von Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke
> Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) ist seit jeher für das deutsche Volk der berühmteste Dichter. Die universelle Biographie dieses genialen Mannes – zu Lebzeiten unter anderem als Schriftsteller, Essayist, Dramaturg, Wissenschaftler und Minister tätig – bietet eine Vielfalt umfänglicher Veröffentlichungen auf den Gebieten des Sozialen, der Kultur, der Umwelt, der Dichtung, der Politik, des Illusionären und Futuristischen. Wer eine Antwort auf ein nicht gelöstes Problem sucht, findet eine Lösung in seinen unersättlichen Philosophien mit tiefgründigen und wahrhaftigen Rezepten. Goethe weiß immer eine Lösung und bietet vernünftige und adäquate Überlegungen des Trostes für jedwede Notlage.
Die sanitäre Krise des Covid-19, im Januar des Jahres 2020 begonnen und mit einem Höhepunkt einer zweiten Welle Ende 2020, brachte nicht nur risikohafte Ergebnisse für die Menschheit. Im Zusammenhang mit der Katastrophe traten gleichfalls wesentliche Vorteile und vielfältige respektable Änderungen hervor. Unter dem Blickwinkel ethischer Wirklichkeit wird es im Opus Faust von Goethe, behandelnd das literarische Schicksal eines Menschen, welcher, enttäuscht über sein Leben, sich dem Teufel anschloss, ausdrücklich belegt. Im zweiten Teil dieses Bühnenstücks lässt Goethe zur Tröstung und Rettung von Faust einen Engelchor singen, »dass erlöst werden könne, wer immer strebend sich bemühe«. Authentische Hoffnung in einer transparenten Formulierung gegen jegliche teuflische Versuchung.
Mit exemplarischer Anstrengung kämpften, noch bevor das Phänomen des Virus wie eine »unerwartete Rettung« aufkam, unzählige Bürger weltweit in großen und kleinen Städten angesichts eines Lebens voller Krach, die Lungen lähmenden Smogs, eines übertriebenen und unüberwindlichen Tourismus, lärmender drogenabhängiger, brutal ununterbrochener Aktivitäten 24 Stunden pro Tag, sieben Tage pro Woche. Das historische Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte bescherte den Völkern eine unkontrollierbare Explosion des Straßenverkehrs in den Zentren der Städte. Die Covid-19-Misere ist lediglich ein Beispiel unter anderen sozialen Katastrophen. Konsequente Anstrengungen gegen diese »Schlacht auf den Straßen« wurden von verantwortlichen Politikern in Angriff genommen, wie etwa bestimmte Stadtteile für Automobile zu sperren, den Autoverkehr zu begrenzen, PKWs gegen andere Fortbewegungsmittel auszutauschen, Wochenenden vom Autoverkehr auszunehmen und andere rituelle Verbesserungen mehr, um die Risiken für das Wohlbefinden der Umwelt sowie die Leiden der Personen zu verringern. Der Egoismus der modernen Exploration und seine hemmungslosen Ökonomien verstärkten im Gegenteil fortwährend die Resignation der Menschen: Der Faktor »moderne Plage der Autos in den Städten« nahm mit erschreckendem Anstieg zu und verschlechterte machtvoll die öffentliche Lähmung.
Wie ein »Morgenstern« erschien im November 2019 der Virus Covid-19. Die unausweichlichen Ausgangsbeschränkungen als sinnvolle Maßnahmen änderten ein wenig das Martyrium, beendeten es jedoch nicht. Unvermittelt trat lediglich ein einfaches Intervall ein, ohne eine dauernde und endgültige Lösung zu schaffen. Zumindest trat eine »gesunde Pause« ein, um sich über die tagtäglichen unnützen Widerwärtigkeiten sowie die unmenschlichen erlittenen Torturen einer unbestimmten Anzahl von Menschen Gedanken zu machen. Sie resultierten in Meditationen unter radikaler Hilfestellung: Die allgemeine Ruhe des Verkehrs in den Straßen, die Verringerung von Unfällen und von Smog, die pralle Sonne ohne Schatten einer superfortschrittlichen Zivilisation, die wohlige und kreative Einsamkeit der grünen Zentren der Städte, die Chöre der zurückgekehrten Singvögel, die Choräle der wieder aufgetauchten Glocken, die Abnahme physischer Belastung und die geistige Abschirmung gegen den mannigfachen unnützen akustischen öffentlichen Lärm, der gemeinsame Focus ethischer Überlegungen ohne Horizonte – alles eine neue Erfahrung, vor allem auch, um saubere Luft, Sauerstoff als heilige Rettung aus offenen Fenstern zu atmen, die Wiederauferstehung der geschändeten Natur zu genießen, und, um es nicht zu vergessen, die Möglichkeiten für Unterhaltung und Kommunikation ohne perfiden Hintergrund lautstarker Autos, Flugzeuge und anderer Dekors des rauhen menschlichen Daseins zu genießen. Als Höhepunkt erschien eine schöne Aura vergangener Epochen anstelle einer grauen und feindlichen Morgendämmerung, das Stigma der Städte des 21. Jahrhunderts. Welch eine neue Lebensqualität!
Die Ankündigung der Engel, heilige Begleiter des mutlosen und enttäuschten Faust, wirkt und hat einen hohen spirituellen Wert solidarischer Tröstung für alle weiteren Unbilden der Pandemie. Sie ist mehr als reine Symbolik, mehr als mystischer Surrealismus. Es wächst sozusagen für jeden mutierten Virus ein Turbo-Virus, der in biblischer Dimension ohne Vorgeschichte eine wahrhaftige Tröstung bereithält, die sich an der Poesie des authentischen Goethe anlehnt, der sagt: »Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.«
Glauben Sie, verehrte LeserIn, dass dieses Szenario eine schwache und blutarme Theorie wiedergibt, ein unbefangen irrealer Traum aus einer mystischen Parallelwelt ist oder eine Spielerei voller leerer Worte? Das Foto rechts offenbart eine authentische Situation am 25. Dezember letzten Jahres auf der Hauptstraße von Gerês: die Autoren dieser Veröffentlichung, in voller Selbstbestimmung inmitten dieser martialischen Dramaturgie von menschlicher Rasse und epochaler Epidemie. Sie verweilen sitzend, in aller Ruhe und Sicherheit und konfortablem Wohlbefinden mitten auf der Fahrbahn, profitieren im tiefen Lockdown in reiner Freude, Zufriedenheit und Wonne von der auferlegten widerwärtigen Ausgangssperre und leben eine zweideutige Humoreske symbolischen Überlebens. Sie zeigen sich in einer rührenden und sympathischen Stimmung in einer Zeit des Dialogs mit diesem neuen superfeindlichen und unsichtbar omnipotenten Gefährten, stimmen sich indes mit den Engeln in voller Hoffnung und Überzeugung ab, um mit intelligenten Kräften die lästigen Perioden sozialer Distanz zu bezwingen. Zu diesem Zweck ist nicht nur die Verbindung einer Maske mit einem sozialen Abstand von 1,5 Metern von Wert, diese Maßnahmen im Alltagsleben für sich gesehen sarkastisch genug, um die Schöpfer von Masken zu eigenwilligen Produkten anzuregen.
In Witterung einer neuen langanhaltenden digitalen Distanz der menschlichen Gesellschaft ohne Händeschütteln und freundschaftliche Intimitäten, ohne Umarmungen und Küsschen, ohne Feste, Festivals, ohne soziale sowie sportliche Events, ohne Familienbesuche und andere kulturelle Gewohnheiten, fragen sich die beiden emotionalisierten Protagonisten unseres Schnappschusses auf dem Boulevard von Gerês, welche lediglich – wie die WissenschaftlerInnen der Pandemie versprechen – eine Episode ist, die für das Register der Nachwelt bestimmt ist: Wer weiß, welche immensen Anstrengungen heute und bis zum Abschluss dieser Dekade, am Ende über die physischen und mentalen Kräfte der gesamten Welt hinaus, der erfinderische menschliche Genius unternehmen wird, um den hinterhältigen Virus und seine Mutationen, Plagiate sowie unkalkulierbaren infektiösen Collagen zu überwinden? Der menschliche Lebensweg auf Erden, derart phänomenal entwickelt, hat immer noch einen diskutierbaren Horizont!
Vielleicht reichen die himmlischen Gesänge der Engel von Faust bei weitem nicht aus. Schauen wir uns die kompetenten Arbeiten von Goethe an, um ein effizienteres sanitäres Rezept zu finden. Ein endgültiges, um des lieben Himmels Willen.