Reife

Orangen auf dem Weg zur Reife· © Thomas Hirschmann

Mit den Bio-Orangen hat alles angefangen. Welche Produkte bietet Luzinha an und wie wählt ihr die ProduzentInnen aus?
Bei Nahrungsmitteln versuche ich, in jedem Fall Bioprodukte zu finden. Und natürlich ist die Qualität wichtig, aber die ist in Portugal eigentlich immer sehr gut. Ich habe noch keine schlechten Nahrungsmittel gefunden. 

Für mich muss es Bio sein und für die Produzenten damit auch, um ins Konzept zu passen. Wenn ich die Wahl habe, nehme ich meistens zuerst den kleineren Produzenten, weil ich dem Betrieb damit die Möglichkeit anbiete, seine Produkte auch außerhalb des eigenen Umfeldes zu vermarkten. Eben auch ins Ausland, was für Kleinproduzenten normalerweise unmöglich ist, weil es keine Lieferketten gibt.

In erster Linie Obst, Gemüse und Feinkost. Was gibt es noch bei Luzinha?
Ja, gutes Obst, im Sommer gutes Gemüse, Feinkost, und natürliche Produkte wie Wolldecken, schlichte Messer oder typisch portugiesische Rillengläser.

LUZINHA: Foto einer köstlichen Mango von Julia

Köstliche Mango von Julia · © Thomas Hirschmann

Und welches Obst und Gemüse bietet Luzinha an?
Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen, Limetten, Blutorangen, Mandarinen, Pampelmusen, im Herbst dann frühe, mittlere und späte Granatäpfel, mehrere Sorten Avocados, Mangos sehr kurz, manchmal Maracujas. Wir suchen noch jemanden, der uns mit Pfirsichen und Aprikosen versorgt und nicht so weit weg wohnt, weil die schwierig zu transportieren sind. Unsere Produzenten sind ja sehr klein und haben keine Kühlfahrzeuge. Gemüse haben wir Süßkartoffeln, Tomaten, Paprika, Auberginen, alles, was hier in Deutschland schlecht wächst. Man muss keine Erdbeeren aus Portugal holen, sondern kann in Deutschland auf die Saison warten. Keine Himbeeren, keine Heidelbeeren und keine Brombeeren.

Wie stellt ihr die Bioqualität der Produkte sicher?
Alle Produzenten, mit denen wir zusammenarbeiten, sind biozertifiziert, halten alle Richtlinien ein und verwenden keinerlei Gift. 

Willst du ein quasi vollständiges Sortiment an portugiesischen Produkten anbieten oder wählst du die Produkte, die auf die du beiläufig triffst?
Eigentlich suche ich die Produkte, die ich selber gerne mag. Wenn ich in Portugal etwas entdecke, was ich auch in Berlin gerne hätte, dann versuche ich, diese Produkte für Luzinha zu bekommen. Ich weiß, dass es in Portugal noch sehr viele Produkte gibt, von denen andere gar nicht wissen, dass sie existieren. Und Portugiesen sind häufig zu bescheiden, um das an die große Glocke zu hängen. Ich muss manchmal lange suchen, werde dann aber mit dem Finden wunderbarer Köstlichkeiten belohnt. 

Foto von Julia aus Silves neben ihren Mango-Bäumen

Julia aus Silves neben ihren Mango-Bäumen · © Thomas Hirschmann

Bananen, Schuhe, Gebäck − zunächst ist also nichts ausgeschlossen, oder?
Ich suche immer noch nach auf portugiesische Art eingelegten Oliven und halt­baren Käsesorten, die ich hier im Glas oder in Öl eingelegt verkaufen kann. Ich versuche, das Obstangebot weiter zu vergrößern, auch mit tropischen Früchten wie Maracujas, Mangos, Guaven, Papayas, die es ja auch an der Algarve gibt und die man so regional kaufen kann wie die  Avocados. 

Kommen alle Produkte aus dem Algarve und dem Alentejo?
Das Öl Norte kommt aus der Beira, aber bald bieten wir ein Öl aus dem Alentejo an. Der Honig kommt aus Mértola. Die frischen Produkte kommen überwiegend aus der Algarve, damit die Transport­wege zum zentralen Versender in der Nähe von Silves kurz bleiben. 

Die bestellten Produkte werden zu einer Sammelstelle transportiert?
Ja, genau. Ein Bauer sammelt alles. Und zu dem kommt dann der Spediteur und bringt alles nach Berlin.  

Foto von João, Zitrusbauer aus Odelouca

João, Zitrusbauer aus Odelouca · © Thomas Hirschmann

Wie läuft denn eine Bestellung über die Website www.luzinha.de konkret ab?
Ein Sonntag im Monat ist der letzte Tag, an dem man auf unserer Website für den jeweiligen Monat bestellen kann. Am folgenden Montag gebe ich diese Informationen nach Portugal weiter. Die Woche über wird dann gepflückt, Freitag kommt der LKW und lädt die Kisten ein. Am Dienstag ist der LKW in Berlin und ab Mittwoch wird dann verteilt. Im Moment liefere ich in Berlin und Potsdam nach Hause. Die Früchte sind also maximal zehn Tage vom Baum, bis sie den Kunden erreichen. Es wird nur die Menge gepflückt, die bestellt wurde. Niemand pflückt auf Verdacht.

Soll das Liefergebiet auf Berlin und Potsdam beschränkt bleiben oder plant ihr eine Ausweitung? Vielleicht auf die Orte, die an der Route des LKWs liegen?
Im Moment könnten wir theoretisch in Hamburg liefern, weil der LKW dort vorbeifährt und das Zwischenlager im Norden Berlins Richtung Hamburg liegt. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Hamburg habe ich in der Warteschleife. Aber man muss auch bedenken, dass wir für Zwischenhändler, Restaurants und auch für Bioläden in der Regel zu teuer sind. Luzinha ist nicht darauf ausgelegt, so große Mengen zu importieren, dass wir Rabatte für Großabnehmer machen können. Das widerspricht unserem Preismodell.

Es ist nicht immer leicht, die Balance zwischen KäuferIn und VerkäuferIn zu finden. Wie kommen die Preise der Produkte zustande?
Die Produzenten sollen mindestens genau so viel verdienen wie ich. Sie machen die Preise, indem sie mir sagen, mit welchem Preis sie glücklich sind. Und dann gucke ich, wie teuer ich sein darf, dass in Berlin noch jemand kauft. Ich orientiere mich an Bioläden und anderen Versandhändlern. Manchmal bin ich billiger, manchmal teurer. Bisweilen liegen im Winter die Preise für Orangen in Bioläden unter meinem Einkaufspreis. Wir versuchen, das ganze Jahr über immer den gleichen Preis zu zahlen, unabhängig davon, ob es eine Schwemme gibt oder die Saison gerade zu Ende geht. Wir schaffen es normalerweise  auch, die Preise stabil zu halten und müssen nur selten korrigieren. Und wenn das doch mal sein muss, kommunizieren wir das auch.

Foto von Lurdes und ihrem Vater aus Caldeiroa

Lurdes und ihr Vater aus Caldeiroa · © Thomas Hirschmann

Arbeitet Luzinha mit Portugal-Initiativen aus anderen Städten zusammen?
Noch nicht, das würde ich aber gerne. Wir sind zum Beispiel mit Pois in Stuttgart in freundschaftlichem Kontakt. 

Was unterscheidet Luzinha von anderen Anbietern? Was ist das Besondere an eurem Geschäftsmodell?
Das Besondere ist, dass Luzinha es kleinen Bio-Produzenten in Portugal ermöglicht, ihre Produkte in Deutschland zu verkaufen. Und, dass deutsche Kunden portugiesische Bioprodukte bekommen, die sie sonst nicht kriegen könnten. Wir haben wirklich phantastische Produkte, die eine wundervolle Qualität haben.

Du kannst es ruhig zugeben: Wenn ich dich reden höre, würdest du das ganze Obst und Gemüse am liebsten alleine essen…
Ich suche alles danach aus, was ich selber gerne hätte. Und wenn ich das denn gefunden habe, kommt es in den Shop.

Glücklich und traurig zugleich also?
Ich bestelle immer genug. Für mich bleibt immer etwas übrig.

Kiste von Luzinha: Jeden Monat ein bisschen anders: der Südfrüchte-Mix

Jeden Monat ein bisschen anders: der Südfrüchte-Mix · © Thomas Hirschmann

Merkst du, dass die BerlinerInnen mehr Geld für Energie, Benzin und Grundnahrungsmittel ausgeben müssen?
Ich hoffe, dass meine Kunden nicht primär beim Essen sparen. Ich glaube, den meisten ist bewusst, dass, wenn es hier schwieriger wird, es in Portugal auch nicht einfacher ist. Man sollte die Unterstützung für die Produzenten nicht einstellen, nur weil die Situation hier gerade etwas schwieriger wird. 

Gibt es Wünsche für die Zukunft oder einen Geschäftsplan für die nächsten Jahre?
Ich möchte, dass Luzinha weiter gesund wächst, ­damit alle Beteiligten mitkommen und keiner abgehängt wird. Wir haben großartige Produzenten und einen Spediteur, der mindestens einmal im Monat von Portugal nach Berlin fährt. Jetzt können wir richtig loslegen und dafür sorgen, dass immer mehr Menschen mitbekommen, dass z. B. nachhaltig transportierte Bio-Avocados direkt vor unserer Haustüre wachsen. Ein Schritt nach dem anderen also. Wenn in Berlin und Potsdam irgendwann alle, die gerne Gemüse und Obst aus Portugal essen möchten, ihre Bestellungen kriegen, dann können wir auch gerne in Hamburg oder in Leipzig weitermachen. Aber bis das soweit ist, gibt es hier noch viel zu tun.

Foto vonThomas Hirschmann, Geschäftsführer der Berliner Firma LUZINHA

Thomas Hirschmann, Geschäftsführer der Berliner Firma LUZINHA · © Andreas Lahn

Thomas  Hirschmann ist 55 Jahre alt und lebt in Berlin. Der gelernte Fotograf hat 2019 die Firma Luzinha gegründet, um portugiesisches Bio-Obst und Bio-Gemüse nach Berlin zu bringen. Und auch, um portugiesischen ProduzentInnen das ganze Jahr über gleichbleibende Preise zu bieten, die ihnen eine existenz­sichernde Kalkulation ermöglichen.

Bestellungen über: https://www.luzinha.de

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