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Der Polizei-Chef baut sich eine Stadt

Foto aus Manique do Intendente

Manique do Intendente · © Andreas Lausen

Der Polizei-Chef baut sich eine Stadt

Über die Machenschaften von Diogo Inácio de Pina Manique (1733–1806) · von Andreas Lausen

Ein riesengroßer, sechseckiger Platz, im Sommer in flirrender Hitze, im Winter mit schneidend kaltem Wind, dahinter die große Ruine eines Palastes: Wohl jeder Besucher ist überrascht, wenn er nach Manique do Intendente kommt. Der außerhalb Portugals fast unbekannte Ort zwischen Estremadura und Ribatejo ist das Ergebnis absolutistischer Politik Portugals um das Jahr 1790 und sichtbare Folge der französischen Revolution. Aber der Reihe nach…
Diogo Inácio de Pina Manique diente unter dem mächtigen und erfolgreichen Premierminister Marquês de Pombal als Richter. Pombal förderte den verschlossenen, ernsthaften und ehrgeizigen Juristen, sah in ihm aber auch einen möglichen Konkurrenten. Erst nach dem Sturz Pombals (1777) und wenige Tage nach der Thronbesteigung von Portugals erster regierenden Königin Maria I. begann der Aufstieg von Pina Manique.
Die Königin machte ihn zum Intendente-Geral und damit zum Chef der portugiesischen Polizei. Pina Manique kämpfte gegen den verbreiteten Schmuggel, gegen Steuerhinterziehung, gegen Korruption und den moralischen Verfall im Adel. Seine große Stunde kam, als die französische Revolution ab 1789 Europa erschütterte. Plötzlich war der unterdrückte »Dritte Stand« eine Macht, der die alte Ordnung in Frage stellte und ihre Abschaffung betrieb.
Königin Maria beauftragte Pina Manique, mit aller Härte gegen revolutionäre Ideen und ihre Befürworter in Portugal vorzugehen. Der Polizeichef überzog Portugal mit einem Netz von Spitzeln, die gegen gute Bezahlung alle Abweichler, Freigeister und Aufwiegler meldeten. Bücher und Flugblätter wurden beschlagnahmt, ihre Autoren verhaftet. Hunderte landeten im Gefängnis oder wurden hingerichtet.
Pina Manique war erfolgreich. Er brachte die Rufe nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zum Schweigen, und die alte absolutistische Ordnung blieb bestehen. Die Königin zeigte sich dankbar. 1791 schenkte sie ihrem Polizeichef das Dorf Alcoentrinho, westlich von Santarém. Dieser Ort lag fast genau in der geografischen Mitte Portugals, und in seinen Träumen sah Pina Manique hier schon Portugals neue Hauptstadt entstehen.
Den Anfang dazu machte er mit dem Bau eines riesigen Palastes, bei dem er sich den Palast von Mafra zum Vorbild nahm. Der Palast wurde nie fertiggestellt. Lediglich die Kirche in der Mitte wurde vollendet und ist heute die Gemeinde­kirche. Die seitlichen Flügel ragen als geisterhafte Kulisse über die niedrigen, bescheidenen Straßenzüge.
Imposant wirkt der sechseckige Kaiserplatz (Praça dos Imperadores) einige hundert Meter weiter. Heute ist er meist menschenleer, aber er sollte einst das Zentrum von Portugals neuer Kapitale werden. Vollständig gepflastert, wird er von sechs langgestreckten Gebäuden umgeben. Mitten auf dem Platz steht der prächtig verzierte Pelourinho. Nur das ehemalige Rathaus protzt mit einer reich verzierten Fassade. Die anderen fünf Riegel sind schmucklos. Die sechs Alleen, die von dem Platz abzweigen, sind nach ­römischen Kaisern benannt, enden aber schon nach zwanzig Metern in den Gassen des Dorfes.
Schon bald war Pina Manique das Geld ausgegangen. Seine Gönnerin Maria I. verfiel mehr und mehr dem religiösen Wahn. Umgeben von Teufeln und Heiligen wurde sie schließlich im Palast von Queluz eingeschlossen. Die Macht übernahm ihr Sohn Prinz João als Regent. Pina Manique verlor 1803 seine Stellung, wobei Napoleon Bonaparte die treibende Kraft gewesen sein soll. Verbittert starb Pina Manique 1806 an Krebs.
Aber auch seine andere Seite soll nicht vergessen werden. Pina Manique sorgte sich auch um arme Bauern, gründete Waisenhäuser und kümmerte sich um die Ausbildung von Jugendlichen. Ein Stadtteil Lissabons ist nach ihm benannt. Im Gedächtnis der Portugiesen aber bleibt er der finstere, effiziente Polizeichef und Geheimdienstler, der sich eine eigene Stadt schuf.
PS: Eine wundervolle Übernachtung in historischem Ambiente bietet sich auf dem etwas abseits gelegenen Weingut Quinta da Lapa.