Die »Porcos Pretos« in Vale Açor de Baixo
José Luis Cravinho züchtet die Schwarzen Schweine mit Herz und Verstand · von Catrin George
Bei Senhor José Luis Cravinho und seiner Frau María Célia gibt es herzhafte hausgemachte Räucherwaren und mürbe gereiften Schinken zu kaufen − exklusiv vom Schwarzen Schwein aus eigener Zucht.
Die Casa Cravinho ist ein Familienbetrieb mit drei Geschäftsbereichen: Zucht, Fleischverarbeitung mit Hof-Verkauf und Gaststätte. Das urige Lokal mit Räucherei liegt direkt an der Nationalstraße N 122 im Dorfweiler Vale Açor de Baixo zwischen Mértola und Beja im Vale Guadiana im Baixo Alentejo. Ehefrau María Célia führt das Café mit Hofladen im Dezember 2017 seit dreißig Jahren. Zünftige dicke Scheiben Holzofenbrot mit großzügig von Hand geschnittenem Schinken vom Schwarzen Schwein belegt und als herzhaftes Sandwich serviert, stillt den Hunger von Bauern, Handwerkern und Durchfahrenden, und verführen zu weiteren Kostproben wie pikante Salami Linguiça, rohe Blutwurst Chouriça de Sangue, geräuchertes Filet Naco de Lombo, Nacken Paiola de Cachaço oder die kräftige Paprikawurst Salpicão. Die warm geräucherten und gut abgehangenen Enchidos-Würste in der üppig bestückten Vitrine verströmen den Duft von Lorbeer, Knoblauch und Pfeffer. Zum Mitnehmen im Ganzen eingewickelt oder vakuumiert zum Sofort-Verzehr als Petisco angerichtet, schmeckt ein bisschen hiervon und davon am besten mit Sauerteigbrot und Oliven. Neben der Vitrine hängt eine dunkelrote, zart mit Fettfasern marmorierte, 12 bis 24 Monate lang behutsam in speziellen Trockenkammern gereifte, schlanke Schinkenkeule mit schwarzer Klaue am Knochen in ihrem Gestell − auf dem Schneidebrett darunter griffbereit das scharfe Messer mit schmaler Klinge.
Die Porco-Preto-Hausmacher-Wurstfabrik ist ein Geheimtipp und Senhor José Luis berühmt für sein kulinarisches Talent, jedes Enchido lecker und anders zu würzen sowie für seine Geduld, den 14−16 Kilogramm schweren Schinken-Keulen nach dem Salzen beim Lufttrocknen bis zur optimalen Reife zuzuschauen. Bestimmte Wurstsorten − allen voran Paiola und Salpicão − sind schnell ausverkauft, was an an der gewollt limitierten Menge der Porco-Preto-Spezialitäten im Hause Cravinho liegt. Die Nachfrage nach dem bekömmlichen Fleisch der gesetzlich vorgeschrieben, artgerecht gehaltenen Schweinerasse, wächst beständig. Das liegt am exquisiten Geschmack, an der gesunden Struktur des Fleisches und am Nährwert, technisch betrachtet an den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Gesundes Fleisch von glücklich freilaufenden Schweinen! Trotzdem strebt Familie Cravinho keine industrielle Vergrößerung ihres Betriebes an und nennt solide kaufmännische und ideelle Gründe für diese Entscheidung: Damit der gewünschte Qualitätsanspruch gewahrt, die Kalkulation austariert und die Rendite stabil bleiben, reicht die momentane Produktion aus. »Unter ideellen Gesichtspunkten beleuchtet, macht eine Vergrößerung auch keinen Sinn, möchten wir die mehrere Jahrhunderte alte Nachhaltigkeit der Zucht und Haltung bewahren und nicht zwecks Gewinnoptimierung opfern«, erklärt Senhor José Luis. »Nur wenn die Tiere auch künftig artgerecht gehalten freilaufen und sich aus ihrem genuinen Umfeld gesund ernähren, bleiben Fleisch und Fett so gesund wie bisher und die Blutlinie unserer Schwarzen Schweine rein« Eine Einmischung in diesen natürlichen Kreislauf möchte Senhor José Luis vermeiden. »Als Landwirt kann man sein Land nicht eigennützig ausbeuten, man muss es lieben wie ein Kind, damit die Kinder des Kindes in Zukunft in diesem Land leben können.« Eine simple Lebenswahrheit, gesprochen von einem bodenständigen Unternehmer.
Zwei Herbste und Winter lang soll das Porco Preto Alentejano sich mit Eicheln von der Steineiche sattfressen, sagt eine alte Bauernregel, jeden Tag zwanzig Kilometer laufen, sich im Schlamm wälzen, im Teich baden, nach Würmern und Wildkräutern suchen, bevor es mit etwa zwanzig Monaten ausgewachsen und muskulös bepackt schlachtreif ist. Zum Freilauf-Gelände der Cravinhos sind es zwanzig Minuten Fahrt über Stock und Stein, bis die Rotte im Schatten einer ausladenden Steineiche auftaucht. Im durchsichtig klaren Licht der Nachmittagssonne heben sie sich optisch kaum von der herbstlich trockenen Umgebung ab. Erst als sie gemächlich in Reih und Glied loszuckeln, erkennt man, dass es weit mehr als fünfzig ausgewachsene Schwarze Schweine sind. Der Rottenchef fehlt, erkennt Senhor José Luis auf den ersten Blick. Aber man hört ihn näherkommen. Sein röhrendes Grunzen auf der Suche nach seiner Sippe echot hohl wie ein Zweitaktmotor durch die stille Weite des Alentejo. Der Eber ist unterwegs auf seiner Patrouille durch das sechzig Hektar große Territorium irgendwo falsch abgebogen und muss jetzt den Durchgang zwischen zwei Weiden wiederfinden. Sich ihm in den Weg stellen möchte niemand. Mit einem über 150 Kilogramm schweren muskelbepackten Eber ist nicht zu spaßen, vor allem dann nicht, wenn Sauen mit Frischlinge in der Nähe sind. Besser stillstehen und dem laut grunzenden Porco Preto hinterher staunen, wie elegant rhythmisch es durch das Gelände trabt. »Gut für den Schinken«, zwinkert Senhor José Luis und seine Augen strahlen: Züchter und Schlachter mit Herz und Verstand!
Vielen Dank für diesen wunderbaren Artikel! Nach 20 Monaten werden
die Porcos Pretos geschlachtet (soweit sie nicht zur Zucht noch älter werden). Solange haben sie ein wahrhaft artgerechtes Leben. Deutsche Mastschweine werden nach 6 Monaten geschlachtet, dänische sogar schon nach 5 Monaten. Und während sich die portugiesischen schwarzen Schweine bis zu 20 km pro Tag bewegen, schafft ein deutsches Mastschwein gerade mal 10 Meter.
Besonders schön sind die Grunzgeräusche, wenn die Sau ihre Ferkel säugt!