Surfen über Bergkiesel
Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke
Die Strände Portugals sind berühmt dafür, dass sie exzellente Bedingungen für außergewöhnliches Wellenreiten bieten. Der meist bekannte Ort befindet sich am Nordstrand von Nazaré, wo im November des vergangenen Jahres ein neuer fulminanter Rekord von einem brasilianischen Surfer aufgestellt wurde, welcher die seit jeher größte Welle mit 24,38 Metern ritt. Eine fantastische »Show« für ein fasziniertes Publikum, auch eine gute Dosis Mut für diejenigen Sportler, die wahrhafte Akrobatenstücke im Meer aufführen. Jedes Mal bedeutet es in der Tat eine Höchstmenge an Adrenalin sowohl für den, der sich diesen waghalsigen radikalen Sportaktivitäten hingibt, wie auch für den, welcher »open air« diese Ekstase von fester Erde aus miterlebt.
Portugal bietet nicht nur gute Gelegenheiten für Surfen auf gigantischen Wellen an seinen Stränden. Die Täler des Minho beispielsweise haben Naturschwimmbäder, ausgestattet mit einer Ansammlung von Felssteinen, minutiös geformt und gerundet durch die Natur, Zeugnis einer Milliarden von Jahren andauernden Bearbeitung, auf deren Kämmen man surfen kann, und dies nicht weniger spektakulär und gefährlich als im Meer.
Besuchen wir drei Bäder inmitten originärer und wilder Täler. Vorab erforschen und akzentuieren wir, was für diese Orte typisch ist, sei es ein bevorzugter touristischer Zielpunkt zu sein oder eine kulturelle, soziale oder ökonomische Sonderstellung in der Region oder in den Gemeinden zu genießen.
Wir sprachen mit Besuchern, Nachbarn und Anwohnern, auch mit Verantwortlichen der Gemeindeverwaltungen. Interessanterweise ist die Beschreibung stets gleichförmig: es handelt sich um Naturreservate, bewahrt in ihren unberührten Strukturen, ausgestattet mit einer
Polyphonie aus Einsamkeit, Ruhe und Bergaromen, ohne Rückgriff auf irgendwelche baulichen Zusätze ausser der Anlage von Sicherheitstreppen eines gefahrlosen Zu- und Abgangs für diese exponierten Orte. Es finden sich keine Bewachungsdienste.
Die Nutzer sind in ihrer Mehrzahl Einzelgänger und Liebhaber der Ruhe, der Monotonie des Meeres und menschenüberfüllten Stränden entfliehend, diese getränkt mit 24-stündigem Lärm einer turbulenten, animierenden Touristik-Industrie, dafür eine erlesene Befindlichkeit mit der seltenen Magie einer faszinierenden Natur von gigantischen Steinen inmitten von Wasserkaskaden zu suchen, eine erholsame Gegenwelt für ein Wochenende. Der Heilwert dieser Wasseranlagen, dem eigentlichen Publikum nicht als medizinische Quellen gegenwärtig, kann mit demjenigen der therapeutischen Thermen des nahen Gêres verglichen werden. Wie auch immer.
Viele Touristen verknüpfen einen Tag im Minho mit einem Ausflug in die Berge. Das Minho offeriert hunderte von Kilometern intimer Wanderwege, einbegriffen antike Pfade mit dem Charme glorreicher römischer Zeiten. Baden in reinsten Bergwassern und zugleich eine Bergwanderung zu unternehmen, ist für viele eine feste Tagesformel. Die Gemeinverwaltungen bieten gute Parkmöglichkeiten, bemängeln lediglich, dass Gegebenheiten für das Einsammeln von Müll nicht verknüpft sind, ein Umstand, der dem Schutz der Umwelt abträglich ist. Das Minho wird jedes Wochenende von Besuchern aus dem Unterland überflutet, wobei in dieser wöchentlichen Welle die Anzahl derer, welche die gewisse Mikrokosmoswelt der Wasserkaskaden bevorzugt, glücklicherweise nicht nennenswert ist.
Der erste Ort unserer Auswahl wird von der Quinta da Luz besetzt, gelegen in Parada de Bouro. Wir fahren am Kreisel von Cerdeirinhas an der Nationalstraße 103 los (30 Kilometer von Braga entfernt) und begeben uns in Richtung Parada de Bouro. Nach 10 Minuten, immer geradeaus, den Staudamm des Sees von Caniçada rechts liegen lassend, kommen wir zur Einfahrt der Quinta da Luz, parken unseren Wagen an der nahen Brücke und steigen zu Fuss zum Naturbad hinab, einem Ort mit ruhigem Wasser ohne Wasserfall, aber sehr angenehm, zwischen Felsen
zu schwimmen.
Der zweite Ort ist die Cascada do Tahiti. Ausgehend von Cerdeirinhas fahren wir in Richtung Gêres, überqueren die beiden Brücken am Kreisverkehr von Terras de Bouro und setzen unsere Fahrt in Richtung Gêres fort, bis wir nach rechts gen Ermida abbiegen. Dort können wir, bevor wir Richtung Montalegre weiterfahren, einen Stop an der Cascata do Arado einlegen, einem spektakulären, steil abfallenden Wasserfall mit einer Höhe von 90 Metern, jedoch ohne Möglichkeit zum Baden, was wir einige Kilometer weiter unterhalb an der Cascada do Tahiti können, einem Ort, der durch seine Wasserfälle in Etappen wahrhaft beeindruckend, zudem bekannt ist für seine tödliche Gefahr, falls insbesondere jemand versucht, das Tal auf den glitschigen Steinen zu überqueren.
Unser drittes Objekt befindet sich nahe der spanischen Grenze, wo wir den Platz Portela do Homem besichtigen können. Wir wählen denselben Anfahrtsweg wie beim zweiten Ziel, bleiben aber stets Richtung Gêres, durchqueren den Ort und biegen Richtung Spanien ab. Nach einer fabelhaften Fahrt durch eine komplett unberührte Natur kommen wir an einem natürlichen Wasserloch an, der Cascata do Rio do Homem, wo wir einen enormen Wassersturz bewundern können sowie viele sichere Plätze, ein erquickendes Bad im klaren, aber kühlen Bergwasser nehmen zu können.
Es lohnt, den Besuch der Cascata do Rio do Homem mit einem Besuch der bekannten »banheira de água quente« von Torneros in Spanien zu verbinden, einige Kilometer über die Grenze weiterfahrend. Dieses grosse Freibad ist gut sichtbar am Eingang von Torneros, mit freiem Zugang für die Öffentlichkeit. Mithin kann die Tagesplanung eine sehr effiziente spanisch-portugiesische Behandlung mit heissem Wasser in Torneros und kühlem Wasser an der Cascata do Rio do Homem bedeuten. Kostenlose Natursauna.
Mentale Begeisterung und aussergewöhnliche Faszination sind es, so begeistern sich und schmunzeln die Liebhaber und Experten des Wellenreitens. Sie reden von einer magischenSensibilität nackter Füsse, ohne Flügel über das Meer oder die runden Steine der Berge zu fliegen, keinerlei intellektuelle Vorbehalte hegend, aber mit starkem Herzen.
Eine universelle Vergnügen für Abenteurer, so scheint es.