Kategorie: PR75

Tipps für Madeira: So kommen Sie von A nach B

Foto vom Blumenfest auf Madeira

Wie Sie auf der portugiesischen Insel am besten von einem Ort zum anderen kommen  • von Gunthard Lichtenberg

> Nachdem wir Ende des vergangenen Jahres zum zweiten Mal auf Madeira waren − es soll nicht das letzte Mal gewesen sein −, möchten wir über einige Erfahrungen mit den Verkehrsverbindungen auf dieser wunderschönen Insel berichten.
Da wäre zunächst der Mietwagen. Bei unserem ersten Besuch 2017/18 griffen wir auf ein Auto der Kategorie Renault Mégane zurück, den wir vor einigen Jahren sehr erfolgreich im Algarve gefahren hatten. Es stellt sich dann heraus, dass diese Auto für manche der engen Straßen, Sträßchen und Kurven zu groß war. Also haben wir für den Jahreswechsel 2018/19 ganz nach unten gegriffen und einen Kleinwagen der Kategorie VW Up bestellt.
Bei Entgegennahme dieses Autos − übrigens in der Sixt-Geschäftsstelle an der Estrada Monumental in Funchal gelegen, also sehr zentral − überzeugte uns die freundliche Mitarbeiterin, dass das Auto unserer Wahl für manche der steilen Anstiege wohl etwas schwächlich mit Pferdestärken ausgerüstet sei. Wir haben daraufhin einen Renault Clio gemietet (VW Polo oder Opel Corsa ginge auch), der 90 PS hatte. Und das war dann hinsichtlich Größe und PS-Stärke die absolut richtige Wahl.
Öffentliche Verkehrsmittel: An erster Stelle zu nennen ist der Flughafenzubringer nach und von Funchal, «Aero» genannt. Ein Ticket kostet derzeit 5 Euro pro Person und Fahrt, wenn man Hin- und Rückfahrt bucht sind’s deren 8. Alle wichtigen Haltestellen in Funchal werden angefahren. Man sollte bei der Planung berücksichtigen, dass je nach Anzahl der Passagiere, die an Bord gehen wollen, die Fahrt von Funchal zum Flughafen auch schon mal eine Stunde dauern kann. Die übliche  Zeitangabe von 25 Minuten ist eher optimistisch.
In und um Funchal kommt man sehr gut mit der örtlichen Busgesellschaft «Horários do Funchal» herum. Ein Einzelfahrschein, beim Fahrer gekauft, kostet 1,95 Euro. Beim Umsteigen allerdings muss man wieder 1,95 Euro zahlen. Für eine solche Hin- und Rückfahrt fallen dann schon mal 7,80 Euro an.
 Da kommt es bedeutend preiswerter, wenn man eine aufladbare Zehnerkarte kauft (50 Cent) und diese dann mit der notwendigen Anzahl Fahrten aufladen lässt. Kostet pro Fahrt 1,35€. Auf das obige Beispiel angewandt also statt 7,80 Euro nur noch 5,40 Euro. Die Fahrschein-Karten gibt es in Tabak- und Zeitschriften­läden.
Noch preiswerter kann dann das Tagesticket (4,50€), das Dreitages-Ticket (11,50€), das 5-Tages-Ticket (16,50€) oder gar das 7-Tages-Ticket (21,50€) kommen; bei letzterem kommt man pro Tag auf 3 Euro und kann so viel fahren wie man will. Das empfiehlt sich gerade dann, wenn man zum ersten Mal nach Funchal kommt und sich dort umsehen will. 
Horários do Funchal hat auch Verbindungen nach außerhalb Funchal (Interurbanos) − siehe die Webseite unten. 
Und wenn es dann noch weiter weg gehen soll, dann kann man mit «Rodoeste» für den Westen oder «SAM» für den Osten unterwegs sein. 
Hier die Sammlung der Websites:
http://www.rodoeste.com.pt/ (leider nur Portugiesisch, aber man kann sich durchfinden)
https://www.sam.pt/en/ (SAM betreibt auch den Aero-Bus von und zum Flughafen)

«Música de Abril» – Konzert am 25.4.2019 in Leipzig

Foto von Filipe Pinto und Orchester

Bei dem beeindruckenden Konzert junger Portugiesen wird an die Nelken-Revolution von 1974 in Portugal erinnert • von Dr. Stefan Poppitz

Zum Schluss springen fast alle Zuhörer auf, spenden prasselnden Applaus, ertönen Da capo-Rufe: Soeben ist José Afonsos berühmtes Lied «Como se faz um canalha» in einer modern arrangierten Fassung mit Bläsern, Schlagzeug und Bassgitarre verklungen, und die Leute toben vor Begeisterung. Und da die musikalischen Akteure auf der Bühne − gut ein Dutzend junger Portugiesen, die an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater studieren − auf eine Zugabe nicht eingerichtet sind, spielen sie Zeca Afonsos Song einfach noch mal. Erneut euphorischer Jubel der etwa 120 Besucher, unter ihnen auch DPG-­Präsident Michael W. Wirges. Finaler Glanzpunkt eines außergewöhnlichen Konzerts am 25. April in der Leipziger Stadtbibliothek, organisiert von den einheimischen Portugal-Liebhabern der DPG und dem Instituto Camões.
Der Anlass dafür ist denkwürdig: An diesem Tag vor 45 Jahren begann in Portugal die weitgehend friedlich verlaufende Nelkenrevolution. Ihren Namen verdankte sie den roten Nelken, die sich aufständische Soldaten in die Gewehrläufe gesteckt hatten. Mit ihr wurde die bis dahin herrschende autoritäre Diktatur gestürzt und dem Land eine demokratische Entwicklung ermöglicht.
So ist es nur ganz natürlich, dass an diesem mit «Música de Abril» überschriebenen Abend auch drei Lieder des Sängers der Revolution, José Afonso, erklingen, dessen «Grândola vila morena» am frühen Morgen des 25. April in einem Radiosender gespielt und zum Startsignal für den Aufstand wird. Doch die Zeitreise durch die portugiesische Musik führt auch zu Werken klassischer Komponisten wie Luís de Freitas Branco, Joly Braga Santos oder Fernando Lopes-Graça, welche die jungen Portugiesen − verstärkt durch mehrere Studienfreunde anderer Nationen − ausdrucksstark wie hingebungsvoll vortragen. Und auch Portugals junge Komponisten-Generation lässt mit neuen Stücken aufhorchen − beispielsweise der an der Leipziger Musikhochschule studierende Violinist Rui C. Antunes oder deren Absolvent, der Pianist ­Filipe Pinto, der den Konzertabend künstlerisch ebenso gut betreut wie ihn Manuel Durão launig und informativ moderiert. Auch der ist Hochschulabsolvent, jetzt Komponist und Dirigent, Mitstreiter in der DPG und lebt schon seit vielen Jahren in Leipzig.
Er hat dann eine Überraschung parat, sagt zwei Stücke von Johann Sebastian Bach an, gespielt vom Bochumer Oboisten Hans-Heinrich Kriegel. Auch der ­gehört schon lange der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft an. Gefragt, ­wa­­rum er an einem Abend mit portugiesischen Klängen Musik ausgerechnet dieses Mannes spiele, sagt er, dass Bach als langjähriger Thomas-Kantor am ­intensivsten mit Leipzig verbunden war, jener Stadt, von der 1989 so viel Hoffnung ausging und in der die Friedliche Revolution ihren Anfang nahm. Er wolle eine Brücke schlagen zu den Ereignissen vor dreißig Jahren im Osten Deutschlands. Ebenfalls starker Beifall für Kriegels Darbietung.
Viele verlassen nach dem Konzert den Saal mit leuchtenden Augen, sind hingerissen von dem musikalischen Erlebnis, haben viel zu erzählen. Wie António Oliveira, der Keramiker, den die Liebe vor Jahren nach Leipzig zog: »Das war klasse, wirklich tolle Musik! Schade, dass meine Kinder nicht dabei waren, das hätten sie hören müssen. Aber das nächste Mal sind sie dabei. Und wenn ich sie herschleppen muss!«

Com o apoio do Ministério dos Negócios Estrangeiros – Comunidades Portuguesas

Peniche: Ein Museum für die Winde und Wellen der Freiheit

Foto vom «Museu Naçional da Resistência e da Liberdade» in Peniche

Unter Salazar Gefängnis, jetzt Museum • von Thomas Fischer

> In Portugal gibt es schon längst Nationalmuseen für Kunst und Kutschen, Archäologie und Azulejos, Theater und Trachten. Nun entsteht ein Nationalmuseum für den Widerstand und die Freiheit − an einem symbolträchtigen Ort.
Wuchtige Mauern umgeben die Festung aus dem 17. Jahrhundert, auf einem Felsvorsprung gleich am tosenden Meer. Noch vor wenigen Jahren war im Gespräch, diese Anlage für den Bau eines Hotels an private Investoren zu verpachten. Hier sollten Touristen die Aussicht auf das Meer genießen und sich raue Winde um die Ohren sausen lassen. Aber diese Idee galt doch bald als makaber. Allzu lebendig ist die Erinnerung an ein Kapitel der jüngeren Geschichte, das am 27. April 1974 ein Ende fand.
An jenem Tag, zwei Tage nach der festlichen »Nelkenrevolution« in Lissabon, versammelte sich auch hier, in der Fischerstadt Peniche, 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt, eine riesige Menge. Sie feierte begeistert die Freilassung der Häftlinge aus dieser Festung, die unter der Salazar-Diktatur als Hochsicherheitsgefängnis für Oppositionelle gedient hatte. Unter ihnen war der damals 24-jährige José Pedro Soares. Er ist heute Mitglied einer Kommission für die Einrichtung des Nationalmuseums für den Widerstand und die Freiheit (Museu Nacional da Resistência e da Liberdade), das hier nach und nach entsteht.
Er war einer der mindestens 2510 politischen Häftlinge, die unter dem faschistischen Diktatur der Jahre 1926 bis 1974 irgendwann hier einsaßen. Auf einer Mauer sind alle ihre Namen eingraviert, also auch der von José Pedro Soares. Als sie am 45. Jahrestag der Befreiung feierlich eingeweiht wurde, waren er und andere ehemalige Häftlinge mit dabei.
Viele der Surfer, bei denen sich die mächtigen Wellen vor diesem Küstenabschnitt herumgesprochen haben, gehen an der Festung einfach vorbei. Sie symbolisiert wie wenige andere Bauten im Land die Diktatur von António Oliveira Salazar, Regierungschef der Jahre 1932 bis 1968. Er ließ in den 1950er Jahren die Zellentrakte für bis zu 154 Häftlinge in ihrer heutigen Form bauen. Unter den Häftlingen waren unter anderem Anhänger der Ersten Republik (1910-1926), Anar­cho-Syndikalisten und Kommunisten.
Anfang April hat José Pedro Soares noch eine Gruppe von Journalisten durch das frühere Gefängnis geführt. »Manchmal kommen noch die Gefühle hoch« entschuldigt sich der jetzt 69-jährige Ex-­Häftling, wenn ihm der Knoten im Hals das Sprechen erschwert, um dann beim Rückblick auf den Tag der Befreiung doch wieder zu strahlen.
Er war elf Monate in Peniche inhaftiert. In einem der jetzt leer stehenden Trakte, die später zum Museum gehören sollen, findet er gar seine frühere Zelle mit vergittertem Fenster, das einen Blick auf das Meer erlaubt. »Ich konnte das Meer aber nicht sehen, denn das Glas war damals getrübt«, erinnerte er sich. Er hörte immerhin das Kreischen der Möwen und das Tuckern der zum Fang auslaufenden ­Fischerboote.
Am 25. April 1974 kamen neue Laute hinzu − das festliche Hupen von Autos. Klarheit über den Anlass bekamen die Insassen über den Fernsehapparat, den es seit kurzer Zeit im Gefängnis gab. Weil die Diktatur fiel, sollte auch die Haftstrafe von dreieinhalb Jahren, zu der José ­Pedro knapp ein Jahr zuvor für die illegale Kommunistische Partei verurteilt worden war, vorzeitig enden.
Er war gerade 21 Jahre alt, als ihn die Geheimpolizei fasste. Er würde lebend nie frei kommen, sei ihm gesagt worden, wenn er nicht verrate, welche Genossen gewisse Decknamen versteckten. José Pedro berichtet, dass er drei Wochen lang unter Folter verhört worden sei, mit Schlafentzug und Schlägen, aber geschwiegen habe. »Wir hatten alle so ein Blatt«, sagt er dann und zückt eine Kopie seines Auszuges aus dem polizeilichen Register mit Information über die Haftstrafe, die er in Peniche verbüßen sollte. Es habe dort zwar keine Folter gegeben, sagt er, denn die Häftlinge seien meist schon verurteilt gewesen. Und doch sei alles getan worden, um sie zu brechen. Er habe dort phantastische Menschen kennengelernt. Manche Häftlinge hätten von Mitinsassen erst das Lesen und das Schreiben gelernt.
Während er erzählt, stockt er, wenn er sich an schwere Schicksale erinnert. Aber seine Augen leuchten, wenn er etwa beschreibt, wie dem bekannten Kommunistenführer Álvaro Cunhal (1913–2005) mit einer Gruppe weiterer Häftlinge im Januar 1960 eine absolut spektakuläre Flucht gelang. José Pedro wirkt jetzt nicht nur als Zeitzeuge bei der Gestaltung des Museums mit. Er hat sich auch in die Geschichte der Diktatur und dieses Gefängnisses vertieft. Hierfür begibt er sich öfter auch ins Staatsarchiv in Lissabon, um in Akten der Geheimpolizei PIDE/DGS zu stöbern. Fast 30.000 Festnahmen sind dort aktenkundig, aber die wahre Zahl dürfte höher sein.
Das Museum »wächst« noch. Zugänglich sind, neben der Mauer mit den Namen der Häftlinge, derzeit eine Ausstellung «Por Teu Livre Pensamento» (Für die Freiheit deiner Gedanken) und der Raum, in dem die Häftlinge unter strenger Bewachung mit Besuchern reden konnten. An die Gefangenen in Peniche dachte offenbar aber auch, noch zu Zeiten der Diktatur, die berühmte Fado-Sängerin Amália Rodrigues (1920−1999) in ihrem als «Fado de Peniche» bekannten Lied «Abandono» (sinngemäß »Verlassenheit«). »Weil du frei gedacht hast, haben sie dich weit weg eingesperrt, so weit, dass mein klagender Schrei dich nicht erreicht«, sang sie. Ihr Fado endet mit »Wenigstens hörst du den Wind, wenigstens hörst du das Meer«. Auch ohne die Erwähnung von Peniche sah die Zensur jener frühen 1960-er Jahre darin eine Anspielung −und verbot das Lied.

Die Gefängnisse der Salazar-Diktatur
Nicht nur in Peniche saßen Gegner der Salazar-Diktatur ein. An einer weiteren Stätte von Folter und Verfolgung rattern in Lissabon sogar die Trams der Linie 28 vorbei. Gleich gegenüber der Kathedrale erheben sich die Gemäuer des Aljube, das von 1928 bis 1965 als politisches Gefängnis diente und heute ein kommunales Museum beherbergt. Zu sehen sind unter anderem winzige Zellen für Häftlinge, die bei der Geheimpolizei PIDE/DGS verhört und gefoltert wurden. Viele Regimegegner kamen auch in die Haft-anstalt von Caxias, westlich von Lissabon, wo − wie in Peniche − die politischen Gefangenen am 27. April 2974 die ersehnte Freiheit erlangten. Gefängnisse für politische Häftlinge gab es in Portugal auch in Porto und auf der Azoren-Insel Terceira.
Zahlreiche Oppositionelle deportierte das Regime derweil nach Tarrafal auf der Kapverden-Insel Santiago, wo Salazar 1936 das berüchtigte »Lager des langsamen Todes« eröffnen ließ. Im Jahr 1954 wurde es geschlossen, in den 1960er Jahren aber für die qualvolle Inhaftierung von Kämpfern für die Unabhängigkeit der afrikanischen Kolonien wieder in Betrieb genommen. Erst mit dem Sturz der Diktatur ging diese Zeit zu Ende.

Infante Dom Francisco – ein mörderischer Prinz

Foto des Infante Dom Francisco

Über das Treiben des Infante Dom Francisco, Duque de Beja (1691–1742) • von Andreas Lausen

»Das hier, das ist der königliche Palast von Lissabon«, sagte der sommersprossige Matrose zu seinen Kameraden, als der Dreimaster langsam den Tejo aufwärts segelte. »Geht weg hier!« fuhr der Bootsmann die Seeleute an, »wer nichts zu tun hat, geht nach Steuerbord rüber! Über diese Stelle im Tejo werden schlimme Geschichten erzählt!«
Da peitschte ein Schuss über die Kaikante, und im gleichen Moment stürzte ein Schiffsjunge aus dem Mast. Tot lag er auf den Planken. Wieder hatte Prinz Francisco seiner Mordlust nachgegeben.
Infant Francisco war der jüngere Bruder von König João V. (geboren 1689) aus dem Hause Bragança, der von 1706 bis 1750 regierte. Der König war einer der reichsten absoluten (»losgelösten«) Herrscher der Welt, denn die Einnahmen aus der riesigen Kolonie Brasilien sprudelten. Charakterlich waren die beiden Brüder wie Tag und Nacht.
Während der König im Grunde seines Herzens friedfertig war und sich den Künsten, der Architektur, der Malerei, der Musik, der Bildhauerei verschrieben hatte, konnte sein Bruder Francisco all dem nichts abgewinnen. Stattdessen grämte er sich über seinen zweiten Platz in der Thronfolge. Noch hatte der König mit seiner österreichischen Gemahlin Maria Ana keine Kinder. Prinz Francisco stand noch an erster Stelle der Thronfolge.
1711 gelobte der König feierlich, in Ma­fra ein großes Kloster mit Basilika und Königspalast zu bauen, wenn ihm und Königin Maria Ana ein Sohn geboren würde. Der Grund war nicht nur sein inständiger Wunsch, die Dynastie zu erhalten. Denn einen Thronfolger gab es − seinen Bruder Francisco. Der König kannte seinen zynischen, sadistischen Charakter, vor dem er Familie und Land bewahren wollte. So ist sein Gelübde zum Bau von Mafra nicht nur königlicher Größenwahn, sondern auch das Streben, Portugal vor einem Verbrecher auf dem Thron zu schützen.
Als 1714 Infant José geboren wurde, rückte Francisco in der Thronfolge nach hinten. Er sah seine Felle wegschwimmen. Also plante er, mit einem Putsch an die Macht zu kommen. Historiker meinen, dass er sogar die Ermordung seines königlichen Bruders plante.
Als dann der König 1715 schwer erkrankte, sah sein Bruder die Chance, auf den Thron zu kommen. Er konspirierte mit der Königin und bot ihr die Heirat an, falls der König sterben sollte. Maria Ana dachte nicht daran, ihren Schwager bei seinen finsteren Machenschaften zu unterstützen. Aber sie muss furchtbare Angst vor ihrem Schwager gehabt haben, denn sie überzeugte ihren Gatten, seine geplante Pilgerreise nach Rom abzusagen, um nicht die Kontrolle in Portugal zu verlieren. Der König schickte seinen Bruder als Kommandant der Flotte ins Mittelmeer, um im Bündnis mit Österreich und Venedig gegen die Türken zu kämpfen. Diese Aufgabe erledigte Francisco erfolgreich. Insgeheim mag König João gehofft haben, sein Bruder möge den Tod bei dieser Expedition finden …
Francisco begrub seine Hoffnung auf den Thron. Er führte ein Leben in Luxus. Seine üblen Charaktereigenschaften legte er nicht ab. Er war der Schrecken aller Bediensteten − und aller Nonnen. Mit einer von ihnen, Mariana da Silveira, hatte er zwei Söhne. Sein illegitimer Sprössling João de Bemposta brachte es mit seiner maritimen Begabung sogar zum Generalkapitän der Flotte. An den Infanten Francisco erinnert heute nur wenig. Fast scheint es, als wollten die Portugiesen diesen finsteren ­Typen aus dem kollektiven Gedächtnis verbannen. Seine Mordtaten wurden nie verfolgt. Nur im Lissabonner Vorort ­Caxias (sonst vor allem durch ein Gefängnis bekannt) findet sich ein Palast, den Francisco begonnen hatte. Er wurde erst 1770 fertig, sodass Francisco ihn nie bewohnt hat. Der Palast befindet sich heute in einem ruinösen Zustand. Der Eigentümer, das Verteidigungsministerium, hat keine Pläne für eine Sanierung.
Aber die Parkanlage wird gepflegt und ist öffentlich zugänglich. Hier kann der Besucher bei einem Spaziergang darüber nachdenken, dass den Portugiesen ein Wahnsinniger als Herrscher erspart geblieben ist. Dem Gelübde seines Bruders für den Bau von Mafra sei gedankt!

Vem e vá – Perguntas a Dídio Pestana (em portugûes)

Bild von Guincho (Portugal)

Guincho, Corvo e Berlim desempenham um papel especial na vida de Dídio Pestana • Perguntas de Andreas Lahn

O que você pensa quando vê faixas de carros na neve?
Dídio Pestana: A neve para mim continua a ser algo que me fascina. Acho que isso advém do facto de ter nascido numa cidade que quase nunca vê neve. Gosto dos desenhos dos carros na neve porque normalmente aparecem quando cai a primeira neve do ano.

Quais são os seus sentimentos na praia do Guincho?
O guincho é um sitio especial. Sempre o foi. Acho que pelo facto de tão perto de Lisboa haver um sitio onde o mar se perde de vista e onde a natureza impera limpando a cidade e os pensamentos.

No filme se diz que com a distância para Portugal a família se torna mais importante. Que significado seus pais têm para você?
A distancia faz-nos ver as coisas de maneira mais critica, faz-nos apreciar o que não temos à mão. A familia para mim é o único polo fora da bolha em que de alguma maneira vamos vivendo. Onde podemos ouvir opiniões diferentes das nossas, mesmo que por vezes nos choquem. E o facto de convivermos no meio disto faz da família uma espécie de porto seguro, onde nos podemos retirar se tudo correr mal.

Você achou surpreendente que um filme com muitos momentos pessoais, quase íntimos, tenha sido indicado para um prêmio no Locarno Film Festival em 2018?
Ter sido selecionando para o festival foi sem dúvida uma surpresa e integrar uma sessão competitiva ainda mais. Mas a surpresa não vem do facto do filme ser pessoal. Não há aqui nada de novo. Se olharmos para realizadores como Jonas Mekas ou Ross McElwee vemos que é um género que já existe deste os anos 60/70 quando filmar se tornou mais acessivel.

Em seu filme, é como na vida cotidiana: as pessoas vêm sair mais cedo ou mais tarde, você acaba com coisas antigas para começar algo de novo – um ciclo eterno de encontrar e perder. Este vai e vem só pode ser suportado se você não se leva tão a sério, certo?
Não sei se tem a haver com levar-me ou não a sério. Levo os dias muito a sério, são poucos os que temos para viver. Mas os ciclos fazem parte da vida, a tristeza e a alegria, as pessoas que deixam de estar, as que se juntam. É também neste movimento que vamos crescendo e vivendo as coisas intensamente. Tudo faz parte.

Tendo «perdido» o seu próprio horizonte em 2006, parece que se ter encontrado em Berlim. O que faz de Berlim tão especial para você?
Berlim é especial para mim por muitas razões. Mudei-me para cá porque me senti desde a primeira visita em casa. Há poucos sitios assim. Sitios onde as pessoas não te julgam pelo que aparentas ser mas pelo que fazes, pessoas que estão motivadas a fazer coisas e não tentam encontrar antes de começar todos os problemas. Há uma energia para a acção. Não é uma cidade perfeita, como não há nenhuma. É também muito fácil perdermo-nos, deixarmo-nos levar pela corrente. Perder os dias no cinzento depressivo do Inverno. Não sair de casa. Mas também gosto deste lado bipolar da cidade, entre o Inverno e o Verão.

«Sobre tudo, sobre nada» é um filme sem diálogos falados. Você escreveu todas as letras. Você sonha com um filme completamente sem texto e fala, apenas com sons nos quais as imagens falam por si?
Todos os filmes têm a sua maneira de contar uma história. No meu caso o texto era uma parte fundamental. Quando penso nos meus próximos projectos não penso muito se o filme terá ou não uma voz off, se serão apenas as imagens a contar a história, se será de outra maneira. Penso sim na melhor forma de abordar a história, de fazer o filme que essa história pede.

Quando está gravando um filme sobre «Tudo e nada», muito está faltando e nada tem espaço para se desdobrar. Você tem planos para algo mais concreto?
Este filme passava muito por esta noção de que as coisas vão e vêm, que o tempo passa. Não quiz aprofundar muito um tema em especial. Quis pegar em tudo e quando se faz isso faz-se sabendo que não vai ser possivel. É o que queria para este filme, este universo inconcreto, este passar dos dias. No futuro quem sabe.

As curtas sequências sobre o colonialismo na Guiné-Bissau, o 25 de abril, e as manifestações contra o fascismo em Portugal mostram o seu interesse pela história portuguesa. Você poderia imaginar fazer um filme com esses «temas históricos»?
Não sei se sou a pessoa certa para pegar e abordar estes tópicos. Gosto e interesso-me muito pela história de portugal e principalmente com tudo o que se tem vindo a fazer aos poucos em portugal para levantar as camadas de tinta que o fascismo em Portugal pintou sobre a história. Eu ainda estudei história com livros que pintavam os portugueses como heróis. Por isso acho muito importante o trabalho que historiadores, artistas, cineastas tem vindo a fazer para revelar uma história mais verdadeira do colonialismo português. Por isso, não acho que não serei eu, pelo menos não enquanto tema central.

Viajar é sempre uma mistura de fuga e aventura. Como você consegue manter o equilíbrio entre encontros emocionantes em outros países e o descanso necessário para o trabalho concentrado?
É uma mistura nem sempre fácil. Acho que com o que ainda lido mal são os dias antes da partida e os dias da chegada. Mas isso depois passa e todos os sitios se permitem a trabalhar. Claro que continua a trabalhar e a estar mais concentrado em Berlim.

E se você realmente precisa descansar, viaja para o Corvo?
Quero voltar muito em breve ao Corvo, faz já muito tempo. Mas para descansar não há nada como a casa em Berlim.

«SOBRE TUDO SOBRE NADA» – Um filme de Dídio Pestana

Bild einer Wohnung in Kreuzberg (Berlin)

A história de um filme incomum do cineasta português Dídio Pestana que vive em Berlim • de Gert Peuckert

Conheço o Dídio desde o início de 2000. Naquela época, ele estudava Língua e Cultura Portuguesa na Universidade de Lisboa e estudou música, entre outros, com o guitarrista de jazz Mário Delgado na prestigiada Academia de Música Hot Clube de Portugal.
Com seu amigo Gonçalo Tocha fundou a banda «Lupanar», cuja vocalista Ana Bacalhau faz parte da banda «Deolinda» que dá muitos concertos no país e no estrangeiro.
O Dídio incorpora uma nova geração de jovens artistas portugueses, que criam em toda a Europa e no mundo, mas ainda tem fortes laços com suas raízes.
No seu filme, ele mostra através da lente da câmera de Super 8 a sua vida cotidiana como Português e viajante após a mudança em 2006 de Lisboa para Berlim.
(www.sobretudosobrenada.com)
Enquanto vemos as imagens pode-se sentir a alegria e amor pela vida, o amor pela família,  os amigos e o novo ambiente no distrito de Kreuzberg e Neukölln, em Berlim, que para ele se tornou o centro da vida e o seu lar.
O documentário premiado em formato de Super 8 exibe em forma de diário uma década cheia da vida de um homem  no meio de seu dia a dia, uma vida cosmopolita, com amigos e familiares, enriquecida repetidamente pelas viagens de trabalho e visitas de amigos a vários países da Europa, África e América Latina.
O filme é também um auto-retrato, que dá uma visão sobre o seu mundo interior de pensamentos, que constantemente voltam a Portugal e à sua família – para o horizonte distante na praia do Guincho, onde tudo começou – aquele horizonte vasto no Cabo da Roca que nunca se perde da sua visão.
Ficamos com uma impressão da vida diária de uma nova geração de portugueses na Alemanha que é livre de restrições, procura a sua auto-realização e está totalmente integrado na sociedade local.
O Dídio foi inspirado pelo círculo criativo de amigos no seu novo ambiente em Berlim, mas em particular foi o seu amigo de longa data e parceiro artístico, o músico e cineasta, Gonçalo Tocha, quem o sempre incentivou a trabalhar no seu documentário. Ambos fazem também parte da dupla musical «Tochapestana» e deram concertos muito bem recebidos em Berlim e Portugal.
• www.tochapestana.com
Gonçalo Tocha é agora um dos cineastas portugueses mais perfilados e tem participado em inúmeras competições internacionais. O seu principal tema artístico são as ilhas dos Açores.
Em 2007, começou a produzir um documentário na ilha do Corvo, nos Açores, de onde veio também a sua família. Conseguiu criar um retrato maravilhoso do dia a dia dos pouco mais de 400 habitantes da mais pequena das ilhas dos Açores, com características autobiográficas.
O seu filme «É na terra não é na lua» foi premiado em 2011 no Festival Internacional de Locarno e no Doclisboa 2011 entre outros.
No seu outro filme, «Balaou», ele documenta com imagens impressionantes a travessia da ilha de São Miguel nos Açores num veleiro até Portugal continental. Para ambos os filmes, o Dídio fez a música e o som.
Todos aqueles que são apaixonados pelos Açores e querem aprender mais sobre a vida e os pensamentos dos ilhéus, além da beleza da natureza, devem assistir a estes filmes.
https://dafilms.com/film/8464-it-s-the-earth-not-the-moon
https://www.cinema.de/film/balaou,4452561.html
A cena do cinema português desenvolveu-se dinamicamente nos últimos anos e ganhou muita projecção internacional.
Muitos jovens documentaristas, incluindo o trabalho de estréia do Dídio, recebem e continuam a receber apoio técnico adicional de associações e/ou produtoras como por exemplo a Kintop em Lisboa.
www.kintop.pt
Esta produtora estabeleceu-se com o objectivo promover a produção de projectos de filmes criativos do novo cinema alternativo em Portugal e a sua distribuição e comercialização no estrangeiro.
Em seus documentários cinematográficos, a equipa artística de Kintop lida, entre outros, com problemas sociais cotidianos, bem como questões históricas, como as ações da polícia secreta PIDE nos anos da ditadura fascista.
Assim, o documentário «Luz Obscura» da cineasta Susana de Sousa Dias conta a história da família do comunista e preso político Octávio Pato, que foi espiada e seguida pela PIDE por muitos anos. O filme é baseado em documentos originais da polícia secreta dos anos de 1926 a 1974 e foi homenageado pela Academia Portuguesa de Cinema com o prémio Sophia 2019.

»Kommen und gehen«: Fragen an Filmemacher Dídio Pestana

Foto vom 1. Mai in Kreuzberg (Berlin)

Guincho, Corvo und Berlin spielen in Dídio Pestanas Leben eine besondere Rolle • Fragen von Andreas Lahn

> Woran denken Sie, wenn Sie Autospuren im Schnee sehen?
Schnee fasziniert mich. Ich denke das kommt daher, dass ich in einer Stadt geboren wurde, wo es so gut wie niemals schneit. Ich mag Autospuren im Schnee, die man in der Regel nach dem ersten Schneefall des Jahres sehen kann.

Welche Gefühle haben Sie am Strand von Guincho?
Guincho ist ein ganz besonderer Ort. Das war schon immer so. Ich denke, es liegt daran, dass man ganz in der Nähe Lissabons einen Platz findet, wo sich das Meer in der Ferne verliert und die pure Natur dominiert, die Stadt und Gedanken reinigt.

Im Film sagen Sie an einer Stelle, dass mit der Distanz zu Portugal die Familie wichtiger werde. Welche Bedeutung haben Ihre Eltern für Sie?
Die Entfernung bringt uns dazu, die Dinge kritischer zu sehen und das zu schätzen, was wir nicht bei uns haben. Die Familie ist für mich der einzige Haltepunkt außerhalb der Blase, in der wir alle irgendwie leben. Es ist der Ort, wo wir konträre Meinungen hören können, auch wenn sie uns manchmal schockieren. Und die Tatsache, dass wir inmitten von all dem zusammenleben müssen, macht die Familie zu einem sicheren Hafen, in den wir uns zurückziehen können, wenn alles einmal schief laufen sollte.

Hat es Sie überrascht, dass ein Film mit vielen persönlichen, fast intimen Momenten beim Filmfest in Locarno 2018 für einen Preis nominiert wird?
Das mein Film für das Festival nominiert wurde war zweifellos eine Überraschung und die Zulassung als Wettbewerbsbeitrag eine noch Größere. Doch überraschend ist es nicht, dass ein sehr persönlicher Film prämiert wurde. Das ist nichts Neues. Wenn wir an Filmemacher wie Jonas Mekas oder Ross McElwee denken, sehen wir, dass es ein Genre ist, das bereits in den 60er und 70er Jahren aufkam, als das Filmen für Jedermann zugänglicher wurde.

In Ihrem Film ist es wie im alltäglichen Leben: Menschen kommen, um früher oder später wieder zu gehen, man beendet Altes, um Neues zu beginnen – ein ewiger Kreislauf von Finden und Verlieren. Dieses Hin und Her ist nur zu ertragen, wenn man sich selbst nicht so wichtig nimmt, oder?
Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat, dass ich mich wichtig nehme oder auch nicht. Ich nehme jeden Tag sehr ernst, denn es gibt nur wenige, die wir zum Leben haben. Aber die Zyklen sind Teil des Lebens, Trauer und Freude, Menschen, die nicht mehr da sind, andere, die neu dazu kommen. Es ist auch in diesem Kreislauf, in dem wir wachsen und die Dinge intensiv durchleben. Das alles gehört dazu.

Nachdem Sie Ihren eigenen Horizont im Jahre 2006 »verloren« haben, scheinen Sie in Berlin zu sich selbst gefunden zu haben. Was macht Berlin so besonders für Sie?
Berlin ist aus vielerlei Gründen etwas Besonderes für mich. Ich bin hierher gezogen, weil ich mich vom ersten Tage an wie daheim gefühlt habe. Es gibt nur wenige solcher Orte. Orte, an denen dich die Leute nicht nach dem beurteilen, was du vorgibst zu sein, sondern nach dem, was du tust, wo es Leute gibt, die motiviert sind, Dinge zu tun, und nicht von Beginn an nach Problemen zu suchen, wo der Tatendrang allgegenwärtig ist. Es ist keine perfekte Stadt, die es nirgendwo gibt. Man kann sich auch leicht verrennen, durch die Alltagsabläufe treiben lassen, sich verlieren im erdrückenden Grau der Wintertage und das Haus nicht verlassen. Aber andererseits liebe ich diese bipolare Seite der Stadt, den Gegensatz zwischen Winter und Sommer.

«Sobre tudo, sobre nada» ist ein Film ohne gesprochene Dialoge. Sie haben alle Texte selbst geschrieben. Träumen Sie von einem Film komplett ohne Text und Sprache, nur mit Geräuschen, in dem quasi die Bilder für sich selbst sprechen?
Alle Filme erzählen auf ihre Art Geschichten. In meinem Fall war der Text ein grundlegender Bestandteil. Wenn ich an meine nächsten Projekte denke, so mache ich mir keinen Kopf, ob der Film ohne Text und Sprache oder auch mit sein wird, ob nur die Bilder die Geschichte erzählen oder es ganz anders sein wird. Worüber ich nachdenke ist es, die beste Art und Weise zu finden, sich der Geschichte zu nähern und einen Film zu machen, nach dem diese Geschichte verlangt.

Wenn man einen Film über »Alles und nichts« dreht, kommt Vieles zu kurz und nichts hat genug Raum, um sich zu entfalten. Haben Sie Pläne für Konkreteres?
In diesem Film ging es vor allem darum zu zeigen, dass Dinge kommen und gehen, dass Zeit vergeht. Ich wollte kein Thema besonders herausstellen, wollte alles festhalten. Und wenn man das vorhat, begreift man sehr schnell, dass es nicht geht. Das war es, was ich für diesen Film wollte, dieses unbestimmte Universum, dieses Vergehen von Tagen. Was die Zukunft betrifft – mal sehen.

Die kurzen Sequenzen über den Kolonialismus in Guinea Bissau, über den 25. April und die Demonstrationen gegen Faschismus in Portugal zeigen Ihr Interesse für die portugiesische Geschichte. Können Sie sich vorstellen, aus solchen »historischen Themen« einen Film zu machen?
Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin, diese Themen anzufassen und zu bearbeiten. Mich hat die Geschichte Portugals immer sehr interessiert und vor allem alles das, was bisher dafür getan wurde, den Mantel der Verschwiegenheit aufzudecken, den der Faschismus in Portugal über die Geschichte gelegt hatte. Ich wurde noch mit Geschichtsbüchern unterrichtet, in denen die Portugiesen als Helden dargestellt wurden.Deshalb halte ich die von Historikern, Künstler und Filmemachern geleistete Aufklärungsarbeit für eine realistische Geschichtsbetrachtung des portugiesischen Kolonialismus für immens wichtig. Und auch deshalb, so meine ich, bin nicht ich prädestiniert dafür, zumindest nicht als mein zentrales Thema.

Reisen ist immer eine Mischung aus Flucht und Abenteuer. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen spannenden Begegnungen in anderen Ländern und der nötigen Ruhe für konzentriertes Arbeiten?
Es ist eine Mischung, die nicht immer einfach ist. Ich denke, was mir immer noch zu schaffen macht, sind die Tage vor der Abreise und die Tage nach der Ankunft. Aber dann geht es vorbei und überall, wo ich dann bin, lässt es sich arbeiten. Natürlich arbeite ich weiterhin am konzentriertesten in Berlin.

Und wenn Sie wirklich Ruhe brauchen, reisen Sie nach Corvo?
Ich möchte bald wieder nach Corvo reisen, denn ich war lange nicht dort. Aber um mich zu erholen, gibt es nichts Besseres als meine Wohnung in Berlin.

»Alles und nichts« – Über den Filmemacher Dídio Pestana

Foto von Dídio Pestana und einigen FreundInnen

Zur Geschichte von Dídio Pestanas ungewöhnlichem Film «Sobre tudo – sobre nada» • von Gert Peuckert

> Dídio kenne ich seit Beginn der 2000er Jahre. Damals studierte er portugiesische Sprache und Literatur an der Universität Lissabon und nahm Unterricht bei dem Jazz-Gitarristen Mário Delgado an der renommierten Musikakademie Hot Clube de Portugal.
Mit seinem Freund Gonçalo Tocha gründete er die Band «Lupanar», deren Sängerin Ana Bacalhau heute mit ihrer Band «Deolinda» viele Konzerte im In- und Ausland gibt.
Dídio verkörpert eine neue Generation von jungen Künstlern aus Portugal, die überall in Europa und der Welt kreativ unterwegs sind, aber weiterhin eine starke Bindung zu ihren portugiesischen Wurzeln haben. In seinem Film schildert er durch die Linse einer Schmalfilmkamera seinen Alltag als Portugiese und Weltenbummler nach seiner Umsiedlung im Jahre 2006 von Lissabon nach Berlin. (www.sobretudosobrenada.com)
Man spürt beim Betrachten seiner Aufnahmen die Freude und Lust am Leben, die Liebe zu Familie, Freunden und dem neuen Umfeld in Berlin-Kreuzberg, das für ihn zunehmend zum Lebensmittelpunkt und vorübergehendem Zuhause wird.
Der preisgekrönte Dokumentarfilm im Super-8-Format zeigt in Tagebuchform das abwechslungsreiche Lebensjahrzehnt eines jungen portugiesischen Menschen inmitten seines Alltags, ein kosmopolitisches Leben mit Freundinnen und Freunden, das immer wieder von Reisen und Aufenthalten in verschiedenen Ländern Europas, Afrikas und Lateinamerikas bereichert wird.
Der Film ist zugleich ein persönliches Selbstporträt, das Einblicke in seine innerste Gedankenwelt gibt, die stetig den Bezug zu Portugal und seiner Familie finden − zum weiten Horizont am Strand von Guincho, wo alles seinen Anfang nahm − jenen Horizont am Cabo da Roca, den er nie aus seinen Augen verliert.
Wir bekommen einen Eindruck vom Leben einer neuen Generation junger portugiesischer Menschen in Deutschland, die frei von Zwängen hier ihre Selbstverwirklichung sucht und voll in die hiesige Gesellschaft integriert ist.
Didio wurde vom kreativen Freundeskreis in seinem neuen Umfeld in Berlin, insbesondere aber seinem langjährigen Freund und künstlerischen Partner, dem portugiesischen Musiker und Filmemacher Goncalo Tocha, für die Arbeit an seinem Dokumentarfilm inspiriert. Beide haben auch schon als Musiker in dem Musikduo «Tochapestana» zusammengespielt und sind erfolgreich in Berlin und Portugal aufgetreten. (Weitere Informationen auf www.tochapestana.com)
Gonçalo Tocha zählt inzwischen zu den profiliertesten portugiesischen Filmemachern und an zahlreichen internationalen Wettbewerben teilgenommen. Sein künstlerisches Hauptthema sind die Azoren. Im Jahre 2007 begann er mit der Produktion einer Dokumentation auf der Insel Corvo, von der auch seine Familie stammt. Es gelang ihm ein wunderbares Porträt vom Leben und dem harten Alltag der nur etwas mehr als 400 Einwohner zählenden kleinsten aller Azoren­Inseln mit autobiografischen Zügen zu schaffen. Sein Film «É na terra não é na lua» wurde 2011 auf dem internationalen Festival in Locarno und der Doclisboa 2011 ausgezeichnet.
In seinem bereits 2007 gedrehten Film «Balaou» dokumentiert er in beeindruckenden Bildern die Überfahrt von der Azoren-Insel São Miguel in einem Segelboot zum portugiesischen Festland. Zu beiden Filmen schuf Dídio Musik und Ton. All jenen, die sich für die Azoren begeistern und neben den Schönheiten der Natur mehr über das Leben und Denken der Inselbewohner erfahren wollen, sollten sich diese Filme anschauen. (https://dafilms.com/film/8464-it-s-the-earth-not-the-moon; https://www.cinema.de/film/balaou,4452561.html )
Die portugiesische Filmemacher-Szene hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und auch international an Profil gewonnen. Viele junge Dokfilmer, so auch das Erstlingswerk von Dídio, erhielten und erhalten fachliche Unterstützung von der Künstlergemeinschaft Kintop in Lissabon. (www.kintop.pt). Ziel ­dieses Projektes ist die Förderung von kreativen Filmprojekten des neuen alternativen Kinos in Portugal und deren Verbreitung und Kommerzialisierung im Ausland. Das Künstler-Team von Kintop setzt sich in ihren filmischen Dokumentationen sowohl mit sozialen Alltagsproblemen als auch mit historischen Themen wie der Aufarbeitung des Wirkens der Geheimpolizei PIDE in den Jahren der faschistischen Diktatur auseinander.
So erzählt die Dokumentation «Luz Obscura» der portugiesischen Filmemacherin Susana de Sousa Dias die Geschichte der Familie des eingekerkerten Kommunisten Octávio Pato, die von der PIDE über viele Jahre beobachtet und verfolgt wurde. Der Film basiert auf Original­dokumenten der Geheimpolizei aus den Jahren 1926 bis 1974 und wurde von der Portugiesischen Kino-Akademie mit dem Preis Sophia 2019 geehrt.

Príncipe Real: Angesagter Stadtteil in Lissabon

Foto vom Park «Príncipe Real» in Lissabon

Wie ein Lissabonner Stadtteil immer mehr Menschen in seinen Bann zieht • von Catrin George Ponciano

> Es gibt Orte, die verändern sich ständig, dann gibt es andere, die verändern sich nie. Der Park Jardim de Príncipe Real mit gleichnamigem Quartier im Herzen von Lissabon ist solch ein Ort. Hier begegnen sich Menschen. Das war schon immer so. Am liebsten auf einer Bank unter der über 140 Jahre alten Bucaço-Zeder in der Mitte des Parks, am Stamm asymmetrisch verwachsen, an der Baumkrone zu einem zwanzig Meter sich auffächerndem Schattendach steht sie dort und gehört einfach dazu. Wer mag hier unter diesen würzig duftenden Ästen und Zweigen seit 1869, seit dieser Park vom Hofgarten-Architekten Bon­nard designt wurde, alles gesessen haben. Gelesen, diskutiert, geträumt? Auf jeden Fall Anwohner, um Neuigkeiten auszutauschen. Künstler, um Inspiration zu erhaschen. Intellektuelle, Spione, Neugierige. Und Arbeiter, um ihr bescheidenen Mahl einzunehmen, sowie unzählige Reisende, die sich vom Flair des Viertels bezaubern ließen und in diesem Park eine Erholungspause auf ihrem Weg von, nach, fanden.
Seit also dieser neu angelegte Garten am Rand des Bairro Alto, Prinzenpark heißt, benannt nach dem Sohn von König D. Fernando II von Coburg-Sachsen-Gotha, dem Auftraggeber für den Park, den einstigen Marktplatz für den Verkauf von lebenden Schweinen abgelöst hat, ist einiges passiert in Lissabon. Die Monarchie wurde gestürzt, zwei Weltkriege gingen an der Hauptstadt nicht spurlos vorbei, gefolgt von der Diktatur, bis die Nelkenrevolution 1974 das Land in einen neuerlichen Befreiungstaumel stürzte und die dritte Republik in Kraft trat.
Aber auch in den Jahrhunderten vorher, bevor dieser prächtige Baum gepflanzt und sein Park nach französischem Vorbild angelegt wurde, blickt der Platz an sich auf eine bewegte Geschichte zurück. Etliche Jahrhunderte erst als Müllplatz für die Oberstadt genutzt, diente die Fläche im Laufe der Urbanisierung der Hügelkuppe unter anderem dem einst in der São Roque-Kirche beheimateten Jesuitenorden für ein Gebäude als Missionars-Station, das beim Erdbeben 1755 einstürzte. Danach wurde ein königlicher Stadtpalast auf den Platz erbaut, der einem Brandstifter zum Opfer fiel. Mitte des 19. Jahrhunderts betteten die damaligen Städteplaner das Gelände dann ein für die dringende Trinkwasserversorgung im Bairro Alto und im Chiado, und bauten die eindrucksvolle Zisterne Reservatório Patriarcal. Getragen von 31 Säulen speicherte dieses 9,50 Meter tiefes Wasserreservoir mit Kuppeldecke Trinkwasser für die Anwohner in der Oberstadt und versorgte die Nachbarschaft bis zur Avenida da Liberdade, und ist durch den einstigen Wasser-Versorgungstunnel mit dem Hauptreservoir und heutigem Wasserwerk-Museum Água Mãe im Stadtteil Amoreira unterirdisch verbunden. Das Reservoir, die Gänge, und das Museum kann man besichtigen, aber das besondere Highlight erlebt man Freitagabend bei Fado mit Wein. Ein unscheinbares Schild weist den Weg zum Eingang in die Zisterne.
Bloß wenige Gehminuten von der Aussichtsterrasse São Pedro de Alcântara entfernt, kennen die meisten Besucher Lissabons dieses grüne Kleinod und sein vibrierendes Stadtviertel drumherum (noch) nicht. Gut so! Somit kann das momentan laut Time-Out-Press an fünfter Stelle platzierte coolste Stadtviertel der Welt, sein Cool-Sein, seine Lässigkeit, seine Nonchalance, aufrecht halten. Wer nebenbei, neben der Arbeit, zwischen zwei Museumsbesuchen oder einfach nach Feierabend in das Quartier kommt, kennt Lissabon wirklich, sagt man, und verrät es nicht.
Überhaupt passiert im Príncípe Real alles so eher nebenbei. Man geht nebenbei die außergewöhnlichsten Dinge kaufen, besucht im Vorbeigehen zeitgenössische Galerien, geht heute vegan und morgen iranisch essen, chillt in der Gin-for-friends-Bar im Embaixada-Palast oder lümmelt auf Puffkissen in einer der angesagten Bars entlang der Rua São Pedro de Alcântara im Patio mit Blick auf die Unterstadt, die Burg, das Graça-Viertel, und die markanten Torres de Lisboa, die modernen Stahlglasbauten, die in ihrer Architektur tatsächlich an Ritterburg-Wachtürme erinnern und die heutige wirtschaftliche Bastion Lissabons verkörpern. Allein diese unaufdringliche, ja, fast natürliche Gelassenheit im Quartier, steckt alle an, die hierherkommen, und eine Auszeit suchen von der Hektik in der Unterstadt, von der Enge in der Alfama und im Burgviertel, und sich von den nicht abreißenden Touristenströmen erholen, die sich beinahe rund um die Uhr durch Lissabons berühmte Altstadt-Viertel und deren Sehenswürdigkeiten drängeln.
Ein Spaziergang durch den Prinzenpark und die umliegenden Straßen und Gassen bescheren Eindrücke eines anderen Lissabon. Das Viertel ist ein Abschied von gestern, obwohl der Príncípe Real dank eines amerikanischen Investors, der das Viertel mit einer Summe in schwindelerregender neunstelliger Höhe in einem Zeitraum von 15 Jahren sanieren ließ, sich sein historisch romantisches, architektonisches Fassadengesicht aus einer Mischung von Jugendstil bis Neo-Maurisch der vergangenen Jahrhundertwende erhalten konnte, und dank des Investors und seiner Vision eben nicht dem Modernisierungswahn heutiger Star-Architekten zum Opfer fiel.
In die Häuser zog aber nach der Sanierung ein neuer Esprit ein. Ein Esprit, der das heutige intellektuelle Portugal in eine winzigen Blase gebettet verkörpert. Im Princípe Real entsteht Zukunft. Auf dem Sektor Design, Innenausstattung, Dekoration, Körperpflege, Genussmittel, Kunst, Kleidung, Schuhe, Produkte, die sich abwenden vom Konsum, findet man hier neben Markenqualität und Mode nach dem letzten Schrei geschneidert, vor allem innovative Ideen, Einzigartigkeiten und eine große Auswahl an Unikaten und Produkten made in Portugal. Der avantgardistisch individuelle Stil der einzelnen Boutiquen und Designer kennt keine Grenzen, jedes Geschäft an sich ist ein kleines Kunstwerk, jedes Produkt etwas Besonderes, und die Betreiber sind stolz auf ihren Zusammenschluss zu den sogenannten Concept-Stores, die sich mittlerweile mit über 100 Ladeneinheiten nicht nur im Príncípe Real, sondern in der gesamten Oberstadt Lissabons ausbreiten.
Doch nicht bloß shoppen und chillen kann man hier. Bekannt berüchtigt ist das Viertel auch für seine alteingesessene Gay-Szene und für seine Kult-Bars, deren Ursprung und Einrichtung bis in die Siebziger Jahre zurückreicht, die Live-Musik und entspanntes multikulturelles Flair bieten.
Mit dem Kettenaufzug Glória geht es vom Platz Praça dos Restauradores nördlich vom Rossio aufwärts, von dort weiter zu Fuß nach rechts, den Aussichtspunkt S. Pedro de Alcântara lässt man rechts liegen, und gelangt nach etwa zehn Minuten Fußmarsch der Straße folgend, zum Park Jardim Princípe Real. Auf dem Weg dorthin liegt die Kult-Bar Pavilhão-Chinés, links, Hausnummer 91, vermutlich (noch) die einzige Bar in Lissabon wo man Billard spielen, im Museum Cocktails trinken, und rauchen kann. Gegenüber auf der anderen Straßenseite gelangt man durch unscheinbare Hausdurchlässe in die schicksten Bars und Cafés der Stadt mit beschriebener atemberaubender Aussicht und schlendert vorbei an etlichen Tapas-Bars, Vegan-Snack-Bars und Restauration von fünf Kontinenten. Rund um den Park herum breitet sich das Quartier sternenförmig aus, und lädt ein zum Flanieren und chillen. Wer mag, stolpert und staunt von der einen Boutique oder Galerie durch die Tür hinaus in die nächste Tür hinein und staunt weiter. Den besten Fado der Stadt hört man übrigens auch hier. Also prinzipiell kann man gleich ganz im Quartier bleiben. Viel Spaß!

Desaströses Ungeziefer im Ambiente der Flora in Portugal

Foto von zerstörten Palmen in Portugal

Über den hilflos wirkenden Umgang der Behörden mit der Insektenplage

• von Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke


> Die portugiesische Flora leidet, wie die in allen modernen Ländern, unter der Fehlanwendung von Insektiziden zur Abwehr gegen Ungeziefer. Die Menge von Insekten, Würmern und Regenwürmern, für die Stabilität von Flora und Fauna verantwortlich – viele Tiere, nicht nur Vögel, leben von Insekten – nehmen kontinuierlich ab. Die Entomologie, die Wissenschaft, welche sich mit dem globalen Studium der Insekten und deren Arten befasst, schlägt länderübergreifend Alarm. Unter dem Titel »Der Verlust der Artenvielfalt und der Rückgang von Insekten« informieren die zuständigen Institutionen die Öffentlichkeit sowie die staatlichen Stellen über die Gefahren für Gesundheit und Gleichgewicht der Umwelt. Es wurden Programme ausgearbeitet, den verschiedenen Gefahren des Insektensterbens entgegenzuwirken. Die gesamte zeitgenössische Landwirtschaft steht zur Diskussion. Inzwischen gibt es gesicherte Erkenntnisse, wonach in der »Bio«-Landwirtschaft die Lage weniger besorgniserregend ist, das natürliche Gleichgewicht von Flora und Fauna sich weniger besorgniserregend zeigt, jedoch nicht, wie anempfohlen, perfekt ist. Um einen Vergleich zur globalen Bedrohung durch Plastik heranzuziehen, schließt, so die Spezialisten, die Bewahrung des modernen Weltgefüges die unbedingte Untersagung jeglicher Insektizidenprodukte ein.
Portugal lebt noch gefährlicher, was die aus dem Welthandel importierten Ungeziefer anbetrifft. Sie führen eine tödlichen Tanz in der portugiesischen Flora auf, nehmen zu und verdienen eine feste und entschlossene Antwort, um eine Apokalypse der Flora zu vermeiden.. Sprechen wir von einer kleinen Auswahl: fünf Arten von Insekten und Käfern tanzen einen Bauchtanz in der Flora Portugals. In fesche und vielfarbige Aufmachungen gekleidet, treten sie mit zerstörerischer Macht und diabolischer Gefahr gegenüber der Natur und den Menschen auf. Nicht glaubhaft? Übertrieben? Nennen wir die hehren Akteure beim Namen und kommen ohne Umschweife zu den Tatsachen:
Als ersten vorzustellen gilt es den pitoresken »Rhynchoporus ferugineus«, ein abscheulicher Käfer, aus den tropischen Gegenden Asiens und Polynesiens stammend. Er gelangte nach Afrika, schliesslich nach Europa und trat 1994 in Spanien auf. Radikal zerstört er verschiedene Arten von Palmen. Wer kennt nicht in unserem gesamten Land den schockierenden Anblick von Palmen mit herunterhängenden und vertrockneten Zweigen oder einen verlorenen, abrasierten Stamm als traurigen Beweis einer gestorbenen Pflanze? Beklagenswerte Anblicke, Belege für Krieg in der Flora, schreckliche Szenarien für alle Naturfreunde.
Der zweite Kumpane der illustren Auswahl ist die »Vespa-das-galhas-do-castanheiros«, ein Insekt, welches die Blattsprossen gallapfelig angreift, das Wachstum der Zweige hemmt, die Früchtebildung behindert, das Wachstum und die Qualität der Kastanienbäume beeinträchtigt und sie schließlich in Gänze vernichtet. Seine geographische Ausbreitung geht von Asien, Nordamerika bis Europa, sich immer stärker nach Mitteleuropa ausbreitend, zudem ersichtlich Portugal nicht verschonend.
Als dritten Parasiten heben wir die »Asiatische Wespe« hervor, aus Indien, China, Indochina sowie Indonesien stammend, und 2011 in Portugal entdeckt. 2015 wurden hierzulande 1.215 Nester gefunden. Die Plager dezimieren die heimischen Bienen hartnäckig, indem sie aggressiv und nachhaltig in deren Nester eindringen. Das wirtschaftliche Ergebnis bedeutet, dass die Produktion heimischen Honigs abnimmt.
Die Nummer vier, welche orkanartig die Wälder überfällt, ist die »Prozessionsspinne«, gleichermaßen für Mensch und Tier gefährlich. Ihr Ursprung liegt in Südeuropa.
Hat sie Kontakt mit sensiblen Körperteilen, sei es bei Mensch oder Tier, z.B. mit der Zunge von Hunden, kann dies schwerwiegende Verletzungen hervorrufen und bis zum Tod führen, sofern nicht umgehende ärztliche Hilfe zuteil wird. Das Tier fertigt weiße, gut sichtbare Nester in Pinien. Es handelt sich um eine ständig anwachsende Plage, sowohl für Pinien wie für Zedern.
Die Nummer fünf ist der »Buchsbaumzünsler«, ein weiterer asiatischer Import aus Japan, China. Korea und Indien. Er kennzeichnet sich durch Flecken auf den Blättern in grau-bräunlicher bis orangener Farbe, welche schnell zunimmt, durch schwarze Riefen auf der Kehrseite der Zweige, was mit deren Abfall endet. Es bedarf einer radikalen Behandlung.
Somit summiert und befördert die portugiesische Umwelt Probleme eines vorrangigen Schutz des Flora. Bekanntlich leidet das Portugal unter der besonderen Krise verbrannter Wälder und erduldet einen Mangel an wilden Tieren und Vogelsorten verschiedenster Art. Viele Jäger missbrauchen die Fauna, verringern sie auf Weniges. Wann wird die gefährliche und tödliche Gefahr für Flora und Fauna ein Ende nehmen, die sicherlich in einer Umweltkatastrophe endet?
Die portugiesischen Behörden des Zivilschutzes sind sich dieses schrecklichen Dramas bewusst, aber es kommt uns vor, dass wenige wirklich verängstigt erscheinen, sagen wir indigniert und moralisch reuig. Es gibt keine angemessenen medizinischen Behandlungen, den Parasiten Nr. 1 zu bekämpfen, ausser durch Importmittel. In Spanien ist jedermann verpflichtet, seine kranken Bäume den Behörden zu melden, während der Staat die öffentliche Natur behandelt. In Portugal fehlt es an einer solchen durchdachten Regelung und einer vernünftigen Choreographie, um in imperativer Weise die derart leidende Natur zu retten. Um den Feind Nr. 5 zu bekämpfen, reicht es aus, die kranken Bäume und Pflanzen abzuschneiden, was nicht der Schönheit der Natur dienlich ist.
Einige Ortschaften betreiben eigene Vorsorge, aber was zum Beispiel den Parasiten der Prozessionsspinne anbelangt, stellt man eindeutig Betroffenheit, Hilflosigkeit bis hin zur Desorientierung fest. Es ist erforderlich, eine gutes Programm zu besitzen, die Anfangszyklen der Plagen zu analysieren, praktisch mögliche Programme zu erarbeiten und sorgfältige Massnahmen durchzuführen, damit die betroffene Natur geschützt
wird, mit anderen Worten von der vernünftigen Vorsorge über die Kontrolle bis zur Entsorgung. Wir meinen, dass es stärkerer Anstrengung bedarf, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, und das mit einer Strategie, wonach ein Wechsel stattfindet. Portugal verdient eine Abteilung »Spezialfeuerwehr Umwelt«, eine reine »chemische Truppe«, so wie sie andere Länder in identischen Situationen einsetzen.
Es gibt noch viel gegen diese unangenehmen Besucher zu tun, dies sehenden Blickes zunehmen. Wer kennt den nächsten indiskreten Eindringling, welcher die Pflanzen schädigt und die Gesundheit der Menschen angreift? Die portugiesische Natur verdient es nicht, eine »via mala der Umwelt« zu gehen. Es braucht Anstrengung und Ausdauer. Endgültig!
Ein Argument, mehr als abgenutzt, ist das fehlender öffentlicher Finanzen. Offenbar schenkt der Minister für Landwirtschaft, Forst und Entwicklung diesen globalen Gegebenheiten nicht genügend Aufmerksamkeit. Man weiß nicht einmal, ob die zuständigen staatlichen Stellen nicht Beihilfen der EU-Gemeinschaft, für diesen Zwecke bestimmt, beantragen. Träfe dies zu, wäre es eine unverantwortliche und skandalöse Gleichgültigkeit. Demgegenüber ist es interessant mitanzusehen, wie bestimmte Gemeinden »großzügig« einen guten Teil ihres Budgets für Feste, Feuerwerk, Jahrmärkte und die ganze Spezies übertriebener Veranstaltungen ausgeben. Prioritäten zählen. Spreche einer ein ehrliches »mea culpa« zu Gunsten der Natur als die wesentliche Grundlage unseres Lebens Tag für Tag aus.
Das Problem an sich verdient keinen Pardon. Das Naturlabor braucht effektive Unterstützung, einbezogen sämtliche aktuellen wissenschaftlichen Maßnahmen, um den Einfall, den Verbleib und die Vermehrung dieses unerwünschten Ungeziefers – tödliche Gäste – rigoros zu verhindern. Die Regionen benötigen in erster Linie die Hilfe des für diese Materie verantwortlichen Ministeriums. Die Würde der Natur erfordert gerechte und konkrete Manifestationen. Nicht angängig ist die »kommode Wechselwirkung«, in der Politik »zu denken«, in Parlamenten »nachzudenken«, akademische Regelungen zu schaffen, viel zu reden und in Gemeindeversammlungen aktive Pläne zu entwerfen, wenn nichts oder wenig geschieht. Brüssel hat zweckbestimmte Mittel.
Andernfalls wird die Identität eines Landes, dessen Umweltwert noch zufriedenstellend und multikulturellen Tourismus anzuziehen geeignet ist, verschwinden.
Sicherlich nicht?