Anmerkungen von Timo Dillner
> Die Energie-Junkies sind vom 18. Februar bis zum 22. März 2019 im Foyer der Empresa Municipal de Águas e Resíduos de Portimão, kurz EMARP, zu sehen. Die Sorge für die Umwelt und entsprechende Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen für die Bürger des Bezirkes Portimão bilden wichtige Pfeiler der Arbeit der EMARP, die sich hier als städtisches Unternehmen vor allem um Fragen des Wassers und der Abfallbeseitigung kümmert. Ein geeigneter Ort, um über die Umwelt nachzudenken und unbequeme Fragen zu stellen.
Energie. Wir brauchen sie. Lebensqualität durch Wärme, Licht und Kommunikation, durch Produktion und Produkte, durch Mobilität. Niemand mag sich die Welt ohne elektrischen Strom und Treibstoff vorstellen. Und wir gewinnen die Energie aus organischen und fossilen Brennstoffen, aus Atomen, aus Wind, Wasser und Sonne.
Die Zeiten, in denen Dampfmaschinen und Schlote schwarze Qualmwolken in die Natur räucherten, sind − zumindest in unseren Breiten − gottlob vorbei. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst geworden und wissen um die möglichen Folgen von Verschmutzung für unsere Um- und Mitwelt. Dazu gehören nicht nur die sichtbaren Sofortwirkungen der Energiegewinnung wie Rauch und Raubbau, sondern auch die unsichtbaren, schleichenden Übel, die sich zum Beispiel in der unsicheren Zwischen- und Endlagerung von radioaktiven oder chemischen Stoffen darstellen. Dagegen wollen wir etwas tun, und das ist gut so.
Nun hat der Mensch von Natur aus nichts dagegen, etwas dagegen zu tun, solange… ja, solange es ihm selbst möglichst nichts abverlangt. Wir wollen weder auf Wärme, auf Licht noch auf all die anderen angenehmen und gewohnten Dinge verzichten, die uns die woraus auch immer gewonnene Energie zur Verfügung stellt. Und deshalb sind wir so dankbar für die Möglichkeit, zwischen guter und böser Energiegewinnung unterscheiden zu können. Eine Möglichkeit, die uns nicht etwa von Umweltschützern sondern von Industrie und Politik geboten wird. Und so beruhigen wir uns, indem wir gegen die bösen Atomkraftwerke und für die guten Wind- und Solarparks sind. »Saubere« Energie ist das, was wir verbrauchen wollen. Natürlich sind sie nicht schön, all diese Windmühlen, die die Luft auf hektargroßen Geländen in kleine Stücke häckseln. Und es ist nicht besonders nett, selbst Naturschutzgebiete zum Aufstellen der dreiarmigen Riesen zu missbrauchen. Überhaupt hängt einem der Anblick dieser Dinger, die den Horizont, wo immer man sich befindet, verschmutzen, zum Hals heraus, und man freut sich regelrecht über eine Landschaft, die noch von Mühlen und Paneelen verschont geblieben ist. Aber: Es ist sauberer Strom, der hier gewonnen wird, und wenn wir den verbrauchen, sind wir die Guten. Wir sind auch die Guten, wenn weder wir noch unsere Autos rauchen. So einfach ist das: Ein Solarpaneel aufs Dach, eine Windmühle in den Garten (meinetwegen auch umgekehrt), den Vertrag mit den Elektrizitätswerken auf Ökostrom umgeschrieben, das Elektroauto gesattelt und auf zum Marsch der Atomkraftgegner! Es ist so leicht, ein Guter zu sein!
Als Künstler darf ich dumme und womöglich unbequeme Fragen stellen, und ich stelle sie mit einer Serie von Zeichnungen, die ich »Energie-Junkies« nenne. Sind wir automatisch umweltbewusst und gut, wenn wir uns von Industrie und Politik vor den Karren der sauberen Energie spannen lassen? Oder wäre es vielleicht ein wirksamerer Beitrag zum Schutz der Erde, das eigene Verhalten beim Verbrauch dieser Energie in Frage zu stellen oder gar zu ändern?
Ich erspare mir und Ihnen hier Mahnungen und Anregungen, außer dieser einen: Brauchen wir tatsächlich so viel Energie wie wir verbrauchen?
Die wahre und richtige Antwort darauf wird gewiss ein »Nein« sein. Und die angewandte Konsequenz aus dieser Antwort wäre, dass wir weniger Kraftwerke nötig hätten. Nicht nur weniger Kernkraftwerke, sondern auch weniger Wind- und Solarparks. Weniger Probleme bei der Bereitstellung und Übertragung, weniger Probleme bei der Entsorgung… − doch damit eben auch weniger Profit für die Hersteller und Betreiber! Also sagen sie uns, dass wir die Guten sind, wenn wir ihren Ökostrom verschwenden. Und wir tun es. Mit gutem Gewissen.