Hier wohnen Menschen: «Aqui mora gente!»

Die Party ist vorbei: Foto des Mülls im Bairro Alto (Lissabon

Die Party ist vorbei: Müll im Bairro Alto (Lissabon) · Foto: © Andreas Lahn

Hier wohnen Menschen! – «Aqui mora gente!»

Der Slogan »Aqui mora gente!» steht für den Protest gegen ausufernden Tourismus • von Andreas Lausen

Viele Portugiesen freuen sich über die von Jahr zu Jahr steigenden Besucherzahlen in Portugal. Überall im Land werden neue Hotels gebaut, Fluglinien, Taxen, Restaurants und Autovermieter machen gute Geschäfte. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist in diesem Bereich vergessen.
Aber es gibt auch eine Schattenseite des Touristenstroms, und in Lissabon, Porto und an der Algarve beginnen Menschen, sich dagegen zu wehren.
»Aqui mora gente!« Mit diesem Aufschrei protestieren die Leidtragenden des überbordenden Besucherstroms. In Lissabon und Porto wurden hunderte von Wohnungen »freigezogen« und werden jetzt an Urlauber aus dem Ausland vermietet. Bringt eine normal vermietete Wohnung 200 bis 300 Euro Monatsmiete, zahlen ausländische Gäste diesen Betrag für drei oder vier Tage – ein gutes Geschäft für die oft ausländischen Anbieter!
Für die Nachbarn besteht weniger Grund zur Freude: Ständiger Gästewechsel, Parties auf dem Balkon bis in die Morgenstunden, An- und Abreise zu nachtschlafender Zeit, freches Herausklingeln der portugiesischen Nachbarn um ein Uhr nachts: »We need some sugar for our coffee!«
Offenbar beherrschen manche Portugal-Besucher auch nicht die Regeln des Anstands: So landet z. B. der Müll im Treppenhaus und leere Flaschen werden geräuschvoll einfach vom Balkon geworfen. Dazu sieht es in einigen Hot Spots der Open-Air-Parties morgens verheerend aus: Müll, Scherben und Dreck verschandeln in Lissabon den Chiado, die Alfama, das Bairro Alto und die Party-Meile am Caís do Sodré. In Porto trifft es vorwiegend die Ribeira. Hauseingänge dienen als Toilette, Blumenkästen als Aschen­becher. Für viele Graffitis an den Hauswänden werden ausländische Gäste verantwortlich gemacht. Es ist für manchen Besucher wohl normal, sein »Tag« in Portugals Hauptstadt zu hinterlassen.
«Aqui mora gente» heißt die Protest­bewegung, mit der Portugiesen gegen die Auswüchse des modernen Massentourismus aufbegehren. Die Fotos der Missstände sind auf Facebook (https://pt-br.facebook.com/AquiMoraGente/) zu sehen und erzeugen bei manchem Portugal-Freund Übelkeit. Die ­Autoren legen aber Wert auf die Feststellung, dass ­natürlich auch Portugiesen an der Verursachung dieser Probleme beteiligt sind.
Erfolge gegen den Dumping-Tourismus − begünstigt durch Billigflüge über das Wochenende − sind so schnell nicht zu erwarten, denn auch Portugiesen verdienen daran. Politiker versprechen, für mehr Kontrollen und härtere Strafen der Randale-Touristen zu sorgen. Juntos conseguimos. Participe!

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