von Ana Carla Gomes Fedtke und Eberhard Fedtke
> Die fortlaufenden Rückkehr-Programme für Emigranten, vom Staat in Perioden von vier Jahren ausgearbeitet, erbringen keinen nennenswerten Erfolg. Mit dieser Erkenntnis muss er letztendlich verstehen, dass sehr wenige seiner Landsleute in der Welt draußen zurückkehren wollen, nachdem sie ihren Lebensabschnitt in spezieller Absicherung in irgendeinem Land in beliebiger Position bewerten – sofern nicht in den Ferien oder im Ruhestand. So sieht das wahrhaftige gegenwärtige Szenario aus. Ein drängendes politisches Thema ist, darüber nachzudenken und zur bedrückenden Realität zu gelangen: Entsprechend offizieller Untersuchungen wird Portugal bis 2060 2 bis 3 Millionen seiner Einwohner verlieren – mehrheitlich hochqualifizierte Jugendliche. Es ist als Tatsache festzustellen, dass mehr Portugiesen draußen leben als im Heimatland. Portugal, ein Land der Emigration, läuft – unvermeidbar – Gefahr, zumindest in ländlichen Regionen ein Altenheim sowie eine Zuflucht für Rentner zu werden, zumal Portugal bereits in der Welt den fünften Platz des Altenanteils in der Bevölkerung einnimmt.. Heimzukehren bleibt spirituell ein hübscher Titel für einen fröhlichen Fado.
Als Ergebnis der Analyse dieser neuen sozialen Plattform der portugiesischen Gesellschaft wird der Staat künftig seine Prioritäten und Visionen auf die Diaspora draußen in mehr als 80 Ländern ausrichten, um die Verbindungen zwischen Emigranten und Heimatstaat zu festigen und letztlich die portugiesische Kultur zu bewahren. Das reichhaltige Libretto enthält als vorrangiges Geflecht: Vereinswesen, Wirtschaft und Entwicklung, Bürgerrechte für Neubürger, Unterstützung vor Ort, Träger der sozialen Kommunikation in der Diaspora sowie authentisches Kulturwesen. Dieses Programm eines Wechsels der Prioritäten von Rückkehr zu einer Stärkung der Diaspora agil der Öffentlichkeit vorzustellen, diente eine grandiose Aufführung mit weiter Ausschau: Auf einem Ersten Kongress der Portugiesischen Diaspora, abgehalten am 13. Juli 2019 in Porto mit mehr als 400 Teilnehmern und in Anwesenheit der Chefs vom Staat, Regierung und Parlament, wurden von zahlreichen Rednern die bestehenden Probleme Portugals mit der Diaspora analysiert, debattiert und behandelt – insbesondere auch die der zweiten und dritten im Ausland geborenen Generation. Vorhaben des Treffens war vor allem, die Multi-Strukturen der aktuellen Emigrationspolitik zu erneuern oder gegebenenfalls zu korrigieren. Die Teilnahme des Außenministers belegt, dass diese neue Öffnung zur Diaspora einen Teil der offiziellen Außenpolitik bildet und ein politisches Gewicht erster Kategorie haben soll.
Das Ziel ist evident: Portugal möchte nicht die Verbindung zu seinen emigrierten Mitbürgern verlieren – einem enormen menschlichen Kapital an Intelligenz und kultureller Kreativität –, wobei dieses ethnische Potenzial seit dem Jahr 1900 in wachsenden Bewegungen das Land verließ, in seiner Mehrheit nach Zentraleuropa mit entwickelten Volkswirtschaften auf der Suche nach Spezialisten. Viele dieser Spitzenköpfe trachten nicht mehr danach heimzukehren. Ein signifikantes Beispiel: Heute bietet der deutsche Staat circa eine Million freier Stellen in unterschiedlichen Arbeitskategorien an. Es fehlen Fachkräfte in allen wichtigen ökonomischen Sektoren.
Die Frage ist, ob es dieser Anstrengung des Staates für die Diaspora bedarf. Jedwede portugiesische Familie hat ihre kleine wirkungsvolle Diaspora – vermögende Familienmitglieder oder Freunde in vielen Ländern draußen, was eine dauerhafte und vielseitige Verbindung mit charakteristischen Abdrücken lusitanischen Esprits belegt. Mithin fehlt es nicht an vielfältig einwirkenden Botschaftern für sämtliche Kulturbereiche in beiderlei Richtung. Die beeindruckende Demonstration durch Emigranten dieser Internationalisierung zeigt sich in den jährlichen Ferien zum Ergötzen der anderen hierzulande, wenn sie in luxuriösen Automobilen herumfahren und Häuser kaufen oder bauen – eine Rückkehr für die Zeit der Rente geplant. Dieser neue Reichtum zeitigt eine spektakuläre Sprache, was wirtschaftlich möglich ist, draußen zu leben, zu arbeiten und nicht zurückzukehren. Gegenüber derlei fortwährender Unausgewogenheit antwortet der Staat mit Besorgnis, möchte darauf mit Vordringlichkeit, Intensität und Fantasie reagieren.
Der erste Kongress der Diaspora definierte exakt die anstehenden Probleme der Emigration, dies in Ersetzung der Rückkehr-Programme. Im Kongress von Porto wurden folgende Punkte erarbeitet und beschlossen:
Ein neues Gesetz der Staatsbürgerschaft sieht vor, dass Kinder und Kindeskinder von Emigranten die portugiesische Staatsangehörigkeit erwerben können, auch wenn die Eltern geschieden sind. Ein neues Wahlrecht erfasst 1,5 Millionen Portugiesen, die in ausländischen Wählerlisten verzeichnet sind, und denen das Recht, in Portugal zu wählen, gewährt wird, was bisher nicht möglich war. Eine doppelte Staatsangehörigkeit stellt kein Hindernis dar. Analysten versprechen sich von diesem Sachverhalt eine signifikante »demokratische Reserve«. Das große Problem wird sein, diese neue »Klientel« zu motivieren. Das ist eine fundamentale Aufgabe der nationalen Presse, die Emigranten fortgesetzt über diese sozialen Neuheiten zu unterrichten. Eine maßgebliche Arbeit in sensibler Dimension.
Weitere Themen betreffen die Harmonisierung in Fragen der Steuerverfassung, wozu ein neuer Steuer-Leitfaden ausgearbeitet wurde, die Aufwertung von Sozialversicherung und Justiz, vor allem auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen, ferner die internationale Wertstellung der beruflichen Ausbildung in portugiesischer Sprache, draußen vermehrt das Studium der portugiesischen Sprache anzubieten, und dies mit Blick auf die neuen Regelungen. Einbezogen als weiteres Projekt ist die Stärkung gleichwertiger Zugänge zu sozialen Sektoren im allgemeinen. Schließlich hat das Land die Zusammenarbeit mit den gegenwärtig 66 Handelskammern in der Diaspora zu verstärken, damit diese über bloße Posten der Vertretung hinaus Unterstützung bei Projekten auf vielen Gebieten anbieten, um so Traditionen und kulturelle Gebräuche zu praktizieren.
Jede Diaspora-Gemeinde draußen kann ihre eigene integrale Plattform ausformen und realisieren sowie seine Zukunft zum Mutterland mit konkreten, realistischen Initiativen definieren. Das Fehlen allgemeiner Glaubwürdigkeit für dieses ethnische Ziel wäre unverzeihlich.
Der erste Kongress von Porto sensibilisierte die Teilnehmer umfänglich, indem er ausgesuchte Themenstellungen wählte, zukünftige Prognosen behandelte sowie das Symposium zu kreativen Vorhaben eines »neuen und weiten Portugals« anregte und ermunterte, und dies nicht lediglich im Sinne einer virtuellen Inspiration, sondern im Umfang praktischer Methoden von schlicht realistischer Struktur.
Hoffen wir, dass das Programm einer Rückkehr ins Heimatland weiter in der Agenda der Innen- und Außenpolitik eingebunden bleibt, um auf diese Weise berufsaktive Portugiesen zu bewegen, Erfahrungen aus dem Ausland nach Portugal zu importieren, damit das Land dadurch gewinnt, und dass die neue euphorische Vision für die Diaspora dazu dient, die Bindungen zu allen Portugiesen in der Welt draußen zu intensivieren sowie aufzuwerten und sie nicht als eine voluminöse mystische Demonstration ohne substantielle Ergebnisse verbleibt. Von Seiten der Staatsorgane muss erkannt werden, was konkret die Diaspora und ihre Gemeinschaften benötigen.
Wir werden sehen, was ein nächster Diaspora-Kongress an selbstkritischen Erkenntnissen über den Kongress »Porto 2019« erbringt. Wir werden sehen, ob das Diaspora-Programm ein hübscher Traum wie derjenige des Rückkehr-Programms ist.
Doch zu träumen ist ein Privileg der portugiesischen Mentalität.