Schlagwort: Portugal

Der Palácio das Passagens in Vendas Novas

Foto vom Palácio das Passagens in Vendas Novas

Ein Königspalast für zwei Tage 
•  von Andreas Lausen

> Die portugiesische 12.000-Einwohner-Stadt Vendas Novas ist nicht gerade ein Magnet für Besucher. Zwar sind die hier beheimateten Bifanas (Brötchen mit Schnitzel) berühmt, aber sonst macht die Stadt zwischen Lissabon und Évora keinen attraktiven Eindruck. Und doch gibt es in Vendas Novas einen weitgehend unbekannten königlichen Palast, der für wenige Tage im Jahre 1729 im Mittelpunkt einer kuriosen Reise stand. Wie viele Bauwerke in Portugal ist er einer Laune des barocken Königs João V. entsprungen, der das Land von 1706 bis 1750 regierte.
João war eher ein friedfertiger Mensch. Er strebte nicht nach militärischen Großtaten wie viele seiner europäischen Kollegen. Seine Leidenschaft waren die Schönen Künste: Architektur, Musik, Bildhauerei, Malerei und die Bücher.
Nach dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges 1714 wollte er die jahrhunderte­alte Feindschaft mit den spanischen Nachbarn beenden. Die kluge Heirats­politik seiner österreichischen Verwandten brachte João auf die Idee, zur neuen spanischen Bourbonen-Dynastie ehe­liche Bande zu knüpfen.
So verhandelten die Nachbarländer ausführlich über eine Doppelhochzeit: Die portugiesische Prinzessin Maria Bárbara sollte den spanischen Thronfolger Fernando (später König Fernando VI.) heiraten. Im Gegenzug wurde die spanische Infantin Mariana Vitória dem portugiesischen Thronfolger José versprochen. 1723 wurde das Heiratsversprechen feierlich abgelegt, obwohl Fernando erst neun und Maria Bárbara erst zwölf Jahre alt waren. Mariana war eigentlich bereits dem französischen Thronfolger zugesagt und hatte schon einige Jahre in Versailles gelebt, aber inzwischen war den spanischen Bourbonen die Hochzeit mit dem portugiesischen Thronfolger wichtiger. Die Unterhändler verhandelten ausführlich über den Austausch der Prinzessinnen, der auf den 19. Januar 1729 festgelegt wurde.
Als Ort der Feierlichkeiten wurde der kleine Grenzfluss Caia zwischen Elvas und Badajoz ausgesucht. Hier sollte ein stabiles hölzernes Brückenbauwerk errichtet werden mit einem Saal auf portugiesischer, einem auf spanischer Seite und einem Saal über der Flussmitte. Nun galt es, für die portugiesische Delegation standesgemäße Quartiere zu finden. Von Évora bis Elvas standen genügend Unterkünfte zur Verfügung, aber zwischen Lissabon und Évora fand sich nichts.
1727 rief João die Architekten zu sich, die seit bereits zehn Jahren am Palast von Mafra arbeiteten. Dem deutschstämmigen João Frederico Ludovice, seinem Sohn Pedro und dem Portugiesen Custódio Vieira schwante nichts Gutes. Seit Jahren forderte der König von ihnen mehr Anstrengungen, um den Bau in Mafra zu beschleunigen. Und jetzt verlangte der Magnânimo (der Großherzige) den Bau eines weiteren Palastes in Vendas Novas, um dort auf der Reise zur spanischen Grenze ein standesgemäßes Quartier vorzufinden!
Innerhalb eines Jahres sollte der Bau fertig sein, in den Maßen von 70 mal 70 Metern. Die drei Architekten wagten den Widerspruch. Schon in Mafra fehlten Arbeiter, Künstler und Geld − wie sollte dann noch ein Schloss fertig werden? Der König wischte alle Bedenken vom Tisch. Sein einziges Zugeständnis war: Ein tatkräftiger Offizier (Coronél José de Silva Pais e Vasconcelos) sollte für genügend Arbeiter und Geld sorgen. Dieser schickte Greiftrupps durch das Land, um Arbeiter für die Bauten anzuwerben, was oft nur mit Gewalt gelang.
Im Jahre 1728 arbeiteten 45.000 Männer in Mafra und 2.000 in Vendas Novas, um die Bauwut ihres Königs zu befriedigen. In Brasilien wurden mehr Zölle und Steuern eingetrieben, und unter Leitung von Custódio Vieira wurde Vendas Novas tatsächlich schon in neun Monaten fertig.
So konnten sich João V. und seine öster­reichische Gemahlin Maria Ana mit Sohn und Tochter am 9. Januar 1729 von Lissabon auf den Weg machen. 185 prächtige Kutschen umfasste die Kolonne − einige davon stehen heute im Kutschenmuseum in Belém − dazu hunderte Plan­wagen und Karren, begleitet von 7.000 Soldaten, 3000 Dienern, einem Orchester, 222 Köchen, Adligen, Bischöfen, Priestern und Handwerkern. Pauken und Trompeten kündigten die königliche Karawane an, die durch die stillen Dörfer des Alentejo lärmte. Und wenn der König gute Laune hatte, griff er in die Truhe zu seinen ­Füßen und warf ein paar Hände voll Münzen unters Volk.
Trotz Kälte und Regen sowie zahlreicher Achsbrüche kam man termin­gemäß im neuen Palast von Vendas Novas an. Portugals Nobelpreisträger für Literatur José Saramago beschreibt die Reise eindrücklich in seinem Buch »Das Memorial«. Der Palast war prächtig ausgestattet und geschmückt. Nach der Übernachtung ging es über Èvora weiter nach ­Elvas.
Am 19.Januar 1729 trafen sich die Delegationen beider Königreiche in dem hölzernen Bauwerk über dem Grenzfluss. Zum ersten Mal begegneten sich hier die eingeschüchterten Brautpaare. Die Zeremonie erinnerte eher an den Austausch von Geiseln («Troca das princesas») als an eine fröhliche Feier. Beide Prinzessinnen sahen ihre Heimat nie wieder.
Politisch war die so besiegelte Freundschaft nicht von langer Dauer. Schon 1734 forderte Spanien den Abzug der Portugiesen vom Rio de la Plata und griff die Kolonie Sacramento im heutigen Uru­guay an.
Auch auf der Rückfahrt von Elvas machte die königliche Familie wieder in Vendas Novas Station. Danach residierte nie wieder ein König in diesem Palast, der den Namen «das Passagens» erhielt − »Palast der Durchreisen«. Nach langem Leerstand wurde der Palast schließlich als Seuchenspital genutzt. Als 1857 direkt hinter dem Palast die Eisenbahnlinie Barreiro—Évora gebaut wurde, fand der Palast eine gänzlich andere Verwendung. Der Gleisanschluss machte den schnellen Transport von Geschützen möglich, und so residiert hier seit 1861 die Escola ­Prá­tica de Artilharía.
Eine reguläre Besichtigung des mili­tärisch genutzten Gebäudes ist nicht ­vorgesehen. Trotzdem können Sie den Wachtposten am Tor danach fragen. Wenn der Dienstplan es erlaubt, führt ­Sie ein fachkundiger Soldat durch einige Räume und zeigt Ihnen auch die an­sprechende Kapelle mit sehr schönen weiß-blauen Azulejos. Sie sehen dann ­einige der königlichen Wohnräume mit ­Deckengemälden und den Lichthof mit gusseisernen Säulen. Auch die «Sala dos Tedescos» ist heute noch beeindruckend.
Und wenn Sie mögen, können Sie anschließend in einem Restaurant in Vendas Novas die berühmten Bifanas probieren.

Naturpark Ria Formosa am Algarve (Portugal)

Blick über den Lagunenstrand von Ria Formosa (Algarve)

Blick über den Lagunenstrand von Ria Formosa (Algarve) · © Catrin George Ponciano

Über die Zukunft des Naturparks Ria Formosa (Algarve)

Löst Natur-Tourismus die Probleme von immer mehr TouristInnen? · von Catrin George Ponciano

Das Archipel Ria Formosa an der Ostalgarve vereint das Meer mit der Erde, bietet Flora und Fauna einen einzigartigen Lebensraum und den Menschen eine solide Lebensgrundlage und neue berufliche Chancen. Früh am Morgen schimmert das sich seicht ins Meer ausstreckende Archipel im Sotavento milchig trüb, gletscherfarben im Dunst der sich davonstehlenden Nacht. Mittags leuchtet es unendlich tintenblau, im Licht der Nachmittagssonne schilfgrün, am Abend gülden orange. Eine milde Brise kräuselt die Oberfläche. Die Ruhe der Natur ist spürbar zum Greifen nahe: ein kleines Paradies! Vielleicht meinte António Aleixo, der Heimatdichter der Algarve, deshalb einst: »Wer hier stirbt, lebt weiter.«
1987 zum Naturpark erhoben, breitet sich das Wasserschutzgebiet im Ria Formosa-Archipel etwa 60 Kilometer entlang der Küste auf einer Gesamtfläche von 18.400 Hektar aus. Zweimal täglich schwemmt der Atlantik Meerwasser in die Lagune hinein und hinaus, gibt so die grazile Unterwasserwelt für wenige Stunden frei.
Die markant geformte Dünen-Barriere verläuft ab Faro durch fünf Landkreise, beginnend westlich von Faro im Landkreis Loulé, vorbei an Olhão und Tavira gen Osten bis an die Landkreisgrenze Tavira/Vila Real de Santo António in Cacela Velha, und schützt die Küste vor Erosion durch Meeresströmung und Wind.
Bereits beim Landeanflug auf Faro bietet die Ria einen imposanten Anblick, am Boden gewährt der Naturpark dann ­unterwegs zu Fuß bemerkenswerte Einblicke in die Biodiversität, zum Beispiel auf einem Spaziergang im eigens angelegten Parque da Reserva Natural da Ria Formosa in der Nähe des Campingplatzes von Olhão, wo Besucher auf einem eigens markierten Naturlehrpfad an Salinen vorbei zu einer noch intakten Gezeitenmühle gelangen, durch schattigen Kiefernwald wandeln und auf römische Salzbecken sowie im Schilf verborgene Vogelbeobachtungsposten stoßen.
Um den Naturpark auf eigene Faust zu Wasser zu erkunden, eignet sich die regelmäßig vom Kai in Olhão verkehrende Fähre zu den Inseln Armona, Farol, Deserta oder Culatra, und die in Tavira zu den Düneninseln Cabanas oder Ilha de Tavira. Vorne am Bug der Fähre stehend, die Nase im Wind, gewinnt man rasch Abstand zum Urlaubertrubel in den Touristenhochburgen.
Authentische Mee(h)r Einblicke in die fragile Flora und Fauna des Archipels schenkt ein privat gebuchter, mehrstündiger Bootsausflug. »Am besten bei Ebbe«, sagt João Sabino, Bootseigner, Skipper, und Betreiber des Naturtourismus Unternehmens »Sabino Boattours« in Olhão. »Denn erst, wenn sich das Meer zurückzieht, wird unser Paradies wirklich sichtbar und ich kann euch sogar das Leben am Meeresboden zeigen, wenn wir durch noch völlig unberührtes Marschland steuern«, lächelt er. Der Sohn einer Fischerfamilie geht dem Geschäft am Arbeitsplatz Meer seit seinem zwölften Lebensjahr nach. João weiß genau, wo es die besten Krebse gibt, wo die größten Lagunenherzmuscheln »wachsen« oder die fleischigsten Herzmuscheln im Sand verborgen liegen, denn er hat als Muschelbauer gearbeitet, bevor er sein Unternehmen gründete. Der Kapitän kennt die Verstecke der ­Seepferdchen-Kolonien und jeden Priel zwischen den Inseln. Unterwegs zeigt João seinen Gästen die spannendsten Stellen zum Schnorcheln oder wo Löffler nisten. Gewusst wie, sammelt er Seesterne, Seeigel und Seegurken zum Anschauen und hinterher wieder ins Wasser entlassen. Seinen Erfahrungsschatz über das bio-kosmische Zusammenspiel in »seiner« Ria vermittelt er spielerisch und mit großer Hingabe zum Detail, sammelt ganz nebenbei jeden Tag Plastikmüll aus dem Meer, während er sein komfortabel ausgestattetes Boot mit einer Hand souverän durch die mäandernde Lagune steuert.
»Wichtig für sauberes Wasser in der Lagune sind die Salz-Schlickgras-Weiden«, erklärt er. Die Halme heißen Spartina ­anglica. Sie wachsen moosgrün störrisch kräftig dicht an dicht am Meeresboden und wandeln Monoxid mittels Photosynthese in Sauerstoff um. In diesen Seegrasweiden fühlt sich der Mini-Dinosaurier Cavalo Marinho ganz besonders wohl. Der knorpelig possierliche See­pferdchen Jurassic-Geselle hat hier in der Ria keine natürlichen Feinde, pflanzt sich gefahrlos fort und zählt mit der hiesig heimischen Population zu den größten Seepferdchen-Kolonien der Welt.
Heutzutage hat das biologische Gleichgewicht in der Lagune eine andere Priorität als früher. Die Fischergemeinschaft hat erkannt, dass sie ihre Ria nicht grenzenlos ausbeuten kann, sondern mit sensibel durchdachten Projekten die Umwelt schonen muss, um auch künftig von den Ressourcen ihrer Ria profitieren zu können. Dazu zählen zum Beispiel Kinderstuben und Aufzucht-Sandbänke für Schaltiere und Austern, sowie streng kontrollierte Schonzeiten für gewisse Muschelsorten und Fischarten, damit sich ihr Bestand nicht weiter dezimiert, sondern behutsam erholt. Bereits die Phönizier wussten sich die natürliche Kraft der Gezeiten zunutze zu machen und legten Meersalz-Salinen an, die den Salzbauern bis heute das begehrte weiße Gold nachhaltig bescheren. Die Römer bauten die weiterverarbeitende Indus­trie sowohl für Fischpasteten auf als auch für den begehrten Meeresschinken Muxama vom Thunfischfilet. Ansässige Fischer entwickelten spezielle Fischfallen für den Thunfischfang, Muschelbauern legten Muschelfelder für Schaltiere an. Somit sorgen die endogenen Ressourcen seit über 2500 Jahren für solide Einkommensquellen. Mit dem neuen Markt-­Sujet Naturtourismus bietet die Ria ­Formosa berufliche Alternativen zum ­Fischfang und jungen Salzbauern völlig neue Zukunfts-Perspektiven, so dass sie nicht abwandern müssen. Dank aktiv umwelt­orientierten Unternehmern wie João ­Sabino wird auch der Blick des ­Besuchers für die fragile Biodiversität sensibilisiert. Sie tragen als Kunden dazu bei, dass die historisch begründete ­Lebensform im Archipel erhalten wird und das Paradies paradiesisch bleibt.

TIPPS
Sabino Boattours – Naturtourismus Ria Formosa:

www.sabinoboattours.com/en/

Spazierwege-Beschreibungen mit Karte finden Sie hier:
www2.icnf.pt/portal/turnatur/visit-ap/pn/pnrf

Parque da Reserva Natural da Ria Formosa
www.olhao.web.pt/parquenatural.htm

Denkmal für die Opfer des Kolonialismus

Die Schattenseite der Entdeckungen

Für die Opfer des portugiesischen Kolonialismus soll es endlich ein Denkmal geben · von Vasco Esteves

Ich bin als Flüchtling nach Deutschland gekommen, weil ich mich weigerte, an den Kriegen Portugals gegen die Befreiungsbewegungen in »unseren« Kolonien in Afrika teilzunehmen …
In Portugal gibt es viele Denkmäler für Kriegsopfer. Mich hat immer gestört, dass es dort kein Denkmal für die Opfer der eigenen Diktatur gibt und − noch schlimmer − für die afrikanischen Opfer unserer Kolonialkriege: ein unverzeihliches Manko angesichts des unendlichen Leidens der schwarzen Bevölkerung unter portugiesischer Herrschaft!
Portugal hat nicht nur die Afrikaner in ihrer Entwicklung gebremst und ausgebeutet, sondern sie auch in ihrer Würde verletzt und oft mit Gewalt bekämpft − militärisch oder durch Sklaverei. Zwischen 1501 und 1866 sind ungefähr 12,5 Millionen Sklaven von Afrika nach Amerika verschifft worden. Die Hälfte davon wurde von Portugiesen nach Brasilien gebracht! Portugal beschäftigte sogar Sklaven als Handwerker, Fischer oder Bauern auf dem eigenen Festland!
In diesem Jahr wird in Lissabon endlich ein Denkmal für die Opfer der Sklaverei und des Rassismus errichtet. Leider nicht ganz freiwillig und offiziell, sondern auf Initiative des Vereins DJASS, der Afrodeszendenten in Portugal, mit Unterstützung der Lissaboner.
Beatriz Gomes Dias, Vorsitzende des DJASS-Vereins: »Mit diesem Denkmal wollen wir einen Dialog eröffnen und unbekannte Geschichten erzählen. Es ist wichtig anzuerkennen, dass der Glanz Portugals zum größten Teil dem Sklavenhandel zu verdanken ist.«
Das Denkmal soll nun auf dem Platz »Ribeira das Naus« gleich neben der »Praça do Comércio« in Lissabon errichtet werden, genau dort, wo damals der Hauptsklavenmarkt Lissabons war.
Schwarze Sklaven in Lissabon: Anhand der folgenden drei Beispiele soll gezeigt werden, dass die Afrikaner schon immer gegen die Fremdherrschaft der Portugiesen gekämpft haben und sich dabei oft heldenhaft verhalten haben.

Nzinga Mbandi
Die angolanische Königin Nzinga Mbandi bot schon im 17. Jahrhundert der Kolonialmacht Portugals die Stirn. Sie lebte von 1583 bis 1663 im heutigen Angola. Das war am Anfang der portugiesischen ­Kolonisierung, in einer Zeit, in der das Geschäft mit der Sklaverei aufblühte… Angefangen hat Nzinga Mbandi als Diplomatin. Sie war bekannt für ihren Stolz und verhandelte immer auf Augenhöhe mit den Portugiesen. 1623 bestieg sie für 40 Jahre den Thron des Ndongo-Königreiches und wurde gleichzeitig Führerin und Mitkämpferin der Armee, die Widerstand gegen die Besatzer leistete. Ein Friedensvertrag, den Mbandi 1622 mit den portugiesischen Machthabern ausgehandelt hatte, wurde kurz danach von den Portugiesen gebrochen, weswegen sie sich mit den Holländern gegen die Portugiesen verbündete.
In ihren Methoden war sie manchmal skrupellos und handelte teilweise selbst mit Sklaven. Nzinga Mbandi konnte portugiesisch sprechen, lesen und schreiben und beherrschte auch mehrere native Sprachen.
Die UNESCO hat (allerdings nur auf Portugiesisch und Englisch, nicht auf Deutsch) eine PDF-Datei mit der Geschichte dieser angolanischen Königin in Zeichentrick-Format herausgebracht: Download unter http://unesdoc.unesco.org/images/0023/002309/230931por.pdf

Ngungunhane
Der Bantukönig Ngungunhane führte im 19. Jahrhundert das zweitgrößte afrikanische Imperium. Auf Wikipedia steht über ihn: »Er war von 1885 bis 1895 König von Gaza, dem letzten großen, unabhängigen Bantu-Königreich im heutigen ­Mosambik. Erst ein Vasall des portugiesischen Königs, rebellierte er später ­gegen die portugiesische Obrigkeit«. Ngungunhane war Führer des zweitgrößten afrikanischen Imperiums im 19. Jahrhundert in Afrika, also kein kleiner oder unbekannter Stammesführer!
Er hatte einen Pakt mit den Portugiesen geschlossen, fiel aber in Ungnade, als er anderen afrikanischen Stämmen, die gegen die Portugiesen rebelliert haben, Schutz gewährte. Die portugiesische Kolonialmacht schickte Truppen gegen ihm. Er verlor mehrere Schlachten und suchte schließlich Zuflucht in seiner eigenen heiligen Stadt »Chaimite«, wo er von den Portugiesen festgenommen wurde. Weil er aber in Europa schon sehr bekannt war, wurde er nicht − wie in solchen Fällen üblich − einfach erschossen, sondern zuerst nach Lissabon gebracht, wo man ihn auf demütigende Weise als »Trophäe« präsentierte: Er wurde in einem Käfig durch Lissabon gekarrt und später im botanischen Garten von Belém wie in einem Zoo ausgestellt. Danach brachte man ihn auf die Azoren-Inseln ins Exil, wo er 1906 starb. 1985, zehn Jahre nach der Unabhängigkeit Mosambiks, wurde Ngungunhanes Leichnam endlich nach Mosambik gebracht, wo er als Held empfangen wurde.
Ich erinnere mich noch, dass in den Geschichtsbüchern zu meiner Kindheit in Portugal Ngungunhane als Beispiel aufgeführt wurde, wie die Portugiesen die »wilden« Afrikaner »domestizierten«, das heißt: mit vielen Toten und »militärischen Erfolgen«, um so die Überlegenheit der »weißen Rasse« zu demonstrieren. Und gleichzeitig predigte uns die Katholische Kirche in Portugal damals, dass alle Menschen, egal von welcher Farbe, vor Gott gleich seien!

Amílcar Cabral
Amílcar Cabral war der wahre Vater der Unabhängigkeit von Guinea-Bissau und den Kapverden. Er war ein Agrarwissenschaftler aus Guinea-Bissau, der später zum Unabhängigkeitskämpfer und charismatischen Führer der PAICG (Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Kap Verde) wurde. Er war auch populär als Dichter und Theoretiker der Entkolonialisierung. Er veröffentlichte mehrere Schriften, die sogar ich damals als oppositioneller Student in Portugal mit Begeisterung gelesen habe: Als »portugiesischer Frantz Fanon«, plädierte er für Blockfreiheit und bekam auf der internationalen Bühne viel Anerkennung. Er war Mitglied in der Sozialistischen Internationale und befreundet mit wichtigen Sozialisten aus Europa wie Olof Palme oder Francois Mitterand).
Ein Zitat von Amílcar Cabral: »Wenn in Portugal ein Regime herrschen würde, das bereit wäre, die Zukunft und den Wohlstand des portugiesischen und auch unseres Volkes gleichberechtigt aufzubauen, also in absoluter Gleichheit, das heißt wo zum Beispiel der Staatspräsident auch aus Guinea oder Kap-Verde stammen könnte, und dasselbe für alle andere staatlichen Stellen gelten würde, dann gäbe es für uns keine Notwendigkeit, für Unabhängigkeit zu kämpfen. Wir wären nämlich alle schon unabhängig, und das sogar in einem aus historischer Perspektive viel größeren und vielleicht effektiveren menschlichen Rahmen.«
Er wurde 1973 in Guinea-Conakry im Rahmen eines misslungenen Putsches innerhalb der PAIGC ermordet. Man vermutet die Auftraggeber hinter diesem Mord aber in der portugiesischen Geheimpolizei PIDE. Trotzdem war der Befreiungskampf in Guinea-Bissau schon damals so weit fortgeschritten, dass das Land noch im gleichen Jahr seine Unabhängigkeit von Portugal erklärte!
Schlusswort: Die Nelkenrevolution am 25. April 1974, welche den Portugiesen wieder Freiheit und Demokratie brachte, ist gewissermaßen auch in den portugiesischen Kolonien entstanden, weil die ­afrikanischen Völker sich erfolgreich gegen den portugiesischen Kolonialismus und Faschismus gewehrt haben. Deswegen bin ich meinen afrikanischen Brüdern für immer dankbar: Sie haben nicht nur für ihre eigene Freiheit, sondern auch für unsere gekämpft!

VASCO ESTEVES kommt 1969 aus politischen Gründen von Portugal nach Deutschland. Als Mathematiker arbeitet er 30 Jahre in der IT-Industrie im Rhein-Main-Gebiet. Ab 2007 fängt er eine zweite Laufbahn als Theaterschauspieler an. Seit 2009 lebt er in Berlin und ist Mitglied der DPG. Seine damalige Flucht nach Deutschland hat sein Leben komplett verändert − und ist Motivation für diesen Artikel.

INFORMATIONEN
https://lisboaafricana.com/tag/djass-associacao-de-afrodescendentes/ https://www.facebook.com/­memorialescravatura/

Catrin George Ponciano: 111 Orte am Algarve

Buch-Cover 111 Orte an der Algarve · © Emons Verlag

Buch-Cover 111 Orte an der Algarve · © Emons Verlag

111 Orte am Algarve

Anmerkungen zu Catrin George Poncianos Buch über interessante Orte am Algarve · von Andreas Lahn

Keine Angst: Sie müssen nicht 111 Orte angucken, um den Algarve zu verstehen! Alle von Catrin George Ponciano vorgestellten Orte sind speziell, zum Teil skurril − und deshalb nur für Menschen mit Vorlieben für das Besondere interessant. Wer keine Bücher mag, wird nicht nach Aljezur fahren, um sich die wundervolle Bücherei von Berenike Jacob anzusehen. Alle anderen werden begeistert sein und gerne in den deutsch- und portugiesischsprachigen Büchern stöbern. Hier gibt es Infos, Internet, Lesungen, Vorträge etc. und deshalb ist die Bücherei »eine Stätte der Begegnung zwischen Büchern, Menschen und Sprachen«, wie Berenike Jacob es treffend auf den Punkt bringt.
Wollen Sie wissen, wo »romantische Kreisverkehre« sind, warum es die Santa-Casa-Lotterie gibt, was es mit der Knochenkapelle in Alcantarilha auf sich hat, wo die Eselsfarm, das Goldgras-Dorf und der Gockelstein sind, dann stöbern Sie in diesem kurzweiligen Buch.
Das Konzept dieser Buchreihe ist immer gleich: Auf der linken Seite steht der Text und auf der rechten sind ein großes Foto, Adresse, Anfahrt und Tipps. Sie müssen das Buch nicht von vorne bis hinten lesen, sondern können sich jeweils auf die Orte konzentrieren, in deren Nähe Sie sich gerade aufhalten. So lassen sich spontane Besuche realisieren. Wenn Sie zum Beispiel nach Monchique wollen und sich für Algen interessieren, planen Sie kurzfristig einen Besuch der Spiru­lina-­Farm ein. Das geht auch mit dem Obelisk in Faro, den Rittern aus Stahl in Castro Marim und den Petence-Spielfeldern in Fuseta. Sie mögen Skurriles? Na, dann nichts wie los zum Dorf der Henker.
Es gibt viele Artikel aus der Geschichte des Algarve, zum Anfassen sozusagen. Manches ist bloßes Wissen oder mittlerweile auch bereits Geschichte wie zum Beispiel die alten Sardinen-Fabriken in Portimão, anderes erzählt die Herkunft wie die Geschichte zur versteinerten ­Träne, dem »Pedra Mourinha«, einem riesigen Felsen, der wie eine Träne aussieht. Am Algarve tauchen häufig Namen auf, die auf alten Traditionen beruhen. So auch die Geschichte zum Namen von Olhos de Água, eines Strandes, der östlich von Albufeira liegt: »Ganz vorn am Ende der Felsenwiese blubbert Wasser aus dem Sand empor. Das sieht aus, als hätte das Meer Augen, die weinen, und deswegen heißt der Strand Olhos de Água − Meer-­Augen.« (S. 18)
Wenn Sie sich für die Eigenarten des Algarve interessieren, werden Sie zum Beispiel im Artikel über die Korkfabrik von São Brás de Alportel fündig. Schließlich wird seit über 2000 Jahren mit Kork gehandelt. Und Kork ist nicht nur auf Weinflaschen zu finden, sondern ist ­sowohl wertvoller Baustoff als auch Material für exklusive Mode-Accessoires wie Handtaschen, Portemonnaies, Regenschirme etc. Auf einem geführten Rundgang durch die Fabrik »Novacortiça« erfahren Sie alles Wissenswerte zum Kork. Und auch ein Hinweis auf den »Rota Cortiça« ist als Tipp vorhanden.
Haben Sie schon von der Süßkartoffel »Batata Doce« gehört? Die aus Brasilien eingeführte Kartoffel wächst in der Umgebung von Rogil blendend und passt perfekt zu etlichen Gerichten. Sie möchten probieren, aber nicht lange suchen? Dann vertrauen Sie der Autorin und testen Sie das empfohlene Süßkartoffel-Restaurant.
Wie vielfältig dieses Buch ist, zeigt auch die Geschichte zu Álvaro de Campos. »Das ist doch eines von Fernando Pessoa verwendeten Heteronymen«, werden Sie jetzt vermutlich denken. Und das stimmt auch. Doch es gibt auch in Tavira eine Bibliothek, die diesen Namen trägt: Casa Álvaro de Campos. Warum das so ist, steht auf Seite 216 des Buches von Catrin ­George Ponciano.
Ich möchte dieses kurzweilige Buch allen Algarve-LiebhaberInnen empfehlen. Stürzen Sie sich auf die spannenden Geschichten und freuen Sie sich auf Orte, die Sie ohne die Fleißarbeit der Autorin vermutlich nie kennengelernt hätten.

111 Orte an der Algarve, die man gesehen haben muss
mit zahlreichen Fotos · Emons Verlag, Köln · ISBN 978740803629 · 240 Seiten · 16,95 €

Lesungen mit Catrin George Ponciano

ALBUFEIRA-GALÉ
20.12.2018, 16 Uhr
Moderation: Georg Franzky Cabral
Hapimag-Resort, Lounge Bar
Rua da Torre Velha
Albufeira
Eintritt frei; Nicht-Hotelgäste willkommen
Info und Anmeldung: 00351-969052712
E-Mail: catringeorge@yahoo.de
Weitere Informationen

Koch aus Leidenschaft: Interview mit Luis Ehlert

 

Foto von Luis Ehlert (»Insider Cooking«)

Luis Ehlert von »Insider Cooking« · Foto © Yara Ehlert

»Kochen ist meine Leidenschaft!«

Luis Ehlert über die portugiesische Küche, seine Kochkurse in Penedo und was er weder kochen noch essen mag • Fragen von Andreas Lahn

Hallo Luis, wie findest du ein Restaurant, wenn du auf Reisen bist und Hunger hast: Gehst du in das erstbeste, auch auf die Gefahr hin, enttäuscht zu werden?
Luis Ehlert: Nein, ich habe das Glück, dass meine Frau sich vorher erkundigt und gute Restaurants an der Strecke bucht. 

Das ist ja clever. Aber weißt du immer schon vorher, wo es lang geht?
Es ist selten der Fall, dass wir nicht vorher wissen, wo es hingeht. Wir waren zum Beispiel gerade in Aveiro. Da haben wir uns auch vorher erkundigt und sind nicht enttäuscht worden. Das war super!

Da kommt die Leidenschaft des Kochens voll zur Geltung. Wenn man ein bestimmtes Niveau erreicht hat, möchte man im Restaurant keine negativen Erfahrungen mehr machen?
Ja, genau! Weil wir nicht enttäuscht werden wollen, informieren wir uns vorab.

Du betreibst die Firma »Insider Cooking« zusammen mit deiner Frau Regina. Ihr bietet Kochkurse auf eurem Grundstück in Penedo an. Was wird da gekocht?
Da werden in erster Linie portugiesische Gerichte gekocht. Die Kurse sind ein Projekt der traditionellen, aber auch der zeitgenössischen Küche. Darüber hinaus habe ich die Ehre, immer mal wieder Gastköche einzuladen zu können, die nicht unbedingt portugiesisch kochen müssen. Sie kochen vielmehr das, was sie können und wollen. Das ist in der Regel zumindest portugiesisch angehaucht, weil viele Chefs auch in Portugal wohnen und sich mit dem Land verbunden fühlen. Im Mai bieten wir zum Beispiel einen Kochkurs zur iranischen Küche an, weil eine Freundin von mir Iranerin ist und vorzüglich kocht. Ein anderer Freund ist Brasilianer und kocht auch sehr gut. Das sind aber eher die Ausnahmen.

Was sind das für Leute, die an den Kochkursen teilnehmen?
Wir bieten die Kurse seit 2011 an. Die TeilnehmerInnen lassen sich in keine Schubladen stecken Da kommen ganz unterschiedliche Leute zusammen. Unsere Kochkurse sind für Einheimische und auch für Touristen. Wichtig ist das Ambiente. Wenn du aus Lissabon kommst, fährst du 40 Minuten und bist auf dem Land. Hier tauchst du in dieses pittoreske Dorf Penedo mit Blick aufs Meer in eine ganz andere Welt ein. Wir haben zwei Typen von Kochkursen. Zu den einen wird individuell eingeladen. Die anderen werden im Internet angekündigt und sind öffentlich. Daraufhin melden sich viele Leute unterschiedlicher Nationalitäten an, die zum großen Teil hier in der Gegend wohnen. In den Kursen sprechen wir portugiesisch, englisch und deutsch. Auch die Rezepte gibt es in diesen drei Sprachen. Über die Jahre hat sich ein Stammpublikum entwickelt. Es gibt sogar einige Menschen, die zu fast jedem Kochkurs kommen − unabhängig davon, was gekocht wird. Letztlich geht es ja nicht nur um das Kochen und Genießen. Ein Kochkurs ist quasi ein gesellschaftliches ­Ereignis, bei dem man in entspannter ­Atmosphäre viele Leute kennenlernt − auch aus anderen Ländern −, so dass interessante ­Gespräche geführt werden können.

Du legst Wert auf regionale Produkte und Weine aus der Gegend. Wie funktioniert das in der Praxis?
Bei Weinen aus der Gegend muss ich eine Einschränkung machen. Colares-Weine sind sehr spezielle Weine. Wir legen uns nicht so fest und denken landesweit. Portugal ist ja ein eher kleines Land. Wir haben Alentejo-Weine, aber auch welche aus dem Douro oder Dão. Ich lade auch mal ein Weingut ein, damit sie ihre Weine vorstellen können. Da möchte ich mich nicht festlegen. Portugiesische Produkte ja, aber für komplett regionale Produkte fehlt die Notwendigkeit. Portugal ist ein kleines Land.

In portugiesischen Restaurants lautet die erste Frage meistens Fisch oder Fleisch. Welche Rolle spielen vegetarische und vegane Gerichte in deinen Kursen und in der portugiesischen Küche insgesamt?
Das ist eine sehr gute Frage. Meine Töchter sind seit vielen Jahre Vegetarierinnen und jetzt Veganerinnen. Ich musste mich deshalb früher mit diesem Thema beschäftigen als mir lieb war. Ich habe auch schon Kochkurse mit vegetarischen Gerichten angeboten und dafür Köche eingeladen, die diese Herausforderung angenommen haben. Mittlerweile könnte ich es auch selber machen… Im Vergleich zu anderen Ländern hinken portugiesische Restaurants mindestens zehn Jahre hinterher. Es gibt bisher nur einige wenige Restaurants, die sich diesem Trend verschrieben haben.

Letztlich geht es ja nicht nur darum, was man anbietet, sondern darum, was die Gäste haben wollen. Wenn eine Gruppe von sechs Leuten zusammen essen geht, und zwei Personen wollen vegetarisch essen, dann wird kein Restaurant gewählt, das zu 99 Prozent Fisch und Fleisch anbietet. Das hat somit auch geschäftliche Gründe.
Du hast vollkommen Recht. Wir haben erst vor Kurzem einem Restaurant in Praia Grande die Empfehlung gegeben, zumindest ein vegetarisches und ein veganes Gericht anzubieten. Die haben diese Anregung gerne übernommen. Du musst dich diesem Markt stellen. Ansonsten kommen die Leute dort hin, essen quasi nur Beilagen und finden das nicht so witzig. Wenn ich ein Restaurant hätte, würde ich mindestens je zwei vegetarische und vegane Gerichte auf die Karte setzen.

Welche Gewürze sind typisch für die portugiesische Küche?
Knoblauch, Olivenöl, Koriander, Paprika, Oreganum, Petersilie, Minze, Piri Piri und Brunnenkresse. Zum Würzen ist Wurst sehr wichtig − in kleinen Stückchen, um den Speisen eine gewisse Geschmacksrichtung zu geben.

Du bietest zusammen mit anderen Veranstaltern kulinarische Reisen in portugiesische Regionen an. Im nächsten Jahr darüber hinaus sogar nach Marokko. Mit welchem Ziel?
Marokko hat mit der Kochbuch-Autorin Julie Stafford aus Australien zu tun, die auch die Veranstalterin ist. Sie hat zwei Workshops bei uns mitgemacht. Wir kamen ins Gespräch. Ich habe sie dann gebeten, eine kulinarische Reise zu organisieren und gleichzeitig auch eine Weinreise, was ja in einem muslimischen Land nicht so einfach ist. Mir macht es einfach Spaß, auch mal ins Nachbarland zu gehen. Warum nicht?

Haben diese Reisen Einfluss auf deine bestehenden Rezepte? Werden sie vielleicht zukünftig mit marokkanischen Gewürzen verfeinert?
Die habe ich schon Zuhause. Ich koche zum Beispiel einen Bacalhau bei Niedrig-Temperatur mit einem Kichererbsen-Püree. Da sind dann Kumin (geriebener Kreuzkümmel) drin und auch eine Gewürzmischung. Das kontrastiert wunderbar zum Bacalhau mit Olivenöl und Knoblauch. 

Wie wichtig sind Weine bei einem Essen in Portugal?
Ganz wichtig! Zumindest für mich und die meisten Portugiesen. Wir haben in Portugal bis zu 250 autochthonen Rebsorten, da kann man herrliche Cuvés draus machen. Das ist unsere Waffe gegen die weltweit angebauten Cabernet Sauvigons oder ­Syrahs. Rebsorten wie Touriga Nacional, Touriga Franca, Alfrocheiro etc. macht portugiesische Weine zu etwas Besonderem! Der Portugiese ist von Haus aus ein Genussmensch. Er isst nicht nur gerne, sondern er trinkt auch gerne seinen Wein. Wenn wir nicht soviel Wein selber trinken würden, könnten wir mehr davon exportieren. 

Wie seid ihr überhaupt nach Portugal und speziell nach Penedo gekommen? 
Das ist ganz einfach zu erklären. Ich bin in Lissabon geboren. Ich frage mich eher, wie ich nach Deutschland gekommen bin! Seit meinem achten Lebensjahr bin ich in der Gegend von Colares und Praia Grande aufgewachsen. Im Alter von 14 Jahren bin nach Deutschland gekommen und dort 20 Jahre geblieben. Ich frage mich heute wirklich, wie ich das geschafft habe. 1996 war die Saudade dann so groß, dass ich nach Portugal zurückgekehrt bin. Wir wohnen jetzt weiter oben auf dem Berg und schauen auf die Gegend, in der ich früher gewohnt habe. Kurz vor der Geburt meiner ersten Tochter bin ich mit meiner Frau Regina nach Portugal gezogen.

Du kannst dich glücklich schätzen, das Regina Lust hatte, mit dir nach Portugal zu gehen, oder?
Ja natürlich. Wenn sie keine Lust gehabt hätte, wäre das ein großes Problem ­gewesen. Aber dann müsste ich mich auch fragen, ob ich die richtige Frau kennengelernt habe. Wer Portugal nicht zu schätzen weiß …

Was denken die Portugiesen über die deutsche Küche? Gibt es Gerichte, die geschätzt werden?
Eisbein, deutsche Würste und Bier. Ich würde behaupten, dass die meisten Portugiesen nicht mehr aus der deutschen Küche kennen. 

Du bist Unternehmens- und Steuerberater von Beruf. Im Vergleich zum Kochen klingt das eher langweilig. Macht dir diese Arbeit noch Spaß?
In meinem Beruf arbeite ich, um Geld zu verdienen. Dem Kochen widme ich mich aus purer Leidenschaft. Das eine fordert den Kopf, das andere das Herz.

Welches ist dein Lieblingsessen? Wie oft kochst du es oder lässt du es dir kochen?
Ein richtiges Lieblingsessen habe ich in diesem Sinne gar nicht. Es gibt viele sehr gut schmeckende Gerichte. Ich habe letztlich deshalb angefangen zu kochen, weil ich außer gegrilltem Fisch oder Fleisch auch mal etwas Anderes essen wollte. Und das konnte ich in einem portugiesischen Restaurant nicht ohne Weiteres bekommen. Einen confierten Bacalhau zum Beispiel kriege ich besser hin als die meisten Restaurants.

Kocht ihr Zuhause getrennt oder auch mal zusammen?
Das ist unterschiedlich. Unter der Woche kocht meistens Regina, am Wochenende bin ich dann dran. Dazu werde ich quasi verdonnert. Natürlich kochen wir auch mal zusammen, bisweilen auch mit Freunden.

Gibt es Gerichte, die du nicht magst, die du nicht kochen kannst oder willst?
Ja, auf jeden Fall! Tripas à moda do Porto zum Beispiel. Damit kannst du mich ­jagen. Quasi alle Gerichte, die Innereien enthalten, esse ich nicht. Und weil ich sie nicht mag, macht es mir natürlich auch keinen Spaß, sie zu kochen. In China habe ich es beispielsweise auch nicht übers Herz gebracht, frittierte Kakerlaken zu essen.

Gibt es etwas, was du gar nicht kochen kannst?
Ich habe viele Kochbücher von Sterne­Köchen. Wenn du anfängst, die zu lesen, ist das Kochen einiger Gerichte derart aufwändig, dass es nicht zu bewältigen ist. Damit müsste ich mich intensiver ­beschäftigen als es meine Zeit häufig zulässt. Es ist wunderbar, diese beeindruckenden Bücher zu lesen, weil man sich daraus die eine oder andere Idee holen kann, um dann Teile daraus zu kochen. Das mache ich hin und wieder.

Letztlich muss es ja so sein, dass du die Gerichte, die du in den Kochkursen anbietest, etliche Male gekocht haben musst, damit auch alles klappt?
Ja, natürlich! Alles, was ich anbiete, kann ich aus dem effeff zubereiten. Sonst würde ich das gar nicht erst machen. Wenn ich koche, beschränke ich mich auf die portugiesische Küche und versuche, die eher traditionellen Gerichte in die heutige Zeit zu übertragen und sie dabei etwas leichter und bekömmlicher zu machen. Und wenn es geht, noch geschmackvoller, aber ohne dabei zu prätentiös zu sein. Das funktioniert prima!

LUIS EHLERT ist am 18.4.1961 in Lissabon geboren. Dort und in Penedo verbringt er seine Kindheit. Im Alter von 14 Jahren zieht die Familie nach Deutschland. 1996 kehrt er mit seiner schwangeren Frau Regina nach Portugal zurück. Er arbeitet als Steuer- und Unternehmensberater in Cascais. Auf seinem Grundstück in Penedo bietet er Kochkurse an. Hobbys sind Garten und Musik. Sein Lebensmotto lautet: »Verträume nicht das Leben, sondern lebe deine Träume!«
Luis Ehlert ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er liest am liebsten Kochbücher und mag den Film »Mission«. Seine Lieblingsfarbe ist grün.

KONTAKT:
E-Mail: luis.ehlert@insider-cooking.com
Website: www.insider-cooking.com

8. Mai 1944 in Alhandra: Marcha da Fome

Foto eines Wandbildes vom Marcha da Fome der Frauen aus Sacavem

Marcha da Fome der Frauen aus Sacavem

8. Mai 1944: Marcha da Fome von Alhandra nach Vila Franca de Xira

Frauen organisieren Hungermarsch gegen Salazar-Diktatur. Die anschließende Repression bringt viele zum Schweigen – einige für immer • von Catrin George

Die feministische Bewegung in Portugal erzählt viele mit Leid erfüllte Geschichten. Doch nur wenige Frauen sprechen über das, was mit ihnen wegen ihres Aufbegehrens vor der Nelkenrevolution passiert ist − oder sie schweigen für immer!
»Die einzige Gleichberechtigung, die Frauen zusteht, ist die Heirat. Alles andere ist unwürdig, Sünde und Schande«, proklamierte Fernando Castro Pires de Lima, treuer Gefolgsmann der Regierung 1932, die Rolle der Frau im »Estado Novo«. Bereits im Vorschulalter traten damals Mädchen der Portugiesischen Mädchen-­Jugend (MPF) bei, Kurzform für Mocidade Portuguesa Feminina, um sie auf das für sie vorgesehene Leben als Hausfrau, Mutter und Ehefrau vorzubereiten, sowie auf ihre nationale Pflicht, Gott, dem ­Vaterland und der Familie zu dienen. Während der Salazar-Regierung fand das Thema Gleichstellung grundsätzlich kein Gehör, und Frauen, die es wagten, ihre Meinung zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation öffentlich kundzutun − oder gar kritisch Stellung zu ­beziehen −, wurden umgehend bei der Geheim-Polizei PIDE denunziert. Ihre ­Namen wurden dann auf die schwarze Liste gesetzt. Stand ihr Name einmal auf dieser Liste, erlitt die gesamte Familie Repressalien. Das Gebot der Stunde lautete für Frauen deshalb, zu gehorchen und zu schweigen − beinahe ein halbes Jahrhundert lang.
Trotzdem organisierte sich weiblicher Widerstand in Alhandra, unweit von Vila Franca de Xira. Nordöstlich von Lissabon formierte sich gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine Gruppe Fabrikarbeiterinnen, um gegen die allgegenwärtige Hungersnot im Land zu protestieren. Grund für den Hunger im Volk waren keineswegs fehlende Erträge in der lokalen Landwirtschaft, sondern Salazars Export-Politik. Er verkaufte en gros Getreide, Fleisch und Konserven an das Deutsche Reich sowie an das faschistische Italien. Die Preise für Lebensmittel auf dem heimischen Markt stiegen ins Unermessliche. Niemand war mehr in der Lage, seine Familie zu ernähren.
Anfang Mai 1944 organisierten deswegen Bürgerinnen aus Alhandra einen groß angelegten Protestmarsch, der am 8. Mai 1944 als sogenannter Hungermarsch (Marcha da Fome) in die Ge­schichte einging. Die Arbeiter in den ­Zementfabriken Alhandras riefen den Generalstreik aus und marschierten ­gemeinsam mit den Frauen nach Vila Franca de Xira, wo sich Fabrikarbeiter, Büro-­Angestellte, Bauern, Handwerker, Fischer und Tagelöhner dem Marsch anschlossen. In sämtlichen Peripherien rund um die Hauptstadt legten die Arbeiter ihre Arbeit nieder und folgten dem Aufruf der Frauen aus ­Alhandra. Die Anführerinnen liefen an der Spitze und trugen schwarze selbstgenähte Fahnen mit der Aufschrift »Gebt uns Brot − wir hungern«.
In Lissabon wurde der überwiegend von Frauen angeführte Menschenstrom bereits von der Guarda Nacional da República erwartet. Warnschüsse zischten durch die Luft. Demonstranten wurden von den Polizisten zur Seite geschubst oder geschlagen, aber aufhalten konnten die Polizisten den Marsch nicht. Doch plötzlich und wie auf Kommando warfen sich Polizisten − wild um sich prügelnd − in die Menge. Gezielt schlugen sie Frauen nieder, die das Fahnenbanner hochhielten, und danach auch andere Frauen, die sich ihnen in den Weg stellten. Der bis dato friedliche Aufmarsch gerät außer Kontrolle: Hunderte Frauen wurden von Polizisten getreten und geschlagen, gingen wehrlos zu Boden und wurden reihenweise verhaftet.
«Es war furchtbar mit anzusehen, dass Menschen wegen ihres Hungers zu Kriminellen degradiert und für ihren leeren Magen körperlich gezüchtigt werden, obwohl jeder weiß, dass auf der anderen Seite der Stadt im Bahnhof Apolonia, Waggonladungen voll mit fett gefüttertem Schlachtvieh, Mais und Getreide auf den Transport nach Italien und Deutschland warten», hielten Augenzeugen ihre Beobachtungen fest.
Alle Anführerinnen des Hungermarsches wurden verhaftet und im Pide-­Hauptquartier in Caxias ins Gefängnis gesteckt, wo man sie vier Monate lang gefangenhielt und folterte. Im Grunde genommen hatte die Miliz gar kein Interesse an den Frauen. Sie misshandelten und verhörten sie, um die Namen mög­licher Separatisten aus ihnen heraus­zuprügeln. Paradoxerweise war aus ­Alhandra bis zum Hungermarsch am 8. Mai 1944 noch niemand aktiv in den wachsenden Widerstand gegen das Salazar-Regime involviert. Somit konnten die Frauen ihren Folterknechten gar nichts verraten. Ihre sinnlos erlittenen Qualen erschütterten damals alle Frauen in Portugal. Die einen zogen den Kopf noch ein Stück tiefer und schwiegen weiter, andere suchten einen Weg in den Untergrund und legten damit den Grundstein für organisierten Feminismus.
Zwar blieb ihr Kampf für Gleichstellung und Gleichbehandlung in der ­Öffentlichkeit bis zur Nelkenrevolution unbeachtet. Nachdem aber eine Gruppe Aktivistinnen 1976 die bis heute bestehende feministische Organisation UMAR (União de Mulheres Alternativa e Resposta) gründete und sich politisch für Frauenrechte engagiert, haben Feministinnen in Portugal eine Menge Verbesserungen für ihre Geschlechtsgenossinnen durchgesetzt. Das Thema Gleichstellung bleibt dennoch ein sozialer Streitpunkt, denn in Portugal und besonders in der Landbevölkerung herrscht nach wie vor die konservativ-­patriarchalische Familien­struktur, in der Frauen mit den typischen weiblichen Rollen-Attributen Ehefrau und Mutter abgestempelt und oftmals diskriminiert werden. Stetige Aufklärung seitens der Frauen-Bewegung trägt dazu bei, in der modernen Gesellschaft das Bewusstsein zu erweitern und Frauen als gleichberechtigt anzuerkennen. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und dem Schicksal etlicher Frauen, die der diktatorischen oder familiären Willkür des Salazar-Regimes ausgesetzt waren.
Dank Antónia Balsinha aus Alhandra und anderen Schriftstellerinnen bekommen weibliche Folteropfer und ihre Genossinnen endlich eine literarische Stimme, und die biografische Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels über die Unterdrückung der Frau im einstigen »Estado Novo« kommt voran. Welches Genre die Literatur auf diesem Sektor letztlich bedient, ist nicht ausschlaggebend, sondern allein die einende Botschaft zählt: »Es gibt immer eine, die sich auflehnt, eine, die ›Nein‹ sagt!« und damit nacheifernden Frauen den nötigen Mut einflößt, für ihre Rechte einzutreten.

Licht und Schatten im Reiseland Portugal

Foto des Kreuzfahrt-Anlegers in Lisboa

Blick auf den Kreuzfahrt-Anleger in Lisboa · Foto: © Andreas Lahn

Licht und Schatten im Reiseland Portugal

Nachhaltigkeit heißt das große Ziel bei der Verteilung von immer mehr TouristInnen • von Gert Peuckert

Wie steht es eigentlich um die nachhaltige Entwicklung des portugiesischen Tourismus-­Sektors? Manch deutscher Urlauber wird sich diese Frage stellen, wenn er Reisepläne für einen Urlaub mit Strand und Sonne in den südlichen Gefilden schmiedet.
Die Tourismuswirtschaft in Portugal wächst in jüngster Zeit rasant. Man zählt schon über 20 Millionen Touristen im Jahr. Das entspricht dem Doppelten der Einwohnerzahl des Landes. Und ein Ende des Booms scheint nicht in Sicht. Wo soll das in Zukunft hinführen und welche Folgen hat der ungezügelte Touristenstrom schon heute für Umwelt, Land und Leute? Das Konzept für die Zukunft heißt Entwicklung und Ausbau eines sanften und nachhaltigen Tourismus.
Die steigenden Touristenzahlen sind zweifelsohne ein Motor des portugiesischen Wirtschaftswachstums, haben aber auch eine Kehrseite mit Folgen, die mir besonders bei meinem letzten Besuch in Lissabon ins Auge gefallen sind. Die Stadt platzt in den Sommermonaten aus allen Nähten. Und sollte bei einem Bummel durch die Altstadt gerade eines der großen Kreuzfahrtschiffe im Hafen vor Anker gegangen sein, sind Baixa, ­Alfama und Bairro Alto von Touristenmassen verstopft. Dann bahnen sich die knatternden und lärmenden Tuk Tuks in einer endlosen Reihe ihren Weg durch die engen Gassen der Stadt. Zahlreiche Restaurants und Cafés sind mit Gästen überfüllt. Und in den Supermärkten müssen auch die »Alfacinhas« Schlange stehen, um ihre alltäglichen Einkäufe zu erledigen …
Der anhaltende Boom hat bei weiten Teilen der einheimischen Bevölkerung eine Stimmung erzeugt, die sich gegen die Auswüchse eines ungebremsten Massentourismus richtet, der schon längst die Grenzen der Nachhaltigkeit überschreitet und negative Auswirkungen auf Natur und Umwelt hat.
Es ist an der Zeit, wirksame Maßnahmen zur Förderung eines ausgewogenen und sanften Tourismus zu realisieren, wenn man nicht Gefahr laufen will, dass die Tourismuswirtschaft in Portugal zukünftig stagnieren und eine rückläufige Entwicklung nehmen wird. Noch immer gilt die Erkenntnis: Wo ein extensiver Tourismus zunehmend Probleme schafft, bleiben die Gäste fern, da sie vor Ort ein intakte Natur und Umwelt erwarten.
Der Tourismus ist eine der größten Einnahmequellen Portugals. Ein Rückgang würde große Einbußen in der gesamten Wirtschaft des Landes bedeuten. Das hat auch die Führung des Landes erkannt und setzt auf die Entwicklung eines sanften und nachhaltigen Tourismus als Ergänzung zum klassischem »Strand, Meer und Sonne«-Tourismus.
Natur- und Öko-Tourismus, Gesundheits-, Wellness- und Senioren-Tourismus sollen ausgebaut werden, um damit eine Ergänzung zum gegenwärtigen saisonalen Massentourismus zu schaffen.
Viel Gutes wurde in punkto Nachhaltigkeit und Umwelt in Portugal in den letzten Jahren erreicht. Das konnte ich hautnah mitverfolgen, weil ich von 1993 bis 2003 als Umweltberater in Portugal tätig war. Anfang der 1990er Jahre stand Portugal noch ganz am Anfang in Bezug auf Natur- und Umweltschutz und zählte zu den rückständigsten Ländern in Europa. Damals gab es noch keine funktionierende Abfall- und Abwasserentsorgung, ganz zu schweigen von Recycling oder der Nutzung erneuerbarer Ener­gien. Auch Naturparks und geschützte Zonen entstanden erst in dieser Zeit.
1993 wurde mit dem Gesetzesdekret Nr. 19/93172 das Nationale Netz der Schutzgebiete (Rede Nacional de Áreas Protegidas – RNAP) geschaffen, zu dem der Nationalpark Peneda Gerês im Norden, 14 Naturparks, 7 Naturdenkmäler, 11 Naturschutzgebiete und 11 Landschaftsschutzgebiete gehören.
Portugal konnte im Verlaufe der letzten drei Jahrzehnte in allen wichtigen Bereichen die EU-Umweltstandards erreichen und zählt heute in der Solar- und Windenergie-Erzeugung sogar zu den Spitzenreitern in der EU.
Trotz dieser Fortschritte im Natur und Umweltschutz in den zurückliegenden 30 Jahren bleibt für die Entwicklung eines sanften und nachhaltigen Tourismus in Portugal noch Vieles zu tun. Anknüpfend an die guten Erfahrungen bei der Förderung des Turismo rural müssen für den Ausbau des Ökotourismus vor allem die wirtschaftlich schwächsten Regionen erschlossen werden, wobei im Zuge eines sanften Tourismus die Nachhaltigkeit gewahrt bleiben muss. Zu diesen Gebieten zählen Naturparks wie der Parque Natural Ria Formosa, Reserva Natural do ­Sapal, Reserva Natural Castro Marim, ­Reserva Natural Vila Real de Santo António, Parque Natural do Sudoeste Alentejano, der Parque Natural da Costa Vicentina, die Bergregionen und Schieferdörfer im Inneren des Landes sowie der Alentejo.
Dabei kann und muss die Tourismuswirtschaft zur Verbesserung des Schutzes der Wälder beitragen. Die verheerenden Waldbrände der letzten Jahre haben außer dem menschlichen Leid und den Umweltschäden auch negative Folgen für die Entwicklung des Öko-Tourismus in diesen Regionen gebracht.
Die Azoren sind ein positives Beispiel für die Entwicklung eines nachhaltigen regionalen Tourismus. Ein Gremium von 500 internationalen Reise- und Umweltfachleuten wählte die Inselgruppe der Azoren in der Kategorie »Nachhaltiger Tourismus in Insellage« auf Platz zwei weltweit, übertroffen nur von den Färöer.
In den letzten Jahren wurden viele der traditionellen Schieferdörfer des Pinhal Interior zwischen Coimbra und der spanischen Grenze zur Förderung des ruralen Tourismus aufwändig restauriert und so wieder mit Leben gefüllt.
Die Stadt Oeiras westlich von Lissabon gehört zu den Vorreitern in Sachen Umwelt. Oeiras und die Gemeinde Maia im Norden waren in den 90er Jahren die ersten Städte in Portugal, die eine getrennte Abfallentsorgung und das Recycling einführten. Sie gehören dem Europäischen Netzwerk der Städte mit nachhaltigem Tourismus an.
Reiseveranstalter wie Sonae Turismo legen bei der Ferienanlage Troia Resort auf der Halbinsel bei Setúbal internationale Maßstäbe an bei der Verbindung von Fünf-Sterne-Tourismus und Umweltschutz. Dazu gehört die Einbindung des Vogelschutzgebietes am Rio Sado.
Eine Vielzahl von Hotels und Tourismus-Einrichtungen am Algarve und auf Madeira beteiligen sich an Umwelt­management-Systemen der EU und Umwelt-Zertifizierungen im Rahmen der ISO 14001-Norm für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus. Verbessert werden sollen so z.B. die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. Durch die Nutzung von Regenwasser für die Bewässerung der Golfanlagen wird ein schonender Umgang mit Wasserreserven erreicht. Darüber hinaus soll verstärkt Solar­energie für die Klimaanlagen und Pools benutzt werden.
Die Situation an den Stränden hat sich in den letzten Jahren verbessert. Fast überall findet man inzwischen die farbigen Plastiksäcke für die Abfallentsorgung und die Bandeira azul. Weht die blaue Flagge am Strand, können Badegäste sicher sein, dass die Kriterien für einen sauberen und attraktiven Strand gewährleistet sind. 29 Kriterien müssen erfüllt sein, um dieses Umweltzeichen der EU zu erhalten.
Großes Entwicklungspotenzial für den nachhaltigen Tourismus hat der Alentejo. Wer im Frühjahr das Glück hat, diese einmalige Landschaft in voller Blüte zu erleben, wird sich immer wieder an den Anblick des Blumenteppichs erinnern und sich dort hingezogen fühlen. Hier bestimmen unendliche Weiten das Land. Es gibt sanfte Hügel, malerische Dörfer, Getreidefelder, Korkeichen und Olivenhaine − so weit das Auge reicht. Der Alentejo umfasst ein Drittel des gesamten Landes und ist ein beliebtes Ziel für Weinliebhaber. Im Vergleich zu anderen Regionen leben hier relativ wenig Menschen. Die vermeintliche Einsamkeit und Abgeschiedenheit machen den Charme dieser Region aus.
Portugal ist im nachhaltigen Tourismus auf dem Vormarsch. Das ist kein Wunder bei diesen traumhaften und oft naturbelassenen Gegenden, die nicht nur Erholung sondern gleichzeitig auch Abenteuer möglich machen.
In den nächsten Jahren will Portugal ein noch vielfältigeres Tourismus-Programm anbieten − auch in der Region des Alentejo. Mein Wunsch ist, dass zukünftig auch mehr deutsche Urlauber in den Monaten vor und nach der Hauptreisezeit kommen, um den Tourismus im wunderschönen Portugal das ganze Jahr über noch sanfter werden zu lassen.

Hier wohnen Menschen: «Aqui mora gente!»

Die Party ist vorbei: Foto des Mülls im Bairro Alto (Lissabon

Die Party ist vorbei: Müll im Bairro Alto (Lissabon) · Foto: © Andreas Lahn

Hier wohnen Menschen! – «Aqui mora gente!»

Der Slogan »Aqui mora gente!» steht für den Protest gegen ausufernden Tourismus • von Andreas Lausen

Viele Portugiesen freuen sich über die von Jahr zu Jahr steigenden Besucherzahlen in Portugal. Überall im Land werden neue Hotels gebaut, Fluglinien, Taxen, Restaurants und Autovermieter machen gute Geschäfte. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist in diesem Bereich vergessen.
Aber es gibt auch eine Schattenseite des Touristenstroms, und in Lissabon, Porto und an der Algarve beginnen Menschen, sich dagegen zu wehren.
»Aqui mora gente!« Mit diesem Aufschrei protestieren die Leidtragenden des überbordenden Besucherstroms. In Lissabon und Porto wurden hunderte von Wohnungen »freigezogen« und werden jetzt an Urlauber aus dem Ausland vermietet. Bringt eine normal vermietete Wohnung 200 bis 300 Euro Monatsmiete, zahlen ausländische Gäste diesen Betrag für drei oder vier Tage – ein gutes Geschäft für die oft ausländischen Anbieter!
Für die Nachbarn besteht weniger Grund zur Freude: Ständiger Gästewechsel, Parties auf dem Balkon bis in die Morgenstunden, An- und Abreise zu nachtschlafender Zeit, freches Herausklingeln der portugiesischen Nachbarn um ein Uhr nachts: »We need some sugar for our coffee!«
Offenbar beherrschen manche Portugal-Besucher auch nicht die Regeln des Anstands: So landet z. B. der Müll im Treppenhaus und leere Flaschen werden geräuschvoll einfach vom Balkon geworfen. Dazu sieht es in einigen Hot Spots der Open-Air-Parties morgens verheerend aus: Müll, Scherben und Dreck verschandeln in Lissabon den Chiado, die Alfama, das Bairro Alto und die Party-Meile am Caís do Sodré. In Porto trifft es vorwiegend die Ribeira. Hauseingänge dienen als Toilette, Blumenkästen als Aschen­becher. Für viele Graffitis an den Hauswänden werden ausländische Gäste verantwortlich gemacht. Es ist für manchen Besucher wohl normal, sein »Tag« in Portugals Hauptstadt zu hinterlassen.
«Aqui mora gente» heißt die Protest­bewegung, mit der Portugiesen gegen die Auswüchse des modernen Massentourismus aufbegehren. Die Fotos der Missstände sind auf Facebook (https://pt-br.facebook.com/AquiMoraGente/) zu sehen und erzeugen bei manchem Portugal-Freund Übelkeit. Die ­Autoren legen aber Wert auf die Feststellung, dass ­natürlich auch Portugiesen an der Verursachung dieser Probleme beteiligt sind.
Erfolge gegen den Dumping-Tourismus − begünstigt durch Billigflüge über das Wochenende − sind so schnell nicht zu erwarten, denn auch Portugiesen verdienen daran. Politiker versprechen, für mehr Kontrollen und härtere Strafen der Randale-Touristen zu sorgen. Juntos conseguimos. Participe!

Brände in Portugal: Lust auf Feuer-Infernos?

Foto einer Feuersbrunst im Norden Portugals

Feuersbrunst im Norden Portugals · Foto: © Eberhard Fedtke

Lust auf Feuer-Infernos?

von Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke

Die beiden Mega-Brände in Portugal im Juni 2017 in Pedrogrão Grande und die weiteren Tsunami-Feuer im Oktober an verschiedenen Orten des Landes verursachten viele Tote und unbezifferbare materielle Schäden. Diese schrecklichen Ereignisse bewogen und ermutigten den investigativen portugiesischen Journalismus, dem schockierten Publikum in eindeutiger Form diejenigen Gründe darzulegen, welche hinter diesen Katastrophen stecken und in diesem beklemmenden Ausmaß den Präsidenten der Republik eine entschlossene Haltung einnehmen ließen, eine gemeinsame Diskussion für eine adäquate Lösung anzustoßen. Gegen diese Tragödien empörte er sich mit dem Bemerken, dass sie »jegliche Grenzen der menschlichen Vernunft und der moralischen Fassungskraft überschritten«. Es handelt sich um »ein Geschäft mit dem Feuer« oder anders ausgedrückt um ein authentische »Industrie des Feuers«, wie es in zwei emotionalen Sendungen des portugiesischen Fernsehens in unfassbarem Ausmaß dargeboten wurde: Wer diese Geschäfte mit wem betreibt und wer Gewinn aus diesem »Ambiente verbrannter Wälder« zieht, waren Grundlagen der Enthüllung.

Die Feuer der letzten Jahre sind keine fatalen Schicksale einer fragilen Natur, sondern sind Umweltdesaster, vorsätzlich von menschlicher Hand gemacht. Des Volkes Stimme, welche stets die reine und freimütige Wahrheit spricht, weiß seit langem um die »offenen Geheimnisse« dieses unsensiblen Missbrauchs und ohne Zuneigung für »minha terra«: Es sind schlicht und ausschließlich selbstsüchtige Interessen der gigantischen Papierindustrie.

In diesem kriminellen Szenarium offenbart sich als unglaublicher Skandal und moralisches Desaster, dass die Gilde der Feuerwehren vielerorts mit einem perfekten System der Korruption und Zusammenarbeit mit Institutionen von öffentlichem Schutz und Rettung eine Geflecht von »Vetternwirtschaft« und »Gewinnteilung« fertigte. Mancherlei Feuerwehrstationen mit höchster
Reputation und Ansehen in der Öffentlichkeit gerieten nachhaltig mit falschen Abrechnungen über ihre materiellen und personellen Aufwendungen in Misskredit. Eine wahrliche Peinlichkeit für einen Berufsstand, der selbstverständlich unentbehrlich und unersetzbar im Kampf gegen die Feuer ist, diese im Jahr 2017 voller apokalyptischer Ereignisse.

Der Journalist Miguel Szymanski kritisiert schonungslos und mutig mit offenen Worten in einem Artikel über Pedrogão Grande – veröffentlicht in der PORTUGAL POST vom Juli 2017 – die skrupellose Instrumentalisierung des portugiesischen Volkes und der Umwelt des Landes für ökonomische Interessen und Zwecke. Kursnotierungen der grossen Betreiber der Zellulosefabrikation haben Vorrang. Die Unternehmer von Papiers arbeiten mit dem Ziel des »Mehrwertes« für ihre Aktionäre ungeachtet jeglichen Kostenaufwandes. Mehr noch: Politiker und Gesetzgebung verbünden sich, um den Ertrag der Investitionen zu maximieren. Das Land, Personen und Landschaft haben lediglich instrumentale Funktion, tödlich Geschädigte stellen reine Kollateralschäden dar.

Was geht in Portugal vor, diesem schönen Land, poetisch glorifiziert als »Garten am Meeresufer gepflanzt« und »Kernstück meines Lebens«? Sicherlich haben die Portugiesen die Faszination für Feuer in ihren Genen. Feuerwerkskörper bilden einen wesentlichen Teil des Alltags. Ein privater Event, ein kirchlicher oder staatlicher Anlass geben Gelegenheit, den Himmel dekorativ anzustrahlen. Wenn wir einige Zeit lang Feuerwerkskörper weder sehen noch hören, sind wir unausweichlich besorgt, ob in dieser Kultur voll von Festen, Festivals und Folklore-Jahrmärkten etwas nicht richtig läuft. Doch das eigene Land abzubrennen im Vorhaben, kriminelle Gewinne zu erlangen, zeigt viel Widersprüchlichkeit von paradoxen Illusionen und irrealen Kontrasten an leidenschaftlicher Zuneigung und Selbstzerstörung. »Minha terra« ist ein Wort, welches mit lyrischer Emotion gesungen wird, aber die Wirklichkeit zeigt in großem Ausmaß die Zerstörung des biologischen Immunsystems, was enorme Unausgewogenheiten in Fauna und Flora bedingt. Zusätzlich gesehen wird die Stabilität des Tourismus, dieweil Portugal aktuell an der Spitze der Ferienziele rangiert, nicht mit einem verbrannten Abbild seiner hauptsächlichen Ferienzentren andauern.

Kommt es nicht zu neuem Respekt und Umweltbeachtung, wird Portugal drastisch kurzfristig eine doppelte geschichtliche Tragödie erleben und sich das Land mit erodierten Oberflächen in schillernden Farbtönen von grau darstellen. Ursprünglich rodeten die Römer die Wälder, unverantwortlicherweise Kahlschläge nicht wieder aufforstend. Die heutige Generation brennt unüberlegt seine wertvollen fundamentalen Ressourcen im Namen von Geld und Gewinn ab. Ist das die ein geistiges Erbe der Römer?

Eine andere Tatsache ist bezeichnend: die Gerichte sind langsam und wenig effizient, es fehlt der abschreckende Effekt. Gemäss Statistik eröffnete im Jahr 2016 die Generalstaatsanwaltschaft des Landes 9955 Untersuchungsverfahren zum Delikt Waldbrandstiftung. 9650 davon, also 97%, wurden eingestellt, und nur 141 Angeklagte blieben übrig. Die amtliche Erklärung lautet, dass es schwierig ist, erwiesene Tatsachen zu erbringen. Brandstifter handeln für gewöhnlich allein, die Brände werden in der Regel in unbewohntem Gebiet gelegt. Aber auch in nicht archivierten Fällen kommt es selten zu einer endgültigen Verurteilung. Statistiken des Justizministeriums ergeben, dass zwischen 2011 und 2015 nur 48 Angeklagte eine effektive Freiheitsstrafe erhielten, 144 eine Bewährungsstrafe mit Meldeauflage, 145 wurden mit einer Geldstrafe belegt. Ein kontraproduktives Ergebnis, liebe Herren Richter, zurückgezogen hinter ihren Schreibtischen, dass Schuldige mit charakterlichen Mängeln oder gesundheitlichem Defekt der Pyromanie auf freiem Fuß einen eigenen »nächsten Tag des großen Feuers« provozieren können. Allein rigorosere Strafen können den biologischen Frieden sichern und hunderte von Bränden an einem Tage verhindern. Der Rekord wurde am 7. August 2016 mit 408 Vorfällen aufgestellt. Gerechte Sanktionen der Gerichte sind die ultimative und unverzichtbare Garantie für den sozialen Frieden.

Viele Gemeindeverwaltungen haben ungezählte Programme, um für die Zukunft zu vermeiden, dass Feuer aufkommen. Diese Programme haben drei Zielsetzungen: zunächst die Reinigung der Wälder von trockenem Gestrüpp, eine der Hauptursachen von Bränden, in zweiter Linie die Anwendung konkreter Maßnahmen der Brandverhinderung anstelle pompöser Deklamationen der politischen Elite, sowie drittens eine intelligente und biologisch tragbare Wiederaufforstung, erklärtermaßen ohne Eukalyptusbäume, welche einen ersten Platz eminenter Brandgefahr einnehmen.

2018: Osterbräuche in Portugal + 2 Rezepte

Ostern in Portugal

Auch zu Ostern gibt es jede Menge Bräuche und traditionelle Aktivitäten • von Ana Paula Goyke

Portugal hat eine eigene Oster-Tradition: Abgesehen von der gemeinsamen christlichen Tradition gibt es z.B. 40 Tage Fastenzeit, in denen Fleisch gemieden und Fisch bevorzugt wird. Am Ostersonntag kann man wieder Fleisch genießen, meist in Form von Zicklein oder Lamm. Bei uns in Portugal − und vor allem im Alentejo − wird sehr gerne Lamm-Eintopf (Ensopado de Borrego) gegessen.
Ostern ist ein hoher katholischer Feiertag, der in Portugal im ganzen Land gefeiert wird. Auf »https://www.visitportugal.com/de/node/155866« (Die Feste der Karwoche in Braga) wird die Karwoche in kirchlicher Feierlichkeit gelebt. Auf »https://www.visitportugal.com/de/node/210267« werden in Óbidos die letzten Momente des Lebens Christi auf der Via Sacra nachgestellt. Und in Castelo de Vide bereichern jüdische Traditionen die Feierlichkeiten. In anderen Teilen des Landes gibt es andere Motive zum Feiern. In Loulé sind es die Feierlichkeiten der Mãe Soberana, die viele Besucher anziehen. In Constância gibt es farbenfrohe Bootsprozessionen bei den Feierlichkeiten der Senhora da Boa Viagem (Quelle: visitportugal.com).
Vornehmlich in den ländlichen Regionen gibt es einen sehr schönen Brauch: Die Häuser werden geputzt und sauber gemacht, um den Priester zu seinem Osterbesuch zu empfangen. Dieser Besuch repräsentiert das Betreten von Jesus Christus in jedes Heim, um das Haus und seine Bewohner zu segnen.
Ostern ist auch eine besondere Zeit für die Patenkinder, die traditionsgemäß von ihren Paten Mandeln, Eier (Lebenssymbol), Pão-de-ló (Kuchen) oder Folar da Pascoa (Osterkuchen) geschenkt bekommen. Abgesehen von dem traditionellen Folar da Páscoa gibt es den Folar de Páscoa aus dem Algarve und, typisch in Trás-os-Montes, den fantastischen Folar de Carne (Fleischkuchen)!
Mein Vorschlag für ein typisches Oster-Menue ist folgender: Ensopado de Borrego (Lammeintopf) und zum Nachtisch oder zum Tee ein Folar da Páscoa.
Im Alentejo ist Ostern eine Mischung aus Religiosität und Heidentum: Der Glaube wird genauso gefeiert wie der Frühlingsanfang. Ostermontag ist Picknick-Tag. Da treffen sich Freunde und Familie, um Ensopado de Borrego zu genießen.

 

Folar da Pascoa

Mit einem portugiesischen Oster-Kuchen die Oster-Gäste beeindrucken •
Rezept von Ana Paula Goyke
 
Arbeitszeit: ca. 30 Minuten + 30 Minuten
Ruhezeit: 90 Minuten
Backzeit: 45−50 Minuten
 
Zutaten für 6 Personen:
• 900g Weizenmehl
• 125g Zucker
• 125g Butter
• 200ml lauwarme Milch
• 40g Bio-Trockenhefe
• Orangensaft von einer Orange
• 3 Eier
• 1 Kaffeelöffel Zimt
• 1 Kaffeelöffel Anis (erva-doce)
• Salz
 
Zum Dekorieren:
• 1 geschlagenes Ei
• 1 gekochtes Ei
 
Zunächst die Hefe in der warmen Milch auflösen. Dann die Milch zusammen mit Hefe, Mehl, Zucker, Butter, Orangensaft, Eier, Zimt, Anis und ein kleines bisschen Salz in einen großen Topf legen und alles entweder mit den Händen oder mit dem Mixer sehr gut mischen. (Ich mache es immer mit den Händen …) Der Teig wird weich, hat aber eine festere Konsistenz als ein Kuchenteig. Ein bisschen Mehl darüber streuen und mit einem Tuch bedecken. Den zugedeckten Teig an einem warmen Ort 90 Minuten gehen lassen. 
Bestreuen Sie eine Arbeitsfläche mit Mehl und legen Sie den Teig darauf. Mit bemehlten Händen schlagen Sie den Teig bis er nicht mehr klebt. Wenn nötig, ein bisschen mehr Mehl dazugeben.
Folar da Páscoa formen (macht richtig Spaß!): Nehmen Sie ⅓ des Teigs und formen Sie damit zwei Röllchen. Der Rest des Teiges wird zu einer Kugel geformt auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech gelegt. Mit den Händen den Teig etwas flach drücken, sodass ein Kreis entsteht. Das gekochte Ei mit Schale in die Mitte des Teiges legen. Machen Sie ein X mit den beiden Teigröllchen und legen Sie es über das Ei. Drücken Sie die Spitzen der Röllchen leicht an und bepinseln Sie das Ganze mit dem geschlagenen Ei. Im vorgewärmten Back-ofen (180° C) ca. 45−50 Minuten backen, bis der Folar goldbraun ist.
Tipp: Der Folar schmeckt am nächsten Tag getoastet und mit Butter noch besser! Hhmmmm, ich liebe es! Boa Páscoa!
 
Foto der Ensopada de Borrego (Lamm-Eintopf)

Ensopado de Borrego (Lamm-Eintopf) · Foto: © Paula Goyke

Ensopado de Borrego • Rezept von Ana Paula Goyke

Dieses Rezept ist aus mehreren Inspirationsquellen entstanden. Ich hoffe, der Lamm-Eintopf schmeckt euch!
 
• Arbeitszeit: ca. 20 min
• Kochzeit: ca. 40 min
• Schmorzeit: einige Stunden
• Schwierigkeitsgrad: leicht
 
Zutaten für 4 Personen:
• ca. 1 kg Lammfleisch (zum Schmoren)
• 1 dl Olivenöl
• 2 mittelgroße Zwiebeln, grob gehackt
• 3 Knoblauchzehen, zerdrückt
• 2 große Karotten, in Scheiben geschnitten
• 2 reife Tomaten oder 1 Suppenlöffel ­Tomatenmark
• 1 dl Weißwein
• 1 Suppenlöffel Schweineschmalz
• etwas Mehl
• Wasser
• Weißbrot, frittiert
• Salz und Pfeffer
• Petersilie
 
Für die Marinade:
• 1 dl Olivenöl
• 1 Lorbeerblatt
• 1 Zwiebel, grob gehackt
• Piri-Piri (Tabasco)
• Rosmarin und Minze, grob gehackt
• Saft von 2 Zitronen
• 1 Glas Weißwein
• schwarze Pfefferkörner, zermörsert
• 1 Teelöffel Paprikapulver
• 4 Knoblauchzehen, grob gehackt
• etwas Salz
 
Das Fleisch in Stücke schneiden. Die Zutaten mit der Marinade vermischen und die Fleischstücke hinzufügen. Über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen.
Fleischstücke aus der Marinade nehmen, in Mehl wälzen und im Schweineschmalz anbräunen. Dann beiseite stellen. In einem Topf die gehackte Zwiebel, den Knoblauch und das Tomatenmark (oder die reifen, gehackten Tomaten) in Olivenöl anbraten, bis die Zwiebeln glasig sind. Lammstücke, Karottenscheiben und die Marinade dazu geben. Wenn nötig, etwas Wasser hinzufügen.
Einige Stunden bei niedriger Temperatur im geschlossenen Topf schmoren lassen, bis das Fleisch zart ist. Mit Salz, Pfeffer aus der Mühle, Paprikapulver und eventuell Piri Piri (Tabasco) abschmecken. Die Flüssigkeit kontrollieren.
Das Weißbrot in Scheiben schneiden und in Öl knusprig frittieren. Das Brot auf einer Platte anrichten und das Fleisch und die Soße darüber geben. Mit frischer Petersilie und Minze dekorieren.
Dazu passen in Würfel geschnittene Pommes frites (oder gekochte Kartoffeln) und Blattsalat, in dünne Streifen geschnitten und mit Olivenöl, Zitronensaft und frischem Koriander gewürzt. 
Bom apetite!