Kategorie: PR86

Bus fahren auf Madeira

Foto der Ponta de Sao Lourenço (Madeira)

Preise, Tipps und Routen    von Gunthard Lichtenberg

> Auch dieses Mal waren wir im ­Dezember (2021) bis in den Januar hinein in Funchal auf Madeira. Inzwischen ist das ja vertrautes Gelände, es war immerhin das fünfte Mal. Neu jedoch war, dass wir dieses Mal keinen Mietwagen hatten. Die Preise waren zeitweise exorbitant hoch, und so beschlossen wir, konsequent auf den angebotenen Busverkehr zurückzugreifen. Für Funchal und einige Destinationen außerhalb sind die Horários do Funchal (HF) zuständig.

Foto zur Weihnachtsstimmung in Funchal 2021

Weihnachtsstimmung in Funchal · © Gunthard Lichtenberg

Anzumerken ist weiterhin, dass wir wieder in unmittelbarer Nähe des Fórum Madeira wohnten. Vorteil: Bushaltestellen in beiden Richtungen. Und nebenbei ist hier auch die Haltestelle des Aerobus zum Flughafen: 5 Euro pro Fahrt.

So erwarben wir einen 30-Tage-Pass von HF für den Stadtverkehr von Funchal, Startdatum beliebig wählbar. Ein Passfoto sollten Sie dabei haben, wenn Sie zur Hauptstelle im Anadia-Einkaufszentrum, schräg gegenüber vom Mercado dos Lavradores, gehen. Wenn Sie auch Ziele außerhalb von Funchal mit Horários erreichen wollen, können Sie für 40 Euro die Version Interurbano kaufen.

Die Dame am Schalter hatte gerade nicht viel zu tun, und so füllte sie für uns den umfangreichen Antrag aus. Wir mussten nur noch  unterschreiben. Kurze Zeit später hielten wir den Pass mit Namen und Bild im Scheckkarten-Format in Händen. Kostenpunkt: 30 Euro für 30 Tage, das heißt 1 Euro pro Tag für beliebig viele Fahrten. Das erstmalige Ausstellen der Karte kostet 5 Euro.

Mit Pass und Netzplan der Busse ausgerüstet unternahmen wir eine ganze Reihe von Fahrten zu Zielen innerhalb Funchals, die uns wegen ihrer Hanglage reizvoll schienen. Hier die Auswahl:

  • Bus Nr. 48 von Nazaré nach Monte. Bei der Anfahrt kommt der Bus am Fórum Madeira vorbei, wo ja unser Quartier lag. Die Fahrt ist spektakulär und überraschend, weil es nicht einfach nur bergauf geht, sondern, wenn man die eine Höhe erklommen hat, geht es erst einmal steil bergab und erst dann wieder bergauf, weil unterwegs noch andere Stadtteile angefahren werden. Das wiederholt sich zwei Mal, bis man dann wirklich Monte erreicht. Zwischendurch gibt es atemberaubende Ausblicke und fast dramatische Momente, wenn es an steilen Abgründen entlang um enge Kurven bergauf oder bergab geht. Die Rückfahrt unternahmen wir dann von der anderen Seite des Monte aus mit Bus Nr. 22, der uns in manchmal halsbrecherisch erscheinender Fahrt wieder hinunter an die Uferpromenade der Stadt brachte. 
  • Bus Nr. 43 von Praia Formosa nach Romeiras. Diesen Bus nahmen wir eigentlich nur, weil wir uns die Mühe des Fußmarsches von der Praia Formosa hinauf zur Estrada Monumental ersparen wollten. Da aber gerade die Dunkelheit hereinbrach und wir neugierig genug waren, blieben wir einfach sitzen bis zur Endhaltestelle und wurden mit großartigen, weihnachtlich beleuchteten Panoramen von Funchal belohnt.
  • Bus Nr. 46 nach Ribeira Grande, von der Haltestelle Pinga  aus gleich neben dem Elektrizitätsmuseum. Das bisher schon Grandiose der Hügelpanoramen wurde bei dieser Fahrt noch übertroffen. Und eine Besonderheit erlebten wir dann auch noch: Ab der Endhaltestelle wechselte der Bus seine Nummer und fuhr mit der Nummer 10A wieder ins Tal, unter anderem durch so enge Straßen, dass man meinen konnte, da kommt der doch niemals mehr durch. 
Foto vom Tea House auf der Quinta Palheiro Ferreiro

Das Tea House auf der Quinta Palheiro Ferreiro (Madeira) · © Gunthard Lichtenberg

  • Bus Nr. 36 zu Palheiro Gardens. Dieses Mal fuhren wir hinauf, weil wir uns dort im  Park mal wieder umsehen wollten. Nachdem wir uns im dortigen Tea House mit einem Getränk und einem kleinen Snack erfrischt hatten, nahmen wir den Bus Nr. 37, der praktischerweise direkt am Parkeingang vorbeifährt. Auch hier wieder eine spektakuläre Abfahrt ins Tal, wobei sowohl die Lässigkeit des Fahrers als auch sein fahrerisches Können überzeugten. Und die Bilder unterwegs sowieso.
  • Bus Nr. 45 nach Alegria. Auch hier eine wunderschöne Fahrt, aber auch hier lohnt sich das Aussteigen an der Endhaltestelle nicht. Und so fuhren wir nach circa zehn Minuten Pause wieder talwärts.
  • Die letzte Fahrt unternahmen wir dann nicht mit den Horários, sondern mit dem für den Osten von Madeira zuständigen Busunternehmen SAM. Die Fahrt von Funchal bis an die Baía de Abra, an der Ponta de São Lourenço kostet hin und zurück 12,20 € für uns beide, und die Fahrt war wieder sehr unterhaltsam. Von Andreas erfuhren wir übrigens inzwischen, dass das auch mit dem 113er Interurbano von Horários geht.

Schlussfolgerung: Mit dem Bus zu fahren bedeutet, dass man sich nicht, wie beim Fahren mit einem Auto, auf den Verkehr und seine madeirensischen Besonderheiten (enge Straßen, enge Kurven, steile Anstiege und Abhänge, entgegenkommende Fahrzeuge (!) konzentrieren muss, sondern genug Muße hat, die Umgebung rechts und links in sich aufzunehmen. Und eins ist sicher: Kein zweidimensionales Bild kann dem wirklichen Eindruck standhalten, wenn man vierdimensional darin unterwegs ist. Nur beim Laufen sieht man mehr, aber das ist bei der hügeligen Lage von Funchal dann doch eher anstrengend und an manchen Stellen sicher auch nicht ungefährlich.

Zu den Kosten ist zu sagen: Man kann für  die einfache Fahrt mit dem Bus die Fahrkarte für 1,95 € beim Fahrer kaufen. Beim Umsteigen in einen anderen Bus fällt dieser Preis noch einmal an …

Wenn man für 0,50  € eine aufladbare GIRO-Karte kauft, zahlt man pro Fahrt 1,35 €. Mit anderen Worten: die ersten 2 Fahrten mit der neuen GIRO-Karte kosten 2 ×1,35 €+ 0,50 € = 3,20 €. Für weitere 2 Fahrten dann nur noch 2×1,35 € = 2,70 €. Verglichen mit dem Kauf der 2 Fahrkarten im Bus: 2 ×1,95 € = 3,90 €. Und wenn man die Karte mit 10 Fahrten lädt, dann zahlt man nur noch 1,25 € pro Fahrt. Die GIRO-Karten bekommt man insbesondere in Zeitschriften-Läden, und dort kann man sie auch wieder aufladen lassen − wie übrigens auch den 30-Tage-Pass.

Bei dieser Sachlage ist es geradezu ­unverständlich, dass viele Funchal-BesucherInnen ihre Fahrkarten nur beim Busfahrer kaufen. Für die Differenz kann man sich, bei einem Preis für die Bica von typischerweise 70−75 Cent, viel Kaffee leisten!  

Im Übrigen haben wir die Linha Verde (Buslinien 1, 2 und 4) zwischen der Uferpromenade von Funchal und dem Fórum Madeira ausgiebig genutzt. Tipp: Bei der Rückfahrt von Funchal am besten am Elektrizitätsmuseum einsteigen, dann hat man noch die Platzwahl. An späteren Haltestellen sind häufig nur noch Stehplätze zu vergeben.

Nachtrag: Ein deutscher Fahrgast jüngeren Semesters sagte zu seiner Begleiterin, das mit den Bussen auf Madeira sei ja Glückssache, denn es gebe keine Fahr­plan-Informa­tionen im Internet. Leider nicht ganz richtig, hier sind die Links:    

Ergänzend dazu gibt es an der Anfangshaltestelle der Linha Verde einen Kiosk von Horários, wo man eine sehr gute Übersichtskarte der Buslinien bekommt, im Internet unter: 

Weitere Broschüren unter:

Eine missglückte Liebeserklärung

Das Cover des Buches »Liebeserklärung an Portugal«

Buchvorstellung von Andreas Lausen

Die Vielfalt Portugals in einen schmalen Buchrücken zu quetschen, ist ein Kunststück. Viele Einzelheiten und wertvolle Hinweise müssen weggelassen werden, um den Umfang nicht zu sprengen. 

In diesem Buch stellt eine Reihe von Kapiteln einen durchaus gelungenen und nützlichen Reiseführer dar. So macht die Schilderung der Portwein-Kellereien in Vila Nova de Gaia neugierig auf einen Besuch. Eine Glanznummer ist auch die Beschreibung einer Bootsfahrt zu den Berlengas-­Inseln, die schon so manche Portugal-­BesucherIn wegen des Seegangs unterlassen hat.

Aber für eine Liebeserklärung reicht das nicht. So ist es fehl am Platz, wenn der Autor sieben Seiten lang über seinen einzigen Fallschirmsprung über dem Alentejo berichtet. Das Abenteuer hat wenig mit Portugal zu tun, denn der Sprung hätte genauso über der Altmark oder der Normandie stattfinden können. Ähnlich selbstbezogen ist die Beschreibung seines Surf-­Abenteu­ers an der Costa Vicentina.

Madeira kommt gar nicht erst vor, dafür aber unpassende Bemerkungen über die heilige Virgem do Leite. Auch die langatmige Wiederholung der Legende von der Steinsuppe muss nicht sein, denn sie ist auch in anderen Ländern verbreitet, also nicht typisch für Portugal. 

Fazit: Für eine Liebeserklärung hat der Autor das Thema verfehlt. 

Andreas Drouve: Liebeserklärung an ­Portugal
224 Seiten, 12,99€ · Stürtz-Verlag
ISBN: 978-3-8003-4760-5

Pássaros da morte

Foto des Buchcovers »Die Todesvögel Salazars«

Buchtipp von Andreas Lahn

> Miguel Oliveira ist 1979 in Hamburg geboren und u. a. durch seine Bücher über den amerikanischen Schriftsteller John Dos Passos bekannt. Die Todesvögel Salazars ist eine Tragödie in zwei Farcen, die den Opfern der portugiesischen Geheimpolizei PIDE gewidmet ist.

In der 1. Farce macht eine kleine Gruppe Dissidenten dem PIDE-­Spitzel Manuel Fernandes e Castro am 10.4.1974 im Tribunal da Boa Hora den Prozess und konfrontiert ihn mit den Gräueltaten des Kolonialkrieges und den Foltergefängnissen in Tarrafal, Peniche und Caxias: »Dieser Prozess ist der erste Schritt in eine neue Zeit.« (S. 50)

In der 2. Farce geht es um WiderstandskämpferInnen und deren Schicksal. Dann stürmt die Polizei das Gebäude, es fällt ein Schuss …

Miguel Oliveiras Text über die Todesvögel (pássaros da morte) ist eindringlich, seine Sprache ist direkt und voller Gewalt. Wie die Realität zur Zeit der Salazar-Diktatur. Dieses Buch ist nichts für Zartbesaitete. Wer sich darauf einlässt, lebt einen Nachmittag in längst vergangenen Zeiten. 

Miguel Oliveira: Pássaros da morte
Eine Tragödie in zwei Farcen
BoD – Books on Demand · 3.12.2021
Taschenbuch, 112 Seiten; 12,7 × 20,3 cm
ISBN 978-3755742203 · 14,95 €