Fest in Gedenken an Kolumbus auch in Zukunft? • von Dr. Ingolf Wernicke
> Christoph Kolumbus wurde 1451 in Genua geboren und gilt nach seinen vier Schiffsreisen, die ihn zwischen 1492 und 1502 unter Flagge Kastiliens nach Haiti, Kuba, zu den Antillen, nach Venezuela, Honduras und Panama führten, als Entdecker Amerikas. Ab 1476 lebte er in Lissabon, wo sein Bruder als Kartograf tätig war, und reiste als kaufmännischer Vertreter eines genuesischen Zuckerhändlers nach Madeira, wo er auch einige Jahre verbrachte. Um 1479/1480 heiratete er Filipa de Moniz, die Tochter von Bartolo Perestrelo, des ersten Gouverneurs von Porto Santo, der ebenfalls genuesischer Herkunft war. Auf der kleinen Insel Porto Santo, etwa 50 Kilometer nordöstlich von Madeira gelegen, soll Kolumbus zwischen 1479 und 1485 für kurze Zeit gelebt haben. Hier soll er in einem Stadthaus in Vila Baleira, der heutigen Casa Colombo, gewohnt haben, wo sich seit 1989 ein kleines Museum mit der Nachbildung eines seiner Schiffe, Seekarten und eine kleine Ausstellung zu seinem Leben und seinen Seereisen befinden. Seine Frau Filipa verstarb sehr früh, aus der Ehe entstammte sein Sohn Diogo.
Die Insel Porto Santo hat sich in den letzten Jahren zu einem stark frequentierten touristischen Urlaubsziel entwickelt, deshalb wurden auch viele neue Hotelanlagen und Wohnsiedlungen gebaut. Der ursprüngliche Charakter der Insel ging ein wenig verloren, Orte und Landschaft verändern sich.
Würde man heute mit dem Schiff auf Porto Santo an der alten Landungsbrücke in Vila Baleira anlegen, empfängt einen auf der linken Seite einer Palmenallee ein kleines Denkmal von Christoph Kolumbus. Einmal im Jahr geht hier sogar der Seefahrer persönlich für einige Tage an Land: Dann beginnt das Festival do Colombo. Während diesen Tagen im September verwandelt sich das Zentrum von Vila Baleira in eine mittelalterliche Stadt mit Palisadenzäunen und aus Holz errichteten kleinen Stadttoren, mit Ständen, Zelten, Holzbuden, Reit- und Turnierplätzen sowie Bühnen, auf denen Musik- und Tanzgruppen auftreten.
Den Auftakt des Festivals bildet die Ankunft von Kolumbus auf Porto Santo: O Desembarque de Cristóvão Colombo. Hier verwandelt sich der Strand in eine große Bühne, und in der Dämmerung nähert sich das Schiff Santa Maria (ein Nachbau aus Madeira) mit dem genuesischen Navigator und seinem Gefolge. Es folgen die Begrüßung von Kolumbus durch die Einheimischen sowie der Austausch von Geschenken. Während einer großen, multimedialen Show mit Musik, Tanz und Lichteffekten wird die Geschichte von Kolumbus und seiner Entdeckungen erzählt. Danach verwandeln sich während einer großen Prozession die Straßen von Vila Baleira in ein mittelalterliches Stadttreiben und Marktgeschehen mit Gauklern, Piraten, Bettlern, Mönchen und Nonnen, streitenden Musketieren, Händlern, Fischern und Seeleuten. Am zweiten Abend findet ein großes Ritterturnier Torneio de armas a cavalo statt. Im Zelt der Hexenmeisterei können Männer und Frauen mit ängstlichen Seelen Heiler um Hilfe bitten oder sich auch die Zukunft voraussagen lassen. Seemannsfrauen und Fischer beten angesichts der Gefahren des Meeres. Der letzte Tag hat als Höhepunkt die Inszenierung des Heiratsaufgebotes zwischen Filipa und Kolumbus. Begleitet wird das Festival von einem aktiven Straßentheater mit Live-Darbietungen, in die das Publikum als Akteur mit einbezogen wird, sowie Tanz- und Musikgruppen, die mittelalterliche, orientalische, afrikanische und indische Tänze darbieten. Es fehlen auch nicht portugiesische Spezialitäten wie gegrilltes Schweinefleisch, Schnecken, Schinken, Oliven sowie Süßigkeiten und Wein von der Insel Porto Santo.
Im Jahr 2019 wurde das Festival do Colombo mit 420 Akteuren unter der Leitung des Freizeittheaters Companhia de Teatro Viv’Arte aus Perrães bei Aveiro durchgeführt. Die dreitägige Veranstaltung wurde mit 135.000 Euro von der Regierung Madeiras finanziert.
Die Bewertung der historischen Leistungen von Christoph Kolumbus sind heute allerdings Gegenstand kontroverser Debatten geworden. Der Entdeckung Amerikas steht gegenüber, dass die Spanier auf Befehl von Kolumbus die indigene Bevölkerung versklavten und Gräueltaten verübten. Aktuelle Denkmalstürze von Kolumbus-Statuen in Baltimore (USA) und an anderen Orten im Zuge der öffentlichen Rassismus-KolonialismusDebatte sind Ausdruck dieses Umdenkens. Es bleibt für die Zukunft abzuwarten, wie sich die Neubewertung der historischen Ereignisse und des bisherigen Kolumbusbildes auf das Festival do Colombo auf Porto Santo, das in diesem Jahr (2020) vom 23. bis 27. September erneut geplant ist, auswirken wird.