Kategorie: PR79

Coronavirus: DPG-Reise nach Porto auf 2021 verschoben

Foto von Portweinschiffen in Porto

Mitgliederversammlung am 31.10.2020  von Gabriele Baumgarten-Heinke

Liebe Mitglieder, auf Wunsch vieler Mitglieder wurde zur Mitgliederversammlung 2019 in Berlin beschlossen, dass die Mitgliederversammlung 2020 mit einer Reise nach Porto ­verbunden wird und dort stattfinden soll. Im Portugal Report 078 haben wir Ihnen die DPG–Reise vom 28.10. bis 1.11.2020, reserviert über OLIMAR Reisen, vorgestellt. 
Und dann kam es ganz anders. Corona hat die Welt verändert, der Tourismus »steht still«. Dennoch hatten wir die Hoffnung, die Reise durchführen zu können. Mit OLIMAR Reisen haben wir uns auf einen neuen Anmeldeschluss am 17.6.2020 verständigt. Darüber haben wir Sie per Mail und per Post am 19.4.2020 informiert. 
Am 6. Mai haben der Bund und die Ministerpräsidenten der einzelnen Bundesländer Lockerungen beschlossen, die für das Leben in Deutschland erfreulich sind und ein kleines Stück zurück in die Normalität aufzeigt. Die Situation im Auslandstourismus hat sich aber in keiner Weise verändert.
»Das Auswärtige Amt warnt vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in das Ausland, da weiterhin mit drastischen Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr, und der weltweiten Einreisebeschränkungen, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen ist. Das Risiko, dass Sie Ihre Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten können, ist in vielen Destinationen derzeit hoch.«
Diese weltweite Reisewarnung gilt derzeit bis zum 14. Juni 2020. Doch was wird danach sein? Wird Portugal die Einreise von Touristen erlauben, ab wann wird es ausreichend Flüge nach und von Portugal geben? Es ist auch damit zu rechnen, dass die Preise der Flüge drastisch steigen werden. Wer von unseren Mitgliedern wird dann noch die Reise antreten? Ein Großteil unserer Mitglieder und viele der potentiellen Reiseteilnehmer fallen unter die Risikogruppe.
Das alles sind Fragen, die uns Sorgen bereiten und über die, unserer Meinung nach, eine frühzeitige Entscheidung gefällt werden musste. Mehrere Mitglieder haben uns angerufen und darum gebeten, die Reise zu verschieben. Verständigt haben wir uns auch mit unserer Portugal-Vertretung, Ingeborg Dillner, die ebenfalls von der Reise für 2020 abrät. 
Am 7. Mai haben sich das Präsidium und Mitglieder, die in die Vorbereitung der Reise involviert waren, im Rahmen einer Telefonkonferenz zu diesen Fragen verständigt, und man ist zu dem Ergebnis gekommen, die Reise für dieses Jahr abzusagen. 
Aus den oben genannten Gründen schlägt das Präsidium den Mitgliedern vor, die Reise nach Porto für DPG-Mitglieder und deren Partner um genau ein Jahr zu verschieben. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Situation bis zu diesem Zeitpunkt beruhigt hat und wir die Reise dann ohne Sorgen um Gesundheit und Angst um Rückreisen antreten können. Das Präsidium schlägt als neuen Termin vor: 27.10.−31.10.2021. Dieser Termin muss von den Teilnehmern der Mitglie­der­ver­sammlung 2020 beschlossen werden. 
Die Mitgliederversammlung 2020 wird nicht ausfallen, wir werden sie in Deutsch­land durchführen. Bitte merken Sie sich als Termin Samstag, den 31.10.2020, vor. Im Moment können wir ­Ihnen allerdings noch nicht sagen, wie die Modalitäten sein werden. Das heißt, wir wissen nicht, ob wir uns in einem Hotel treffen können oder ob die Mitgliederversammlung digital stattfinden muss. Aus diesem Grund haben sich die Teilnehmer der Telefonkonferenz auf eine Mitgliederversammlung ohne kulturelles Programm verständigt. Sicher haben Sie für die Situation Verständnis.
Wir werden die Entwicklungen, genau so wie Sie, aufmerksam beobachten und Sie rechtzeitig über den Verlauf der DPG- Mitgliederversammlung 2020 informieren bzw. Sie zur Mitgliederversammlung  einladen. 

Werner Tobias meint: »Immer neugierig sein!«

Foto der schwarzen Keramik aus Portugal

Werner Tobias über sein Leben und seine Leidenschaften  Fragen von Andreas Lahn

> Du bist im ostpreußischen Nordenburg ­geboren. Warum bist du nach Osnabrück gezogen?
WERNER TOBIAS: Die Flucht hat meine Familie nach Osnabrück gebracht. Eine Schwester meines Vaters hatte nach ­Osnabrück geheiratet. Sonst wohnte die ganze Groß-Familie in Ostpreußen in verschiedenen Ortschaften. Ich war zur Zeit der Flucht im Januar 1945 fünf Jahre alt.

Erinnerst du dich noch, wann du zum ersten Mal nach Portugal gereist bist?
Das war 1983 mit einem Kollegen und zwei Studenten in einem Kleintransporter. Gewohnt haben wir in zwei kleinen Zelten, auch auf dem Lissaboner Campingplatz. Der damalige Direktor des Fliesenmuseums Madre de Deus, Rafael Calado, den wir in Osnabrück kennengelernt hatten, hatte uns eingeladen, finanziert wurde die Reise vom Klett-Verlag in Stuttgart. Wir haben ­einen Unterrichtsfilm über die Herstellung von Fliesen gedreht, vermarktet wurde er über den Klett-Verlag.
Mit Rafael Calado hatten wir einen Partner in Portugal, der uns das Land näher gebracht hat. Im nächsten Frühjahr bin ich dann mit meiner Frau ­Gisela und einem befreundeten Ehepaar nach Lissabon geflogen. Von da ab sind wir jedes Jahr mindestens einmal in Portugal gewesen, aber nicht nur, um Urlaub zu machen, sondern − das sieht man an der Liste der Veröffentlichungen (s. S. 6) − um das Land mit all seinen Facetten kennenzulernen. Dazu kamen alle zwei Jahre Studienreisen mit meinen Studenten nach Portugal. 1998 habe ich eine Konzertreise für den Universitätschor organisiert. Es wurden Konzerte in Vila Real, Vilarandello (bei Chaves), Peso da Régua, Porto, Coimbra, Lissabon und Évora gegeben.

Dein Lebensmotto lautet: »immer neugierig sein und auf Menschen zugehen«. Eine gute Herangehensweise für Portugal und die eher zurückhaltenden PortugiesInnen?
Ja, wir haben sehr viele Freunde in dem Land gefunden. Viele Kontakte sind bis heute lebendig. 1990 haben wir das ersten mal Mario Soares, den Präsidenten Portugals, in Vila Real, der Partnerstadt von Osnabrück, persönlich kennen­gelernt. Ich konnte ihn dazu gewinnen, die Schirmherrschaft über die Ausstellung Arte Portuguesa 1992 zu übernehmen, die ich mit zwei Freunden in ­Osnabrück organisiert hatte. Zur Eröffnung der Ausstellung am 13. Juni ist Mario Soares nach Osnabrück gekommen. Zudem hat er die Ehrendoktorwürde der Osnabrücker Universität erhalten. 

Du beschäftigst dich schon seit den 1980er Jahren Jahren mit schwarzer Keramik. Was ist daran so besonders?
Die Schwarzbrand-Keramik gehört zu den ältesten Brennverfahren überhaupt. Nur in Portugal findet man noch viele Töpfer, die ausschließlich so brennen. 1988 hat mich die Universität in Vila Real eingeladen, eine Bestandsaufnahme der schwarzen Keramik Portugals zu machen. Vier Monate bin ich durch das Land gereist, um alle Töpfer, auch die, die rote Keramik machten, zu besuchen. Zudem habe ich Keramiken gesammelt, von jedem Töpfer typische Stücke, circa 750 Objekte. 

Vor allem im Norden Portugals wird auch heute noch der «Soenga» genannte offene Feldbrand von Keramik im feierlichen Rahmen zelebriert. Wie läuft das ab?
Die getrockneten Stücke werden mit der Öffnung nach unten auf dem Brennplatz gestapelt. Zwischen die Keramiken steckt man Holzscheite aus harzhaltigem Kiefernholz und deckt den Hügel mit Grasplaggen ab. An vier Stellen lässt man Löcher, um während des Brandes Holzscheite nachlegen zu können. Ist die Endtemperatur erreicht, wird der Hügel mit einem Erde-Asche-­Gemisch dicht abgedeckt, so dass kein Sauerstoff mehr in den Hügel eindringen kann. So setzt sich der Kohlenstoff auf dem Scherben ab. Das geschieht bei circa 600 bis 700 Grad Celsius. 

Du hast deine Sammlung schwarzer Keramik aus Portugal, Mexiko und Indien dem «Museu de Etnologia» in Lissabon und dem «Museu de Oleria» in Barcelos vermacht. Ist dir die Trennung schwergefallen?
Nein, da die Sammlungen in Museen jedermann zugänglich sind.

Wofür hast du am 16.11.1992 das »Komturkreuz des Ordens Infante D. Henrique« erhalten?
Ich war Vorsitzender der Gesellschaft Contemporâneo, die die Ausstellung 100 Werke zeitgenössischer Kunst aus Portugal in Osnabrück organisiert hat.  

Wer die Lissabonner Metro-Station «Entre­campos» betritt, sieht an den Wänden eine Bibliothek, die der Künstler Bartolomeu Cid dos Santos (1931–2008) durch das Ätzen von Marmor erschuf. Beeindruckend, oder?
Ja, sehr sogar. Auf 500 qm finden sich im Eingangsbereich eine Bibliothek und am Bahnsteig Szenen aus der Geschichte Portugals und von den portugiesischen Entdeckungsreisen. Solche Arbeiten von Bartolomeu gibt es noch in der Metro von Tokio. Bartolomeu war ein sehr guter Freund von mir, wir haben uns regelmäßig getroffen.

In einem deiner Reiseführer über Lissabon lässt sich verfolgen, an welchen Orten der Film »Nachtzug nach Lissabon« gedreht wurde. Magst du den Roman von Pascal Mercier und weißt du, ob sich viele Leute für die Drehorte interessieren?
Ich denke »nein«. Man sollte den Film gesehen oder mindestens das Buch gelesen haben, um einen Kontakt zu den Drehorten zu erhalten.

Foto der Metro-Station Parque (Lissabon)

Fliesenkunst in der Metro-Station Parque (Lissabon)

Viele DPG-Mitglieder haben 2015 an einer beeindruckenden Führung durch die «Fá­brica Sant ’Anna» teilgenommen. Was ist für dich das besondere an der Lissabonner Fliesenfabrik?
Sie ist die älteste noch existierende Fliesenfabrik Portugals. Bei meinem ersten Besuch dort − 1983 − wurde ausschließlich in Holzöfen gebrannt, jetzt ist auf Elektrizität umgestellt. Aber die Fliesen werden immer noch handwerklich hergestellt und einzeln gemalt. Bei dem Besuch 2015 hat jeder eine Fliese mit seinem Namen erhalten. 

Das «Museu Nacional do Azulejos» in der Rua de Madre de Deus zählt über 1 Million Fliesen. Wer Azulejos mag, liebt diesen außergewöhnlichen Ort, nicht wahr?
Für Fliesenfreunde ist der Besuch dort ein »muss«. An keinem Ort wird die Geschichte der Fliesen so gut dargestellt. 

Das portugiesische Wort für Fliesen heißt «azulejos» und kommt vom arabischen ­Azzelij oder Al Zulaij, was flacher oder polierter Stein bedeutet. In Portugal gibt es Fliesen auf vielen Hauswänden. Ist das für dich eine interessante Art und Weise, Geschichte lebendig werden zu lassen?
Die Sitte, Hauswände mit Fliesen zu verkleiden, ist verhältnismäßig jung und hat auch zum Teil bautechnische Gründe als Schutz vor dem feuchten Klima. Fliesen bzw. Fliesenbilder wurden ursprünglich hauptsächlich in ­Palästen, Kirchen und öffentlichen ­Gebäuden angebracht. Die Brasilien-­Auswanderer nahmen die Fliesen mit, um ihre Häuser vor dem feuchtwarmen Klima zu schützen. Diese Sitte schwappte zurück ins Mutterland. Fliesen an Hauswänden sind meist von der Musterung her Einzelfliesen, so raffiniert verlegt, dass oft große Wände aus nur zwei bis vier Einzelmustern bestehen.  

Weißt du noch, wann und warum du zum ersten Mal nach Madeira gereist bist?
1989 über Neujahr mit einer Gruppe von der ländlichen Erwachsenenbildung.

Auf Madeira gibt es viel zu sehen. Was gefällt dir außer der Markthalle in Funchal (Mercado dos Lavradores) noch?
Die Wanderwege an den Levadas z.B. Ribeiro Frio, das Cabo Girão, Porto Moniz, Câmara de Lobos, Machico, Ribeira Brava.

Du hast auch ein Buch über Madeiras Nachbarinsel Porto Santo geschrieben, auf der Christoph Columbus als Zuckerhändler lebte. Was fasziniert dich dort?
Die Ruhe − wir waren immer außerhalb der Saison dort −, der Strand, die Felsenküste.

Bisweilen reist du durchs Land und hältst Vorträge über die portugiesische Fliesenkunst. Sind die ZuhörerInnen erstaunt, was es zu diesem Thema alles zu erzählen gibt?
Wer noch nie in Portugal war, ist natürlich über die Vielfalt der Fliesenkultur erstaunt. 

Du bist unzählige Male in Portugal gewesen. Gibt es für dich einen Ort, der in deinem Herzen so präsent ist, dass du jedes Jahr dort hinreisen »musst«?
Da gibt es viele Orte: Lissabon steht an erster Stelle, Porto, Tavira, Tomar, Elvas…

Foto von Werner Tobias

DPG-Mitglied Werner Tobias · © Herbert Schlemmer

 

 

 

 

 

 

 

 

ZUR PERSON:

Werner Tobias ist 1939 in Nordenburg (Ostpreußen) geboren. Seine Familie muss 1940 fliehen. Und so landet er in Osnabrück, wo er auch heute noch lebt. Er ist verwitwet und hat zwei Kinder. Nach dem Studium der Allgemeinen Technikehre und Geografie wird er erst Assistent und dann Hochschuldozent an der Uni Osnabrück. 1988 reist er auf Einladung der Uni in Vila Real für vier Monate nach Portugal, um eine landesweite Bestandsaufnahme der schwarzen Keramik zu erstellen. 
Werner Tobias hat elf Bücher und zwei Aufsätze über Portugal, Fliesen und Keramik veröffentlicht (siehe rechts). Er versucht, die Dinge immer von allen Seiten zu sehen, hat zehntausende Fotos in Portugal gemacht, Ausstellungen zur schwarzen Keramik und zur zeitgenössischen portugiesischen Kunst organisiert und hält Diavorträge über die Geschichte der portugiesischen Fliesenkunst.
Sein Lebensmotto lautet: Immer neugierig sein und auf die Menschen zugehen. Er ist seit über 20 Jahren Mitglied der DPG. Seine Hob­bys sind Kajak fahren und reisen.

Lissabon-Krimi: Hintergründe und Kommentar

Foto von der Alfama (Lissabon)

Catrin George Ponciano erzählt über ihren Kriminalroman »Leiser Tod in Lissabon«  Fragen von Andreas Lahn

> Inspetora-Chefe Dora Monteiro ist die Hauptfigur deines Kriminalromans. Sie mag Pralinen zum Frühstück und trinkt ihre Bica mit vier Tütchen Zucker. Du auch?
CATRIN GEORGE PONCIANO: Hilfe, nein! Kaffee grundsätzlich ohne Zucker, und Pralinen nasche ich nur in Lissabon, Pralinenköstlichkeiten aus der Konditorei Confeitaria Nacional an der Praça da Figueira mit Blick auf das Castelo de São Jorge; oder in Coimbra im Park am Mondego-Fluss mit Blick auf die alte Universität und mit Baiser aus der Pastelaria Briosa − dosiertes Zungenglück an persönlichen Lieblingsorten.

Dora Monteiro ist eine taffe, sympathische Kommissarin. Wäre die Arbeit im Mord­dezernat auch was für dich?
Es gab einmal eine Zeit, da habe ich Patricia Cornwells Bücher über ihre Protagonistin Kay Scarpetta verschlungen. Forensisches hat mich schon immer fasziniert, aber spätestens seit dem Film Das Schweigen der Lämmer bannt mich die psychologische Konstellation von Kapitalverbrechern. Als Profilerin könnte ich mir vorstellen zu arbeiten, aber …, das zu behaupten ist tollkühn, eine verzerrte Vorstellung der brutalen Wirklichkeit, wenn Tod dein dauernder Begleiter ist. In Leiser Tod in Lissabon ist die ständige Nähe zur Brutalität auch ein Knackpunkt für Doras Seelenheil. Sie ist taff, eben weil sie mit dem Tod zu tun hat, sonst ist Dora eine Lieb­haberin der schönen Künste.

Reisebücher sind dir scheinbar nicht ­genug. Was hat dich angetrieben, einen Lissabon-Krimi zu schreiben?
Sich als Autorin nicht mehr nur in ­einem Genre schriftstellerisch zu bewegen, ist heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr. Reisebücher werde ich fortan weiter schreiben, aktuell arbeite ich an einem literarischen Reiseführer über den Alentejo, und bediene eine weitere dritte literarische Gattung mit einer Nahaufnahme über Fernando Pessoa und sein Lissabon.
Deine Frage, ob mir Reisebücher scheinbar nicht genügen, verstehe ich als Metapher. Das Schriftstellen kam nicht erst jüngst zu mir, es begleitet mich mein Leben lang. Als junge Frau bis Anfang Zwanzig habe ich regelmäßig journalistisch veröffentlicht, aber danach als Chefköchin einen ordentlichen Brotberuf ausgeübt, der mir ­weder Kraft noch Zeit zum Schreiben, außer für persönlichen Notizen gelassen hat. Jetzt, vierzehn Jahre nach meiner zurückgewonnenen Freiheit als Autorin, fühle ich mich reif für Geschichten erzählen. Um überzeugend zu schreiben, musste ich erst eine innere Zäsur zulassen, konventionelle Anforderungen von außen besiegen, und Schmerz ertragen, damit er sich plausibel auf die Figuren überträgt. Was nicht bedeutet, dass alle Geschichten traurig sind, sondern dass sie sich wahrhaftig anfühlen, weil die Protagonisten eine Wandlung erleben, die den Leser in die Gefühlswelt der Hauptfigur einsaugt. Das kann aber nur gelingen, sofern ich mich reflexiv ausziehe. Und dazu gehört Reife. Um also Deine Frage zu beantworten, jetzt genügt mir der Zeitpunkt, um neben Reiseliteratur auch Romane zu schreiben. Mit Handlungsort Portugal. Portugal ist mein Metier. Gesucht habe ich bereits seit einer Weile nach einem politisch motivierten Plot, aber mir fehlte eine entsprechend glaubwürdige psychologische Konstellation. Den Impuls für die von mir gewünschte Glaubwürdigkeit in Leiser Tod in Lissabon bescherte mir ein Zeitzeuge, der den Widerstand während der Diktatur in den Jahren vor 1974, die Nelkenrevolution am 24. und 25. April 1974, und den Militärputsch am 25. November 1975 miterlebt hat. Als Soldat, als Militärpolizist, der leidvolle Bekanntschaft mit Verhör und Folter seitens der PIDE erfahren hat. Sein Geständnis schenkte mir die psychologische Raffinesse für den jetzt vorliegenden Krimi. Die Entscheidung, das Buch zu schreiben, fällte ich instinktiv, schon beim Zuhören bekam ich einen trockenen Mund, mir wurde flau im Magen, und ich wusste, das wird mein erster Roman.

Der Roman beginnt mit den Ereignissen am 25.11.1975 in Portugal. Was ist damals passiert?
Der 25. November 1975 ist ein wichtiger Tag für den Erhalt der portugiesischen Demokratie gewesen. Vielleicht sogar ihr Stichtag. Im politisch heißen Sommer − o Verão quente 75 −, hatte eine linksradikale Zelle innerhalb der Militärpolizei seit März des gleichen Jahres, eine Revolte vorbereitet, um die politische und die militärische Macht an sich zu reißen. Die Militärrevolte am 25. November begann im Haupt­quartier der Militärpolizei in Lissabon mit dem Ziel, die Diktatur als Staatsform zu rehabilitieren. Haarscharf nur konnte die MFA einen möglichen nationalen Militärkonflikt mit Bürgerkrieg abwehren − und die Demokratie als Staatsform fortbestehen. 

Der Bankier Elías Inácio wird in der Lissabonner Kirche «Igreja de São Miguel» tot aufgefunden — Mord! Worum geht es in deinem Krimi?
Dass der Mord in der Kirche geschah, ist kein Zufall, erkennt Dora Monteiro auf Anhieb. Die Indizien am Tatort führen sie jedoch zunächst in eine Sackgasse und anschließend auf die Fährte eines gefährlichen, aber seit 1974 für tot erklärten Mannes aus der ehemaligen faschistischen Miliz. Immer tiefer gerät Dora in ein Netz korrupter Machenschaften, die entstanden während der Diktatur bis in die Gegenwart reichen. Dem Mörder begegnet sie in diesem mächtigen Netzwerk allerdings nicht. Sie kehrt zum Tatort in die Kirche zurück und entschlüsselt  endlich die Botschaft des Täters. 
In Leiser Tod in Lissabon verlaufen zwei Handlungsstränge parallel, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber dennoch alles. Das Motiv für den Mord, das politische Machtkomplott, die korrupten Machenschaften, finden in meiner fiktiv erdachten Geschichte ihren Ursprung in der faschistischen Diktatur in Portugal,  und ihr Ende beim leisen Mord an dem Bankier in der Kirche. Wie und warum die beiden Handlungsstränge zusammengehören, ermittelt Dora im Laufe der Geschichte.

In einem historischen Roman ist es immer schwierig, Reales und Fiktives zu trennen. Welche Reaktion soll die Geschichte bei deinen LeserInnen auslösen?
Sie sollen sich unterhalten, von schaudern bis Lachen ist alles dabei, und sich in Lissabon wiederfinden oder neugierig auf die Stadt werden. Nach innen gerichtet wünsche ich mir, dass Portugal affine Leserinnen ein Stück mehr über die jüngste Zeitgeschichte erfahren und damit eventuell leichter verstehen, warum in Portugal manche Dinge heutzutage nach wie vor stark mit den Ereignissen von vor 46 Jahren zusammenhängen. Bei Nicht-PortugalkennerInnen erwecke ich vielleicht ein wenig Neugier, um dann mehr über das Land erfahren zu wollen − eventuell sogar auf einer Reise. In meiner Geschichte ­besiegt meine Protagonistin ihren inneren Dämon. Ich wünsche mir, dass einige LeserInnen ebenso Mut schöpfen mögen für ihre Träume. 

Das Foltergefängnis in Trafalgar auf der kapverdischen Insel Santiago ist ein Synonym für die Greueltaten der Faschisten. Sind die dunklen Kapitel der portugiesischen Geschichte aufgearbeitet?
Die Aufarbeitung grausamer geschichtlicher Fakten, die unsagbar menschliches Leid verursacht, sowie massenhaft für Unterdrückung und Millionenfach für Überwachung gesorgt haben, ist ein schmerzvoller Prozess. Ein traumatisches Kapitel für alle Beteiligten. Die Opfer. Die Verhörten. Die Geschlagenen. Die Angehörigen, stellvertretend für die Getöteten. Darüber möchte man lieber schweigen, das kennen wir in Deutschland hinsichtlich der Aufarbeitung des Holocausts. Denn bei Aufarbeitung steht das Fragezeichen Schuld stets hellrot im Vordergrund. 
In Portugal hat die Aufarbeitung der faschistischen Verhörmethoden längst begonnen, in privat initiierten Aktionen, sowie mit neuerlichen Museen in ehemaligen PIDE-Stätten. Es gibt Filme, wie O Julgamento von Leonel Vieira nach einem Drehbuch von João Nunes, der das Thema Folter sehr kraftvoll in Szene gesetzt hat. Oder Bücher, in denen Zeitzeugen, anonym oder mit Name und Bild versehen, von ihren Erfahrungen mit der PIDE berichten. Es existieren Dissertationen, die tief in die Materie eintauchen und unglaubliches zu Tage befördern. Das nach einem Gestapo-­Konzentrationslager angelegte und geführte ehemalige Lager der PIDE, Campo de medo Trafalgar, birgt unvorstellbar grausame Geheimnisse, die alle Aufklärung verdienen. 

Die Kirche spielt nicht nur als Tatort eine wichtige Rolle in deinem Krimi. Was bedeuten Kirche und Religion für dich?
Der Tatort Kirche hat mit der religiös verbundenen Schuldfrage in Leiser Tod in Lissabon zu tun. In dem ehemaligen katholischen Königreich, reicht der Glauben an die Heilige Dreifaltigkeit auch nach der Säkularisierung 1910, bis ins dritte Jahrtausend. Inhaltlich bleibe ich damit in meinem Plot kulturidentisch, denn mein Blick auf Portugal kommt von innen, nicht von außen als Betrachter. Ich lebe in Portugal, meine Wahlheimat bietet mir schriftstellerische Wertschöpfung. Somit begegne ich der Institution Kirche ständig, und ihre Gebäude, entstanden in unterschiedlichen historischen und politischen Epochen, erzählen mir die Geschichte dieser Nation, zusammen­gewürfelt aus mehreren Völkern, ­Religionen und Sprachen. Ein neues Volk in einem neuen Königreich, das im auslaufenden Mittelalter im Namen seines Glaubens aufbrach um die Weltmeere zu erobern und die neue Welt zu erkunden. Eine Meisterleistung, die mir Respekt einflößt. Mein persönlicher Glaube richtet sich auf positives Denken und ist konfessionslos. Damit behalte ich meinen Blickwinkel frei für unterschiedlichste religiös motivierte Betrachtungsweisen und Denkansätze. 

Auf Klingelschildern in Portugal stehen keine Namen, und wenn man in Portugal jemanden anruft, hört man meistens ein «Estou» (Ich bin’s). Ist dieses verdeckte Verhalten (encoberta) ein übrig gebliebenes Relikt aus den Zeiten der Diktatur?
Definitiv. Ich lebe auf einem Dorf, ergo inmitten dörflich geprägter Nachbarschaft. Die ältere Generation spricht nicht über Gefühle, schon gar nicht über Politik und gibt niemals eine Meinung offen zum Besten. Denn die PIDE gibt es ihrer Meinung nach wie vor. Deswegen unterschreiben sie keine Petition, sonst müssen sie ihre Identität preisgeben, »so wüssten ‹eles› (Synonym für Miliz), wer sie oder er sei, und die Kinder und Enkel könnten Schwierigkeiten im Beruf oder an der Schule bekommen.« Die Furcht vor Repressalien lähmt. Vor eigenen Entscheidungen und davor, für Veränderungen einzutreten.

Im Zuge des Romans lernen wir etliche Orte in Lisboa kennen. Man könnte glauben, du liebst diese Stadt…
Meine Herzensstadt. Auf jeden Fall. Lissabon spiegelt, was ihre Bürger denken und fühlen. Das steckt an. Lissabon atmet Nostalgie ein und Dynamik aus. Das gefällt mir, es entspricht meinem Wesen.

Einen komplizierten Mordfall hat Dora Monteiro aufgeklärt. Ermittelt sie weiter?
Ich würde mich freuen, wenn das klappt. Einen neuen Plot, der die LeserInnen nach Lissabon und in andere zauberhafte Orte Portugals − wie zum Beispiel in die Christusritterburg von Tomar − entführt, habe ich mir bereits zurechtgelegt. Lassen Sie sich einfach über­raschen.

Cover von Catrin George Poncianos Roman »Leiser Tod in Lissabon«

Cover des Buches »Leiser Tod in Lissabon« · © Verlag emons:

Anmerkungen zu Catrin George Poncianos Krimi »Leiser Tod in Lissabon« • von Andreas Lahn

Der Bankier Elías Inácio wird in der Igreja de São Miguel in der Lissabonner Alfama mit einem Stech­eisen ermordet. Die Kommissarin Dora Monteiro sieht sich mit einem Geflecht aus Betrügern, Ex-­Militärs und Folterknechten der Salazar-Diktatur konfrontiert. Ca­trin George Ponciano erzählt eine Geschichte, die mich in ihren Bann zieht: Ich eile mit Dora Monteiro durch Lissabon, trinke am Rossío Ginjinha, gehe in der Alfama spazieren und bummele durch den Chi­ado. Nebenbei werde ich Teil der portugiesischen Geschichte und spüre die Gewalt der Diktatur genau so wie die Veränderungen mit der Nelkenrevolution.
Wundervoll geschrieben, spannend, kenntnisreich bis ins Detail: Ich lege das Buch nur kurz zum Schlafen aus der Hand und lese gleich am Morgen weiter. Ich fühle mich gefangen in der Geschichte, in einem grandiosen Mix voller Abenteuerlust und Leidenschaft.
Schade, dass der Verlag nicht den Mut hatte, die Autorin im Präsens erzählen zu lassen. Quasi live wäre Dora Monteiros Jagd nach der MörderIn von Elías Inácio noch intensiver erlebbar ­gewesen. Aber auch so ist dieser Krimi ein literarischer Traum und ein Lesevergnügen der besonderen Art. Herzlichen Dank, liebe ­Catrin George Ponciano, für die wundervollen Stunden. Natürlich hoffe ich, dass Dora Monteiro weiter ermittelt…

Catrin George Ponciano: Leiser Tod in Lissabon · Kriminalroman
Verlag emons: 2020 · ISBN 978-3-7408-0783-2 · 13 €
INFOS zu Lesungen in Deutschland und -Portugal: www.catringeorge.com
Fanpage zu »Leiser Tod in Lissabon«: www.facebook.com/CatrinGeorgePonciano

Neuer Botschafter bringt frischen Wind nach Berlin

Foto von Francisco S.E. Ribeiro de Menezes und Michael W. Wirges

Antrittsbesuch beim neuen Botschafter Portugals in Deutschland    von Michael W. Wirges

> Anfang März 2020 hatte ich die außerordentliche Gelegenheit, mich beim neuen Botschafter von Portugal vorzustellen. Seine Exzellenz, Francisco Ribeiro de Menezes, ließ es sich nicht nehmen, mich persönlich aus dem Warteraum in der Botschaft abzuholen und mich in sein Büro zu führen. Er nahm sich eine ganze Stunde Zeit, um sich mit mir über Lebensläufe, Beruf­liches, Privates und natürlich auch über die DPG (Deutsch-Portugiesische Gesellschaft) zu unterhalten. Er bedauerte, noch nicht unsere Sprache zu sprechen, steht bei seinem Erlernen noch ganz am Anfang. Sein jugendlicher Sohn, der hier an eine Internationale Schule geht, soll da schon weiter sein. 
Er war sehr erstaunt und zugleich erfreut über meinen Lebensverlauf, besonders den in Portugal, und mein gutes Portugiesisch. Seine Exzellenz erfreute es auch sehr, dass die DPG seit so langer Zeit aktiv ist und die freundschaftlichen Beziehungen und den Austausch zwischen Deutschland und Portugal so gut aufrechterhält. Er sicherte uns zu, nach Möglichkeit, bei ­unserer Arbeit behilflich zu sein.
Anfang März war die Coronavirus-­Krise noch nicht so akut und niemand dachte, dass diese solche erschreckenden Ausmaße wie heute haben würde. Trotzdem haben wir auch über dieses Thema gesprochen. Als die ersten Fälle in Portugal auftraten, hat die Regierung sofort reagiert und als erste Maßnahmen die Schulen geschlossen und die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es relativ wenig Infizierte und Tote gegeben hat, ganz im Gegensatz zum Nachbarland Spanien. Vernunft und Pflichtbewusstsein haben Portugal diesmal − gemessen an anderen Ländern − vor dem Allerschlimmsten bewahrt, was auch inter­national sehr große positive Beachtung gefunden hat.
Persönlich halte ich den neuen Botschafter Portugals für eine angenehme, offene Persönlichkeit, die zuhören und auf die Menschen zugehen kann.
Francisco Ribeiro de Menezes, geboren am 15.Juli 1965 in Lissabon,  war vor seiner Laufbahn Mitglied der bekannten portugiesischen Rock/Pop-Gruppe Sétima Legião, für die er alle Texte schrieb, gelegentlich Keyboard spielte und der Gruppe bis zu deren Auflösung 2003/2012 treu blieb. Später schrieb er auch einige Texte für die portugiesische Gruppe Madre­deus. Er stammt aus einer Diplomatenfamilie, auch sein Vater war Botschafter. Dabei wuchs er in vielen verschiedenen Ländern auf, vor allem in Argentinien, Frankreich, USA und Portugal. Menezes studierte an der Universität in Lissabon Rechtswissenschaften und begann 1990 im Außenministerium Portugals bei Außenminister Jaime Gama, wo er sechs Jahre lang blieb. Danach war er für Portugals Diplomatischen Dienst ­tätig, besonders an der Portugiesischen Botschaft in Madrid und in der Ständigen Vertretung Portugals bei der NATO. Ab 2006 leitete er das Büro des Portugiesischen Außenministers Luis Filipe Marques Amado und das des Ministerpräsidenten.
2010 wurde er mit dem Großkreuz des Portugiesischen Verdienstordens ausgezeichnet. Vorher erhielt er noch den Verdienst­orden der Bundesrepublik Deutschland (1999, Offizier), den Brasilianischen Rio-­Branco-Orden (1999, Offizier), den Orden der Isabel la Católica (2000, Ritterkreuz als Offizier) sowie 2009 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (Großes Verdienstkreuz, Komtur). Insgesamt erhielt er Auszeichnungen aus 15 Ländern.
Von 2010 bis 2011 war er Portugiesischer Botschafter in Schweden, bevor ihn der neue Premierminister Pedro Passos Coelho als Büroleiter zu sich nach Lissabon zurückholte.
2012 wurde er zum bevollmächtigten Minister ernannt.
Francisco Ribeiro de Menezes war von 2014 bis Ende 2019 Portugiesischer Botschafter in Madrid und auch in Andorra akkreditiert, bevor er Anfang 2020 sein Amt als Portugiesischer Botschafter in Deutschland antrat.
Er ist verheiratet und hat einen schulpflichtigen Sohn.

Real Fábrica do Gelo: Eis für den Sonnenkönig

Gemälde von Jean Ranc

Wie König João V. mit der Real Fábrica do Gelo (1741–1885) seinen Traum verwirklichte    von Andreas Lausen

> König João V. aus dem Hause Bra­gança war dank des Reichtums der größten portugiesischen Kolonie Brasilien der reichste Herrscher im damaligen Europa. In seiner Regierungszeit von 1706 bis 1750 konnte er aus dem Vollen schöpfen. Anders als seine Kollegen in Preußen, Russland oder Österreich hielt er aber nichts vom militärischen Gepränge, von Feldzügen und Kriegen. Seine ­Begeisterung galt den Schönen Künsten − der Architektur, der Bildhauerei, der Malerei, der Musik und den Büchern. Das war seine Welt.
Seine unumschränkte »absolutistische« Macht ließ auch eine merkwürdige Blüte herauskommen: João hatte gehört, dass sich die Fürsten Norditaliens Eis von den Gletschern und Gipfeln der Alpen bringen ließen, um mit zubereitetem Eis ihren Speiseplan zu bereichern. Ließ sich das auch in Portugal verwirklichen? 
Sechzig Kilometer nördlich von Lissabon erhebt sich die Serra de Montejunto, ein trutziger Granitberg, durchzogen von Höhlen, 666 Meter hoch und mit rauen Wintern gesegnet. Auf seinem Gipfel schneite es bis in den März − die Winter waren damals auch in Portugal kälter als heute. Da sich die Serra de Sintra mit bis zu 528 Metern Höhe als nicht kalt ­genug erwiesen hatte, entschied sich João V. im Jahre 1741, auf dem Montejunto eine Eis­produktion bauen zu lassen. 
In sechs Jahren wurden für die hohe Summe von 45.000 Cruzados 44 flache ­Becken gebaut und wasserdicht mit Steinplatten ausgekleidet. Für das Eis entstand ein Lagerhaus, äußerlich einer Kapelle ähnlich, mit einem 10 Meter tiefen und 7 Meter breiten Schacht für das Eis. Als Arbeitskräfte holte man arme Bauern und Tagelöhner aus den umliegenden Dörfern. 
Dann begann 1747 unter der Regie von Mönchen aus dem nahen Dominikanerkloster die Eisproduktion. In kalten Wintern gefror das gesammelte Regenwasser in den 44 Becken. Das war die einfachste Methode. Gab es keinen durchgehenden Frost, wurde Schnee in die Becken geschaufelt und mit Patschen und Trittbrettern festgeklopft. So wurde aus dem Schnee schließlich richtiges Eis. 
Dann wurde das Eis in Blöcken herausgesägt und im Lagerhaus dick mit Stroh eingepackt. So hielt es sich bis ins Frühjahr. Kamen dann in Lissabon die ersten warmen Tage, verlangte Seine Majestät nach Erfrischung. Eisblöcke wurden aus dem Lager geholt und, mit Stroh isoliert, auf Esels Rücken festgezurrt. 
Nun war Eile angesagt. Esel und Begleiter trabten, meist nachts, bergab über Alenquer zum Tejo. Bei Carregado wurden die Blöcke auf ein Boot geladen, das gen Lissabon segelte oder gerudert wurde. Am Terreiro do Paço wurden die Blöcke ausgeladen und in die Küche des Palastes gebracht. 
An den Köchen lag es nun, aus dem klein gehackten Eis, aus Sahne, Früchten, Gewürzen und Alkohol eine kühle Köstlichkeit zu zaubern. João V. blieb allerdings nicht viel Zeit, sich an Sorbet und kühlen Getränken zu erfreuen. Er starb schon drei Jahre nach dem Beginn der Eisproduktion mit 61 Jahren aufgrund seines ungesunden Lebenswandels. 
Sein Sohn José I. und seine Enkelin Maria I. setzten die Eis­produktion fort. Unter dem Neveiro da Casa Real (Königlicher Schneemeister) Julião Pereira de Castro erlebte die Eisproduktion ihre Glanzzeit. Er erhielt die Erlaubnis zu zusätzlichen Geschäften auf eigene Rechnung. Nahe beim Praça do Comercio eröffnete er 1782 ein Café mit dem Namen Casa de Neve (Schneehaus), zu dessen Attraktion die eisige Süßspeise wurde. Es heißt heute Café Martinho da Arcada und bietet immer noch Eis an. Aber auch die Spitäler Lissabons erhielten Eis, um die Schmerzen der Kranken zu lindern.
Als Ende des 19. Jahrhunderts Gefrierschränke aufkamen und das wärmere Klima kaum noch Schnee in die Serra brachte, ging die Fabrik auf dem Montejunto ein. 
Heute gelangt man von Torres Vedras über eine kurvenreiche Straße in die Serra de Montejunto. Oben erblickt man die restaurierten Becken der Eisfabrik und das alte Lagerhaus. Auch eine Kapelle gibt es. Dank des Heimatforschers Carlos Ribeiro werden die wenigen Besucher auf Tafeln über die Geschichte dieses Ortes informiert. Nebenan steht die düstere Ruine des Klosters, deren finstere Fensterhöhlen einen unheimlichen Eindruck hinterlassen. 
Portugals Literatur-Nobelpreisträger José Saramago hat der Serra auch ein literarisches Denkmal gesetzt: In seinem Roman Das Memorial, der den Bau des Palastes von Mafra aus Sicht einfacher Leute schildert, landet der Roman-Held Baltasar mit dem Flugapparat des Paters Gusmão an diesem Bergmassiv. Von der historischen Eisfabrik hat sich Saramago ­allerdings nicht inspirieren lassen. 
Wer ein anderes Beispiel der Eisfabrikation in Portugal ­sehen will, findet dies auf der Insel Madeira, wo im 19. Jahrhundert mit einem heute noch erhaltenen Schneebrunnen Eis für die ersten Touristen in Funchal produziert wurde.

Deine Freiheit ist nicht meine Freiheit

Text an einer Hauswand in Lissabon

Portugal zwischen Coronavirus und Gedenken an die Nelkenrevolution    von Catrin George Ponciano

> Am 25. April 2020 marschierte in Lissabon am Nachmittag ein älterer Senhor mit geschulteter Nationalflagge die Avenida da Liberdade entlang. Die Siebzig hat er längst überschritten. Seine Jugend ist von ihm fortgerückt. Seine Enkel sind erwachsen. Ganz allein marschiert der Senhor mit grauem Anzug bekleidet, die Prachtallee entlang. Von der Praça dos Restauradores am südlichen Ende bis zur Rotunde Marquês de Pombal. Auf der Allee schlagen die Bäume  aus, ihr zartgrünes Blätterdach spendet den kunstvoll gelegten kopfsteingepflasterten Parkwegen Schatten. Dennoch: Zärtlich blinzelt Sonnenlicht durch das Laubenzelt, tanzt über den Kopfstein und über den Asphalt auf die Fahrbahn. Obwohl es Samstag ist, obwohl der Frühling mit strahlendem Sonnenschein ins Freie lockt, ist der Boulevard leer. Kein Auto weit und breit, kein Spaziergänger, die Café-Kioske bleiben geschlossen. Lissabon in Zeiten von Corona. Die Bürger bleiben zu Hause. 
Der allein auf der Avenida da Liberdade marschierende Senhor bleibt nicht lange unentdeckt. Er wird fotografiert, von Anwohnern, vom Balkon, aus dem offenen Fenster: Sein Konterfei mit Flagge reist unzählige Male virtuell um die Welt. Ein Hoffnungsträger am diesjährigen Gedenktag, während der weltweiten Pandemie, inmitten des menschenleeren Stadtzentrums von Lissabon, ein Idol. Stellvertretend für Millionen Portugiesen in Portugal und die Ausgewanderten weltweit, in Gedenken an die Befreiung vor 46 Jahren, vom zuvor herrschenden 46 Jahre lang andauernden diktatorischen Joch. Er marschiert nicht in irgendeiner Straße Lissabons, nein, er schreitet die Freiheitsallee entlang, die ihren Namen trägt in Gedenken an die Wiedererlangung der monarchistischen Souveränität am Ende der Iberischen Doppelunion im Jahre 1668. An der Restaurationssäule haben der Senhor und seine Geistesgefährten am 25. April 1974 den Beginn der Zukunft gefeiert. Mit einem Lied auf den Lippen − Grândola Vila Morena − haben sie ihrem Freudentaumel über die künftige Brüderlichkeit, Gleichheit und Freiheit singend Ausdruck verliehen.
Zehn Jahre nach der Nelkenrevolution, marschiert 1986 genauso wie dieser einzelne Senhor in diesem Jahr, ein anderer, ebenfalls ein Idol, an der Spitze des Gedenkmarsches. Sein Name lautet Zeca Afonso, der Liedermacher, der das Lied vom »braunen Dorf Grândola« komponiert und getextet hat. Es soll Mut machen, ein Trostlied sein. Frei nach dem Motto, niemand leidet allein. Zensiert wird das Lied, verboten, und Zeca Afonso inhaftiert, verhört, gefoltert und geschlagen. Dennoch, das Lied hat überlebt und ist zur Freiheitshymne avanciert. Seine Rede zur 10-Jahresfeier auf dem Boulevard  eröffnet Zeca Afonso mit den Worten. »Singt. Es ist nicht mehr verboten!«
In diesem Jahr am 25. April ist es verboten, sich auf der Straße zu treffen, verboten, gemeinsam zu marschieren, verboten, sich zu versammeln. Die Gedenkfeier an die Nelkenrevolution findet hinter verschlossenen Türen in geschlossenen Räumen im Parlamentarischen Saal statt, was zu einer tiefen Spaltung der öffentlichen Meinung führt. Obwohl im Fernsehen übertragen, findet das Gedenken an den Tag aller Portugiesen − getrennt von ihnen statt. Die in häuslicher Quarantäne Weilenden, die seit Wochen keinen persönlichen Kontakt mit ihrer Familie haben dürfen, die nicht an der Strand, in den Park, auf den Spielplatz, zur Arbeit gehen dürfen, die ihre Geschäfte nicht öffnen dürfen, fühlen sich plötzlich unfrei. Auf einen Nebenschauplatz ins Abseits gerückt. Doch Portugal hat sich an Zecas Rede erinnert − und an seinen Aufruf. »Singt!« Punkt 15 Uhr singt das gesamte Land das einst verbotene Marschlied für die Freiheit. 
In meinem Dorf im Algarve schaltet auf der Baustelle gegenüber der Kapo um 15 Uhr das Radio ein. Es knarzt und knackt im Lautsprecher, schlechter Empfang. Hier und da bemerke ich ein offenes Fenster. Nachbarn, alles Jüngere, die Arme auf das Fensterbrett gestützt, blicken sie teilnahmslos die Straße auf und ab. Aber niemand singt. Als «Grândola Vila Morena« im Radio erklingt, schließen einige ihre Fenster. Dennoch, zwei Straßen weiter, spielt ein Nachbar auf seiner Dachterrasse Gitarre das Gedenklied an Catarina Eufémia. Kaum ist die Grândola im Radio verhallt, knallen Kronkorken von Bierflaschen auf der Baustelle gegenüber und man dreht den Sender auf Heavy Metal.
Ich schließe das Fenster. Verwirrt. Hin und hergerissen zwischen Bewunderung für den Kampf des Volkes vor bald einem halben Jahrhundert und den aktuellen, vagen Gedanken an eine ungewisse, andere Zukunft. Noch befinden wir uns im Algarve auf der Transitstrecke zwischen vor und nach Corona, doch die Weichen stellen traut sich die politische Führungsriege bislang bloß vage. Die besungene Freiheit von 1974 schmeckt heutzutage anders. Frei sein bedeutet damals Wahlrecht für Frauen, regelmäßige Entlohnung, Vorsorge für das Alter für alle, Bildungsrecht, Gleichstellung der Frau, etc. Aber haben diese Werte noch Gültigkeit in der Gegenwart? Natürlich haben sie. Aber nicht allein. Bereits vor der Pandemie reicht der einst gemeinschaftlich erhobene Volkswille nicht mehr, um der jetzt heranwachsenden Generation eine freiheitliche Zukunft zu bieten. Die Begrifflichkeit bedarf einer neuen Defini­tion, adaptiert an die heutigen Anforderungen, denen junge Menschen gerecht werden müssen. Wer im Algarve im Tourismus arbeitet, also der Großteil der Bevölkerung, schätzt sich glücklich mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Alle anderen arbeiten saisonal mit befristeten Arbeitsverträgen, abgeschlossen mit Zeitarbeitsfirmen für fünf bis sieben Monate, zu Konditionen, die es jungen Menschen nicht erlauben, sich eine eigene Zukunft aufzubauen, weil sie es sich im Algarve nicht leisten können, allein eine eigene Wohnung zu unterhalten. Heirat, Hotel Mama oder Hypothek lauten die Alternativen. Aber welche Bank bewilligt einem Single ein Hypotheken­darlehen, wenn er nur einen sieben Monate gültigen Arbeitsvertrag, ein Nettoeinkommen unter 700 Euro und eine Arbeitslosenvergütung von fünf Monaten hat? 
Das ist die Situation vor Corona. Aktuell bleiben all diejenigen, die saisonal im Tourismus und Einzelhandel arbeiten, weiterhin zu Hause. Eine befristete Anstellung im laufenden Kalenderjahr ist so gut wie aussichtslos, was die individuelle Zukunftsperspektive doppelt einschränkt. Nach etlichen Gesprächen mit jungen Leuten aus anderen Gegenden Portugals, aus Regionen, die weniger wirtschaftlich abhängig sind von ausländischen Gästezahlen als im Algarve, öffnet sich ein ähnlich nachdenklich stimmendes Bild. Die Jungen fühlen sich von ihrer Regierung im Stich gelassen. Aber gebührt denn nicht gerade den jungen Portugiesen eine würdevolle, auf den Begriffen Brüderlichkeit, Gleichheit und Freiheit aufbauende Zukunft, wage ich zu fragen. Wofür ihre Vorväter gekämpft haben? Dass meine jüngeren Nachbarn am 25. April dieses Jahres nicht singen und die Fenster schließen, ist traurig. Sie sind enttäuscht. Und schweigen. Sie stehen nicht auf, wie ihre Vorväter, sie melden sich nicht zu Wort, sie organisieren sich nicht. Sie fordern ihr Recht auf ihre Zukunft nicht ein. Niemand spricht laut über die soziale Benachteiligung durch stockende Lohnpolitik. Niemand beschwert sich über die alljährliche Jagd nach einem unangemessen bezahlten Saisonjob. Niemand bietet kurzfristig Lösungsansätze − weder die Politiker noch die Betroffenen. Wer aber Freiheit für sich beansprucht, darf Rechte einfordern, laut, nachdrücklich, argumentativ stringent. Später, wenn der Weg geebnet ist, kann man wieder singen und marschieren, damit meine und deine Freiheit wieder zusammenfinden − zu unserer Freiheit!

Dezentralisierung und Regionalisierung als modernes Modell des Staates

Illustration Weltkugel

von Eberhard Fedtke und Ana Carla Gomes Fedtke

> In Portugal sind Macht und staatliche Kompetenz in Lissabon gebündelt. Dieser archaische Aufriss der Staatsverwaltung mit einem Führungsstil des – nach moderner Vokabel – «multitasking», diese immer weiter anwachsend, zeitigt verschiedenartige Hindernisse wie die Dauer von Entscheidungen, mangelnde Abstimmung mit regionalen Stellen in gebotener Zeit sowie Unausgewogenheiten bei der Überprüfung jedweder Ergebnisse und Resultate. Selbst die digitale Kommunikation bietet nur eine teilweise Hilfestellung.
Mithin ist die Aufgliederung der staatlichen Strukturen ein  permanentes Thema der regionalen Autarquien mit dem Ziel,  alle «man-power» für regionale öffentliche Aufgaben zu aktivieren und damit vermehrt interne Wirkung sowie eine größere Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union und der Welt zu besitzen. Die Regionalisierung  gestaltet sich immer mehr zu einer Notwendigkeit und wichtigen Angelegenheit. Andere Länder zeigen, dass eine gut geplante Aufgliederung, die grundlegend eine vernünftige Zuteilung von Kompetenzen an administrative Regionen – nahe an der Bevölkerung – beinhaltet, einem Land vor allem größere wirtschaftliche Effizienz vermittelt. In Europa praktizieren Länder mit gehobenem industriellen Zuschnitt, wie beispielsweise Deutschland, Österreich, Schweiz und Holland mit Erfolg diese Errichtung dezentralisierter Zuständigkeiten. Schon die Römer mit ihren grossen Entfernungen im Reich und der Hauptstadt Rom bevorzugten diese Form  einer regionalen Dezentralisierung fundamentaler Zuständigkeiten. Nehmen wir ein historisches Beispiel: Christen wissen, dass Jesus in Jerusalem vom Statthalter Pilatus, welcher den Posten des regionalen Verwalters Roms unter Kaiser Tibério einnahm, verurteilt wurde. Heute sind die Vereinigten Staaten von Amerika das größte Gebilde einer Abstufung der staatlichen Macht, indem sie 50 Staaten unter der zentralen Regierung vereinigen.
Die moderne Industrie kann nicht ohne autarke Selbständigkeit an der Basis sowie effektive Aufgliederung in Führung und Verwaltung Fortschritte machen. Beteiligungen mit gleichwertigen anteiligen Befugnissen in bestimmten horizontalen und vertikalen Bereichen zur Formulierung und Durchführung gemeinsamer Zielsetzungen einer Gemeinschaft  verwirklichen bessere Ergebnisse. Monarchien dienen grundsätzlich für kleinere Strukturen mit wenigen Personen. Eine intelligente Dezentralisierung indes regt stets zutiefst zu Kreativität, Motivation, Verantwortung, Impulse für Erneuerungen und Teilhabe sowie den Kontribut des Einzelnen im Gemeinschaftssinn an. Die praktischen Rezepte sind bestens bekannt, sei es durch authentische Veröffentlichungen, sei es durch  akademische Untersuchungen. Ihre wesentlichen Erkenntnisse belegen mit Dringlichkeit die Dezentralisierung des portugiesischen Staates.
Wahrhaftige staatliche Aufgliederung bedeutet, das Skelett des öffentlichen Körpers aufzuteilen, eine horizontale und vertikalen Struktur zu schaffen, mit zentralen und regionalen Zuständigkeiten ausgestattet, diese durch Gesetze und Verordnungen festgelegt, wer verantwortlich über welche öffentliche Massnahme entscheidet, wobei die regionalen Administrationen verpflichtet sind, gesetzesgemäß entsprechend den zuerteilten Aufgaben zu handeln, und simultan der Zentralregierung das allgemeine Kontrollrecht verbleibt. Es ist  ein punktuelles Kontrollrecht, nicht umfassend. Dezentralisierung ist – wohlgemerkt – nicht  lediglich die Zuteilung zur Ausführung einer Aufgabe, welche oben entschieden wird. Ein Beispiel: sofern die Selbständigkeit die Einzelbefugnis beinhaltet, über Angelegenheiten des Zivilschutzes in der Region zu entscheiden, die autarke Körperschaft Planungen, Rangfolgen und jedwede andere Besonderheiten ihres Heimatgebietes kennt, so kann und muss sie aus eigener Initiative entscheiden.
Am 9. Juli 2019 verteidigten die portugiesischen Autarquien auf einem Kongress in Vila Real in Gegenwart vom etwa 800 Teilnehmern sowie des Staatspräsidenten die Schaffung von administrativen Regionen, einschliesslich eines neuen Modells der lokalen Finanzierung. Der Präsident ermutigte mit bewegten Worten die Regierung, nicht Zeit zu verlieren und einen irreversiblen Fehler zu begehen,  künftighin die grossen territorialen Möglichkeiten zu vernachlässigen und mit der Polarisierung der öffentlichen Rechte in Lissabon fortzufahren. Er unterstrich zudem, das eine intelligente Aufgliederung der institutionellen Strukturen eine Stärkung der Basisgrundlage  für eine imperative Erfüllung der gesetzlichen Normen sowie der Durchführung der effizienten Verwaltung bedeute. Es fänden sich große Reserven für die funktionale Fortbildung des Staates in sämtlichen Sektoren. Tatsche ist, dass die portugiesischen Munizipien 9,2% der öffentlichen Ausgaben generieren, im Gegensatz zu durchschnittlich 23% der Munizipien der EU, symbolhaft für eine effiziente Regionalisierung. In Portugal können mit guten Gründen – die Hälfte der 20 Ministerien den Autarquien übertragen werden. In erster Linie betrifft dies den Gesundheitssektor, gefolgt von der Sozialpolitik, dem Kulturbereich, Erziehung, Zivilschutz, Konzipierung, Beantragung und Ausführung der europäischen Zuschüsse.
Um  Beispiele zu geben, sollten auf dem Gebiet der Autobahnen und im Bereich des Transportwesens den Muinizipien sowohl die finanzielle Autonomie wie das Initiativrecht für Reparaturen ihrer regional-lokalen Straßen, zugleich Nationalstraßen, zukommen, denn soweit die Genehmigung der Aktion und ein Preisvorschlag von der zentralen  Administration genehmigt wird, laufen diese Verwaltungswege das Risiko, auf unbestimmte Zeit auf die Ausbesserung zu warten oder eine Untätigkeit wird endgültig. Ein weiteres klassisches Beispiel ist in den unseligen Bränden von 2017 verankert, als die Vorsorge des Zivilschutzes wegen der grundsätzlichen Orientierung einer Zentrierung in Lissabon misslang, was nicht der Fall gewesen wäre, hätte es eine Dezentralisierung unter Abgabe zur Bestimmung der notwendigen lokalen Maßnahmen gegeben, und das Ausmaß dieser Katastrophe wäre vielleicht nicht so desaströs ausgefallen. Was den sozialen Bereich anbetrifft, sehen sich die Munizipien noch nicht hinreichend mit Mechanismen für die Betreuung von Familien in schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten ausgestattet, seien es Hilfe bei der Miete oder andere Familienzulagen für die Basiserfordernisse dieser Personen. Diese Gegebenheiten müssen durch das Sieb der lokalen Segurança Social betrachtet werden, welche besser positioniert ist, die konkreten Fälle zu kennen. Europäische Zuschüsse schließlich betreffen ungezählte Bereiche, bei denen es besser ist, elementare Erkundungen und grundlegende Beantragungen zu delegieren, z.B. für die Restaurierung religiöser und ethnischer Monumente, historische Werke der Kunst sowie lokaler Kultur. Traditionell ist die Kultur in ihrer Vielfalt auf die Ebene der Regionen, Cidades und Aldeias festgelegt.
Vonnöten ist ein starker Impuls der Solidarität seitens der Oligarchie in Lissabon, um die öffentliche Gewalt zu Gunsten der Munizipien zu teilen und ein Portugal des XXI. Jahrhunderts unter Zusammenhalt, Wettbewerbsfähigkeit und Gleichheit zu etablieren, die Worte des Präsidenten benutzend. Im Resumée: Um mehr und noch breiter die vernachlässigten lokalen Strukturen, welche sich mit außerordenlichen lokalen menschlichen Ressourcen angefüllt vorfinden, zu entwickeln, darf die ausschließliche Entscheidungsgewalt nicht bei der Elite oben gelassen werden.
Dezentralisierung und Regionalisierung sind langfristige Aufgaben von Regierung und Parlament. Es ist nicht möglich, von heute auf morgen eine passende Lösung mit guter Wirkung in einer Weise zu erstellen, die die Unterschiedlichkeiten der portugiesischen Mentalität respektiert. Die augenblickliche zentralistische Konfiguration weist ersichtlich sehr breite Gegensätzlichkeiten auf, nicht nur territorial gesehen, worüber der Präsident mit tiefer Sorge sprach, sie regt zu Modernisierung in vielerlei Hinsicht an, alles dies mit Nachdruck im Kongress von Vila Rael herausgestellt.
Dieses Portugal mit seinen menschlichen und technischen Kapazitäten wird die Aufgabenstellungen des XI. Jahrhunderts meistern, vor allem durch eine demokratische Dezentralisierung, diese gut durchdacht, auf Ausdauer angelegt und mit Geduld betrieben. Seine Realisierung fällt günstig auf das gesamte Land zurück, um im gegenseitigen Dialog der Zusammenarbeit Initiativen zu erarbeiten und dialektische Inspirationen zu beleben, dies alles zum Wohl des Volkes.

A descentralização e a regionalização como moderno modelo do Estado

Montage zum Thema «Regionalismo»

de Eberhard Fedtke e Ana Carla Gomes Fedtke

> Em Portugal o poder e as competências estaduais estão concentradas em Lisboa. Esta configuração arcaica da administração no estado a liderar com um sistema − de acordo com uma palavra moderna − «multitasking», cada vez mais crescentes, causando diversos obstáculos como a duração de decisões, falta de coordenação com as entidades regionais em tempo útil, assim como assimetrias com qualquer fiscalização nos efeitos e resultados. Mesmo a comunicação digital é apenas um apoio parcial. Assim, a descentralização das estruturas estatais é um tema permanente das autarquias com a finalidade de ativar todo o «man-power» nos trabalhos públicos regionais e assim ter mais eficácia interior e melhor competitividade no seio da União Europeia e no mundo. A regionalização torna-se cada vez mais uma necessidade e tarefa urgentes. Outros países provam que uma descentralização bem planeada, que apresentam na sua base uma atribuição razoável de competências às regiões administrativas, perto das populações, converte um país nomeadamente numa maior eficácia económica. Na Europa, muitos países com elevado desempenho económico, como p.e. a Alemanha, Áustria, Suíça, Holanda entre outros, praticam com sucesso esta institucionalização de competências descentralizadas. Já os romanos, respeitando as grandes distâncias no Império com o capital de Roma preferiam esta forma de uma descentralização regional de competências fundamentais. Escolhamos um exemplo histórico. Os cristãos sabem que Jesus foi condenado em Jerusalém pelo governador Pilatos, que ocupava o cargo de administrador regional de Roma sob a intendência do imperador Tibério. Hoje em dia os Estados Unidos da América são a maior figura duma descentralização de poderes estatais, unificando 50 estados sob o governo central.
A indústria moderna não pode avançar sem estruturas autárquicas basilares e sem uma efetiva descentralização de poderes de direção e administração. A participação com igualdade de direitos parciais em determinados sectores verticais e horizontais na exploração e realização em fins comuns de uma entidade concretiza melhores resultados. Monarquias servem em princípio para pequenas estruturas com poucas pessoas. Mas uma descentralização inteligente acelera sempre profundamente a criatividade, a motivação, a responsabilidade, o impulso para inovações e participações, bem como o contributo de cada um num sentido conjunto. As receitas práticas são bem conhecidas, quer de publicações autênticas, quer de pesquisas académicas. Os princípios essenciais recaem urgentemente para a regionalização do estado português.
Uma verdadeira decentralização estatal significa dividir o esqueleto do corpo público e criar uma estrutura horizontal e vertical, dotada de um conjunto de competências centrais e regionais, tudo regulado por decretos ou portarias, quem decide responsavelmente sobre qual tarefa pública, responsabilizando as administrações regionais e locais a agir legalmente conforme as tarefas agregadas, deixando simultaneamente ao governo central um direito de controlo. E um direito de controlo pontual,  não completo. A descentralização não é − a de chamar atenção – para a atribuição de uma só execução de tarefa, decidida «em cima». Um exemplo: se a autarquia tiver a competência particular para decidir sobre medidas de proteção civil na sua região, o mesmo autarca é que deve conhecer as condições locais para os planeamentos, ordenamentos ou quaisquer outras especificidades da sua terra, pode e deve decidir por sua própria iniciativa. 
Dia 9 de novembro de 2019 os autarcas portugueses num congresso em Vila Real defenderam, na presença de cerca 800 delegados e do presidente da República, a criação de regiões administrativas, incluindo um novo modelo de financiamento local. O presidente encorajou o governo com palavras efusivas, para não perder tempo e cometer um erro irreversível, negligenciando no futuro mais as grandes potencialidades territoriais e continuar com esta polarização de poderes públicos em Lisboa. Sublinhou, ainda, que uma inteligente decentralização das estruturas institucionais significa um reforço da base elementar para a imperativa execução das normas legais e para a realização de uma administração pública eficaz. Encontram-se grandes reservas para a evolução funcional inteira do estado em todos os sectores. Facto é que os municípios portugueses gerem apenas 9,2 % da despesa pública, enquanto os municípios da UE, em média, gerem 23,3 %, símbolo e dicção duma regionalização eficaz. Em Portugal cerca de metade das pastas dos 20 ministérios podem ser − com boas razões − atribuídas às autarquias. Em primeiro lugar consta o sector da saúde, seguido da política social, cultura, educação, proteção civil, concepção e gestão dos programas dos fundos europeus. 
Por exemplo, no setor rodoviário e de transportes, os municípios deveriam poder ter a autonomia quer financeira quer de iniciativa para proceder a obras de reparação nas suas estradas regionais/ locais (simultaneamente nacionais), mas enquanto a aprovação de reparação e o orçamento não for libertado da administração central, essas mesmas vias correm o risco de aguardar indefinidamente por essa mesma reparação. Um exemplo clássico está também plasmado nos infortúnios incêndios de 2017, o acionamento antecipado da proteção civil falhou pelo facto das orientações de base estarem centradas em Lisboa, se assim não fosse, e ao invés houvesse uma descentralização ou deslocação e articulação dos meios locais efetivos, talvez a dimensão de tal catástrofe não tivesse sido tão desastrosa. Já em matéria social, os municípios não se encontram ainda munidos de mecanismos de resposta a famílias com graves dificuldades económicas, quer no apoio à renda de habitação ou até mesmo a outro tipo de abonos diretos para atender às necessidades básicas dessas pessoas. Tais situações devem ­passar exclusivamente sob o crivo da ­segurança social local que melhor está posicionada para conhecer os casos concretos. Os fundos europeus contemplam  inúmeros sectores, onde é melhor delegar os estudo elementares e os requerimentos fundamentais, por exemplo para a restauração de monumentos religiosos e étnicos, de obras históricas de arte e de cultura local. A cultura em termos de diversidade está «deslocalizada» a nível das regiões, das cidades e das aldeias.
É necessário dar um grande impulso de solidariedade da «oligarquia» em ­Lisboa, para partilhar o poder público autárquico a favor dos municípios e estabilizar o «Portugal do século XXI» com «coesão, competitividade e equidade», usando as palavras do presidente. Resumindo: para explorar melhor as ainda amplamente negligenciadas estruturas locais que se encontram munidas de extraordinários recursos humanos locais, a «elite em cima» não deve manter o poder decisório exclusivo.
Descentralização e regionalização são tarefas do governo e do parlamento para o longo termo, não é possível tratar de hoje para amanhã uma resolução de encaixe e de bom funcionamento por forma a respeitar as idiossincrasias da mentalidade portuguesa. A atual configuração centralista que apresenta, como se vê, desigualdades sociais muito díspares, não só dos seus territórios, sobre os quais o presidente falou com uma preocupação intensa, interessa ainda modernizar em muitos aspetos, tudo reiterado com rigor no congresso de Vila Real.
Este Portugal moderno com as suas capacidades humanas e técnicas vai cumprir as tarefas modernas do século XXI nomeadamente pela uma descentralização bem pensada e com dureza e paciência. Esta realização reverte a favor de toda a população em diálogo recíproco de cooperar e criar iniciativas, além de dar vida às inspirações dialéticas, tudo a favor do país.

Wie Brecht wieder nach Portugal kommt

Theater-Plakat für ein Stück von Bertolt Brecht (Portugal 1975)

Aus den Archiven der DPG • von Gert Peuckert

> Bereits am 4. Dezember 1974, nur wenige Monate nach dem Sturz des faschistischen Regimes, wurde in Lissabon die Associação Portugal−RDA gegründet. Zu den Gründungsvätern der Nationalen Freundschaftsgesellschaft gehörte der international anerkannte Musikwissenschaftler Prof. Dr. João de Freitas Branco, der später zu ihrem Präsidenten gewählt wurde.
Bei einem seiner ersten DDR-Aufenthalte nach den Ereignissen des 25. April 1974 sprach er auf einer Veranstaltung des Freundschaftskomitees mit Portugal der Liga für Völkerfreundschaft über die Bedeutung der April-Revolution für die Kulturschaffenden Portugals, die von der Salazar Diktatur kontrolliert und politisch verfolgt wurden. Nach seinen Worten unterlagen in dieser Zeit sämtliche Theater- und Filmvorstellungen einer strengen Zensur, und Brecht war schlechthin verboten.
In diesem Kontext berichtete er von der Gastspielreise einer brasilianischen Theatergruppe, die ein Stück von Brecht im Programm hatte und mit Unterstützung ihrer Botschaft die Aufführung des Theaterstücks in Lissabon erreichen konnte. Da den Zensurbehörden in diesem Fall ein Verbot verweigert war, schleuste man mit Unterstützung der ­Geheimpolizei PIDE eine Gruppe von Provokateuren in die ausverkaufte Theatervorstellung, die durch ihr aggressives Auftreten einen Eklat in der Öffentlichkeit inszenierte. Die Botschaft Brasiliens wurde anschließend darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine weitere Aufführung des Brecht Stückes aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Schauspieler untersagt wird.
Erst mit der Nelkenrevolution wurden die Voraussetzungen für die Entwicklung einer demokratischen, vom Staat geförderten und dem ganzen Volke zugänglichen Kulturpolitik in Portugal geschaffen. Am 30. Juli 1975 wurde in Berlin ein ­Kooperationsabkommen zwischen der Associação Portugal−RDA und dem Freundschaftskomitee DDR−Portugal abgeschlossen, in dem sich beide Organisationen zu einer engen Zusammenarbeit im Geiste des Friedens, der Freundschaft und internationalen Solidarität verpflich­­teten. Als gemeinsame Zielstellung wurde »die Entwicklung des gegenseitigen Vertrauens zum Wohle beider Völker und die Förderung der Kooperation und des Austausches auf kulturellem, wissenschaftlichem und sozialem Gebiet im ­Interesse der internationalen Verständigung und des Weltfriedens vereinbart«.
Als erste konkrete Maßnahme zur Umsetzung des Abkommens wurde die Organisation einer «Semana Bertolt Brecht» in Portugal beschlossen. 
Die Brecht-Woche sollte aber kein elitäres Kulturereignis werden, sondern allen Schichten des Volkes zugänglich sein. Deshalb waren alle Veranstaltungen eintrittsfrei. Das wurde dank der aktiven Mitarbeit und finanziellen Unterstützung seitens der Gulbenkian-Stiftung, der Stadtregierung von Lissabon und der DDR-Botschaft in Portugal möglich.
Im Herbst 1975 war es dann soweit. Vom 19. bis 26. September wurden Theater- und Filmvorstellungen sowie Ausstellungen des Berliner Ensembles über Brecht  im Teatro S. Luís in Lisboa sowie in Évora, Almada und Setúbal organisiert.
Das Künstlergruppe «Novos Horizontes» vom Volkstheater Rostock wurde von dem in der DDR beliebten Schauspieler Hans-Peter Minetti geleitet, der unter großem Beifall des begeisterten Publikums die Brecht-Gedichte in Portugiesisch rezitierte. 
Ich begleitete damals im Rahmen meines Auslandspraktikums an der Botschaft die Künstler auf ihrer Tournee durch Portugal und halte die Eindrücke von dieser Reise noch heute in leben­diger Erinnerung. Etwas Vergleichbares hatte ich vorher noch nicht erlebt. Die Theatersäle waren überfüllt, und die ­politische Aufbruchstimmung bei den portugiesischen ZuhörerInnen war überall spürbar. Nach Abschluss der Aufführungen wurde vom Publikum spontan die »Internationale« angestimmt  
Zu einem besonderen Höhepunkt gestaltete sich die Brecht-Veranstaltung in Almada. Die dortige Basisgruppe der Freundschaftsgesellschaft, die zu den aktivsten der später über 20 «nucleos» mit landesweit insgesamt 6.000 Mitgliedern zählte, organisierte nach dem Theaterstück ein Zusatzprogramm mit dem anerkannten Brecht-Kenner Werner Hecht, das von dem in seiner Mehrzahl aus Werftarbeitern der Lisnave bestehendem Publikum mit Ovationen, Gesängen und Sprechchören begleitet wurde.
Brecht war auch wieder in Portugal…

AUFRUF AN ALLE
Dies ist der erste Beitrag der Reihe »Aus den Archiven der DPG«. Alle Mitglieder der DPG sind aufgerufen, persönliche Erinnerungen und Begebenheiten aus der Geschichte aufzuschreiben und sie so zu einem Teil des auf den Seiten 16 und 17 vorgestellten Projekts »Geschichte der DPG« zu machen. Die Beiträge werden gesammelt, auf der Website der DPG veröffentlicht und vielleicht auch im PORTUGAL REPORT.
Natürlich würden wir uns freuen, wenn diese Idee auf eine breite Resonanz stoßen würde. Denn Texte, Fotos oder auch Filme aus vergangenen Zeiten werden so einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So lernen interessierte Menschen das Leben vergangener Jahrzehnte in Portugal und auch in Deutschland kennen. Und vielleicht ergibt sich daraus ein Austausch über die eine oder andere (gemeinsame) Erinnerung.
Wer weitere Vorschläge oder Ideen zum Thema Geschichte der DPG hat, schreibe bitte an: office@dpg.berlin

Zur Geschichte der DPG – Dokumentation, Teil 2

Foto aus der Metrostation Entrecampos (Lissabon)

Zum 30-jährigen Jubiläum der Vereinigung der DPG der BRD und der DPG der DDR • von Gabriele Baumgarten-Heinke

> ZIELSTELLUNG DES PROJEKTES 

> Liebe Mitglieder, im Portugal Report 77 (12/2019) haben wir Sie aufgerufen, an dem Projekt »Dokumentation der Geschichte der DPG 2020« mitzuarbeiten und noch tiefer in die Zeit der Entstehung der DPG, der  Vereinigung der DPG bis hin zur Gegenwart, einzutauchen. Seit diesem Aufruf wird, mit Unterstützung einiger Mitglieder, recherchiert, gelesen und digitalisiert. Ein Ziel ist es, die zahlreichen Unterlagen, die nach den vielen Jahren teilweise schlecht lesbar sind, dem DPG Archiv zu erhalten. Darunter sind Statuten, Protokolle, Aufzeichnungen und Briefe, so auch von unserem langjährigen und Ende 1999 verstorbenen Präsidenten Peter Neufert, sowie historische Dokumente aus der Zeit der Nelkenrevolution 1974. Des Weiteren geht es auch darum, die Geschichte früherer Vereinigungen, welche ebenfalls die deutsch-portugiesischen Beziehungen zum Gegenstand hatten, in der Dokumentation zu berücksichtigen. 

Am 6. Mai 1964, also fast genau vor 56 Jahren, erfolgte die Gründung der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft in der Firma Otto Wolff Eisenhandel Köln. Erster Präsident war Dr. Otto Wolff von Amerongen. Und 26 Jahre nach der Gründung passiert das, womit eigentlich keiner so richtig gerechnet hatte

Am 27.9.1990 kommt es in Berlin/Ost, nur wenige Tage vor der Wiedervereinigung Deutschlands, zur Vereinigung der DPG e.V. der BRD und der DPG e.V. der DDR.

Dieses 30-jährige Jubiläum der Vereinigung der DPG im 30. Jahr der Wiedervereinigung Deutschlands war Anlass genug zu beginnen, die einzelnen Ereignisse und Entwicklungen der DPG in beiden Ländern, bis hin zur Vereinigung, genauer zu analysieren und zu dokumentieren. Herr Dr. Rainer Bettermann, seinerzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Vorsitzender der »Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft Thüringen e.V.«, der auf dieses Projekt aufmerksam wurde, beschreibt das in einem Brief vom 9.12.2019 an den Präsidenten Michael W. Wirges wie folgt: »Es scheint nun gerade an der Zeit zu sein, über Vergangenes, Verschwundenes, Verschwiegenes, Verdrehtes und Vergessenes der deutsch-deutschen Vergangenheit nachzudenken und nachzuforschen.« Und genau das ist das Anliegen dieses Projektes.

Zum 40. Jubiläum der Deutsch-Portugiesische Gesellschaft e.V. im Jahr 2004, lud Harald Heinke, der damalige Präsident der DPG, Mitglieder, Wissenschaftler und Freunde Portugals nach Berlin zu einem wissenschaftlichen Kolloquium mit dem Thema »Deutschland und Portugal, langjährige Freunde und Partner in Europa«, ein.  In den Vorträgen ging es u.a. um das Portugalbild nach 1945 und die deutsch-portugiesischen Wirtschaftsbeziehungen nach der Nelkenrevolution. Zu diesem Zeitpunkt entstand die jetzige Chronologie der DPG, ohne dabei auf die einzelnen Gesellschaften in Portugal, der BRD und der DDR, näher einzugehen. Das wollen wir jetzt nachholen.

Die Dokumentation verfolgt vier Schwerpunkte:

I. Die Gründung und Arbeit der DPG in der BRD seit 1964
Schwerpunkte sind die Gründung der einzelnen Landesverbände, die Vervollständigung der Chronologie des Präsidiums über die Jahre bis zur Gegenwart und die Recherche nach der damaligen »Schwesterngesellschaft« Associação de Cooperação Portugal − República Federal da Alemanha. Diese wurde im Jahr 1981 in Lissabon gegründet. 

II. Die Arbeit der Associação Portugal – RDA
Bereits im Dezember 1974 wurde in Lissabon von namhaften Persönlichkeiten, wie dem damaligen Staatssekretär für Kultur, Prof. Dr. João Freitas Branco und dem Schriftsteller Dr. jur. Alexandre Babo, die Associação Portugal − RDA gegründet. Dieser portugiesische Verein arbeitete, nach jetzigem Kenntnisstand, bis 1989 mit landesweit mehr als 25 Basisgruppen und 6000 Mitgliedern.

III. Freundschaftskomitee DDR–Portugal
Unter dem Dach der Liga für Völkerfreundschaft wurde im Juni 1975 in Berlin das Freundschaftskomitee DDRPortugal ins Leben gerufen. Zwischen der Associação Portugal−RDA und dem Freundschaftskomitee gab es eine enge Zusammenarbeit, auch wenn deren Strukturen unterschiedlich waren.

Bevor es am 27. September 1990 zur Vereinigung der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft kam, wurde die neue, frei gewählte Deutsch-Portugiesische -Gesellschaft der DDR e.V. im Januar 1990 gegründet und in das damalige Vereinsregister des Stadtbezirkes Berlin – -Mitte eingetragen.

IV. Die Deutsch-Portugiesische Gesellschaft e.V. von 1990 bis zur Gegenwart
Das Projekt »Dokumentation der Geschichte der DPG 2020« verfolgt die Recherche und die Dokumentation der Entwicklung der heutigen Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft e.V. sowie die Würdigung der vielen engagierten ehrenamtlichen Mitgliedern, sowohl in Deutschland als auch in Portugal, die zum Gelingen und Erfolg dieser Freundschaftsgesellschaft beigetragen haben. 

Helfen auch Sie bei der Recherche und senden Sie uns Unterlagen und Materialien zur Archivierung und Digitalisierung zu. Wir freuen uns über Ihre persönlichen Berichte und Fotos aus der Geschichte Ihres Landesverbandes der DPG. Unser Dank gilt Maja Wolff, die dem DPG Archiv ihre historischen Materialien zur Verfügung stellt.

Zum Projektteam gehören aktuell:

Koordination: Gabriele Baumgarten-Heinke
Historische Beratung: Dr. Christoph -Matthes (Historiker)
Fachberatung: Gert Peuckert, Dr. Rainer Bettermann, Michael W. Wirges, Anny Schümann, Theo Morgenschweis
Auswahl Fotos: Herbert Schlemmer
Event: Ricardo Schäfermeier
Layout: Martina Sophie Pankow

Die Ergebnisse der Dokumentation sollen bis zum 30-jährigen Jubiläum der Vereinigung der DPG e.V. der BRD und der DPG e.V. der DDR am 27. September 2020, in einer Broschüre vorgestellt und der Öffentlichkeit präsentiert werden.